Schreibtypen

Zehn Schreibende, zehn Wege zum Text. Es gibt viele Möglichkeiten, von der Idee zur Umsetzung zu gelangen und keiner ist pauschal richtig oder falsch. Entscheidend ist nur, was am Ende steht und wann etwas steht. Deshalb sollte man sich selbst befragen: Wie schreibe ich? Wie will und kann ich schreiben? Man kann einige Schreibtypen unterscheiden. Doch kaum jemand ist tatsächlich nur der eine oder der andere Typ.

1. Der intuitive Typ

Personen dieses Typs schreiben einfach los, assoziativ, spontan. Sie geben noch nicht viel auf genaue Formulierungen oder mögliche Unklarheiten.

Vorteile

  • kaum Probleme mit dem Anfang, dem berühmten weißen Blatt
  • unverfälschter, eventuell sogar eigener Stil
  • viel Eigenmotivation, weil die eigenen Gedanken zu Papier gebracht werden

Nachteile

  • die nachträgliche Strukturierung des Textes kann viel Zeit kosten
  • die Gefahr ist hoch, das Ziel des Textes aus den Augen zu verlieren
  • mitunter leidet die Lesefreundlichkeit, weil das intuitive Schreiben noch keine AdressatInnen hat
2. Der strategische Typ

Menschen, die strategisch schreiben, planen und strukturieren den Text zunächst und schreiben zielgerichtet.

Vorteile

  • das Ziel des Textes ist immer präsent
  • die Gefahr von Redundanzen, Abschweifungen und Exkursen ist gering
  • der Schreibprozess lässt sich recht gut planen und abschnittsweise steuern

Nachteile

  • vom Plan zur konkreten Formulierung ist es manchmal weit und die Gefahr von Schreibhemmungen höher
  • häufig Zeitdruck (einfaches Runterschreiben geht so nicht)
  • die Komplexität vieler Themen erschwert die strategische Planung
3. Der redaktionelle Typ

Redaktionell schreibende Menschen schreiben einfach los und überarbeiten den Text mehrfach, Schicht für Schicht.

Vorteile

  • viele Überarbeitungsschleifen können das Argument schrittweise begradigen, der Text wird klarer
  • Lesefreundlichkeit kann mit jeder Korrekturschleife steigen
  • mit dem Wissen, dass der Text noch stark überarbeitet wird, sinkt die Angst vor den ersten Sätzen

Nachteile

  • unklar, was die letzte Überarbeitungsschleife ist – die Dauerschleife und eine permanente Unzufriedenheit mit dem Text droht
  • häufiges Überarbeiten tilgt das Gespür für den eigenen Text, Formulierungen können einem selbst fremd werden (Wird der Text wirklich besser oder nur noch anders?)
  • die Hemmung, einen Text als fertig anzusehen, kann zu Zeitnot führen
4. Der affektive Typ

Menschen dieses Typs puzzeln, setzen zusammen. Sie ähneln dem intuitiven Typ, schreiben aber immer dort weiter, wo es gerade passt.

Vorteile

  • Schreibhemmungen oder gar -blockaden drohen nicht
  • hohe Eigenmotivation, wenn man immer gerade das schreibt, was in den Sinn kommt
  • der lästige Anfang ist kein Problem, weil man affektiv überall beginnt

Nachteile

  • Problem, den Überblick zu behalten
  • eine seriöse Projekt- oder Zeitplanung funktioniert kaum (Wo im Prozess steht man gerade?)
  • die Textstruktur braucht viel Feinschliff, was Zeitnot nach sich ziehen kann
  • mitunter bleiben die Argumente an der Oberfläche, weil man immer gleich zum nächsten Textfetzen springt
Wenn der Schreibprozess stockt

Es gibt sicher noch viele andere Typen, und die meisten Menschen zählen sich vermutlich zu verschiedenen Kategorien. Aber wann immer der Schreibprozess ins Stocken gerät, es also nicht am Material, dem Argument oder der Betreuung liegt, ist es ratsam, den eigenen Arbeitsstil zu hinterfragen und mal eine andere Herangehensweise auszuprobieren. Manchmal helfen auch einzelne Schreibtechniken, ohne den eigenen Typ völlig über Bord zu werfen. Oder man muss sich die Motivation zum Schreiben zurückholen.

 

Gekürzt entnommen aus: Grieshammer, Ella & Liebetanz, Franziska & Peters, Nora & Zegenhagen, Jana (2013): Zukunftsmodell Schreibberatung. Eine Anleitung zur Begleitung von Schreibenden im Studium. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.

Schreibprozess
Welche Phasen gibt es im Schreibprozess und was für Schreibtechniken könnten sinnvoll sein? Gibt es Schreibttypen? Was sind typische Probleme und wie lassen sie sich vermeiden?