Logische Fehlschlüsse
Alle Menschen sind sterblich. Sokrates ist ein Mensch. Sokrates ist sterblich. Dieses Beispiel diskutieren wir auch unter der linearen Argumentation, um zu zeigen, wie sich ein Argument zusammensetzt. Die ersten beiden Sätze sind Prämissen, die mit einer logischen Ableitung zu einer Konklusion führen: Wenn er ein Mensch ist und alle Menschen sterblich sind, dann stirbt auch Sokrates eines Tages. Dies ist eine logische Argumentation. Aber warum? Und welche Argumentationen sind wann unlogisch?
Fehlschlüsse nennt man Argumentationen, also Ableitungen der abstrakten Formel „Aus A (oder A und A‘) folgt B“, die nicht stimmig oder falsch sind. Dafür gibt es verschiedene Gründe, die sich in zwei Kategorien unterteilen lassen: in formale und informale Fehlschlüsse.
Informale Fehlschlüsse
Informale Fehlschlüsse sind, wie der Name sagt, ohne formalen Grund falsch. Ihre Prämissen stimmen nicht. Die Ableitung selbst kann formal korrekt sein, wenn allerdings eine der Prämissen sachlich falsch ist, wird auch das Argument nicht passen.
Beispiel
Alle Philosophen finden Platons Höhlengleichnis überzeugend.
Jacques Derrida ist ein Philosoph. Demzufolge findet er Platons Höhlengleichnis überzeugend.
Formal gibt es gegen das Argument nichts einzuwenden. Der Fehler liegt in der ersten Prämisse, die sachlich falsch ist. Damit ist das ganze Argument hinfällig.
Selbst wenn eine Prämisse sachlich richtig ist, kann eine Satzfolge dennoch falsch argumentieren oder eine Argumentation vortäuschen:
Alle Philosophen sind Menschen. Derrida ist ein Mensch und daher auch Philosoph.
Sachlich ist hier alles in Ordnung. Logisch ist das Argument aber nicht. Die Schlussfolgerung ergibt sich nicht aus der Prämisse: Derrida ist nicht Philosoph, weil er Mensch ist (es sei denn, wir dehnen den Begriff Philosophie so weit aus, dass alles menschliche Reden und Denken Philosophie wäre).
Formale Fehlschlüsse
Formale Fehlschlüsse sind die härtere Nuss, weil sie sich viel besser dazu eignen, falsche Argumente zu verstecken. Ihr Problem liegt darin, dass die formale Ableitung eines Arguments aus den Prämissen entweder falsch ist oder auf eine dritte, zumeist verschwiegene Kategorie abstellt. Wir haben Beispiele gesammelt, um solche formal falschen Ableitungen zu erläutern, etwa Naturargumente, Kompromissargumente oder Korrelationen als Kausalität. Alle Beispiele sind frei erfunden.
Gründe für falsche Ableitungen
Obwohl es nötig ist, Fehlschlüsse zu meiden, werden sich nicht ganz stimmige oder nicht völlig überzeugende Ableitungen immer wieder einschleichen. Dafür gibt es einige Gründe.
- Jedes Schreiben, allem voran das wissenschaftliche, basiert auf Annahmen und Hypothesen, die selbst nicht mehr begründet werden können. Keine wissenschaftliche Arbeit kann von Null anfangen und systematisch alles aus sich selbst heraus formal und informal logisch begründen. Hilfreich ist es allerdings, die vorausgeschickten Annahmen, also die nicht weiter zu diskutierenden Hypothesen, kenntlich zu machen. Beispielsweise sollte eine Arbeit, die sich der Systemtheorie bedient, dies markieren, um die folgende Argumentation abzugrenzen. Dann kann ein Text besser beurteilt und bewertet werden. Selbst wenn man argumentiert, dass die Systemtheorie an sich hier und dort problematisch sei, dürfte es der Arbeit oder dem Argumentationsgang selbst nicht vorgeworfen werden.
- Sprache ist für sich genommen nicht logisch. Sie ist das Produkt historisch feinteiliger Entwicklungen und führt ein Eigenleben. Der Sinn der Wörter, der Signifikanten, lässt sich nie eindeutig festmachen, weil er erst in Abgrenzung zu anderen Signifikanten entsteht. Das macht Sprache prinzipiell zu einem instabilen Netz wandelbarer Bedeutungen und führt auch logische Argumentationen an ihre Grenze. Die besten Beispiele dafür sind Widersprüche, die dennoch Sinn ergeben (und damit irgendwie logisch sind, obwohl sie es formal nicht sind).
Für die Sortierung der Fehlschlüsse haben wir uns bei den Schweizer KollegInnen vom Forum für kritisches Denken mit deren Zustimmung bedient. Vielen Dank an dieser Stelle.