Korrelation als Kausalität

Der König unter den Fehlschlüssen ist die Korrelation als Kausalität, auch wenn es sich nicht um einen Fehlschluss im strengen Sinn handelt. Eher liegt bei der Verwechslung von Korrelation und Kausalität ein Deutungsfehler vor.

Korrelation

„(mittellat. correlatio für ‚Wechselbeziehung‘) beschreibt eine Beziehung zwischen zwei oder mehreren Merkmalen, Ereignissen, Zuständen oder Funktionen“ (Wikipedia). Das eine steht in Beziehung zum anderen, bedingt es aber nicht zwingend.

Im Wissenschaftsbetrieb wird Korrelation vorrangig statistisch verwendet. Zwei oder mehrere Dinge werden empirisch aufeinander bezogen, was einen bestimmten Messwert ergibt. Beispielsweise korrelieren Übergewicht und Lebenserwartung. Das heißt aber nicht, dass Übergewicht die Lebenserwartung kausal bedingt, dass also übergewichtige Menschen zwingend früher sterben als andere. Eine Korrelation gibt bestenfalls Hinweise. Ein ebenso einschlägiges wie lustiges Beispiel hat mit Störchen zu tun. Der Rückgang der Storchpopulation in einem Gebiet kann durchaus mit dem Rückgang der Zahl neugeborener Kinder im selben Gebiet korrelieren. Das eine als Bedingung des anderen darzustellen, erlauben sich trotzdem nur Spaßvögel.

Kausalität

„(lat. causa ‚Ursache‘) ist die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung oder ‚Aktion‘ und ‚Reaktion‘, betrifft also die Abfolge aufeinander bezogener Ereignisse und Zustände“ (Wikipedia). Das eine verursacht das andere.

Diese Form des Beweises ist deutlich schwerer zu erbringen, weil ausgeschlossen werden muss, dass auch (oder noch) andere Dinge zur Wirkung geführt haben. Wenn ein Kind mit nassen Haaren bei 4 Grad Celsius ohne Mütze draußen herumgelaufen ist und am nächsten Tag krank wird, spricht man landläufig davon, dass das eine die Ursache des anderen sei. Das kann stimmen, muss es aber nicht, weil wir nicht wissen, ob das Kind auch krank geworden wäre, wenn es eine Mütze auf dem Kopf gehabt hätte. Die Ursache-Wirkungs-Relation ist vielleicht plausibel, zwingend ist sie nicht. Mit Kausalitäten sollte also immer vorsichtig umgegangen werden. In allen Fachbereichen kommt es auf die formale und logische Auswertung von Ergebnissen an.

Beispiel

Der häufige und ausdauernde Konsum von Ego-Shootern (sogenannte Ballerspiele) macht Jugendliche aggressiv und führt zu Gewaltexzessen und Amokläufen an Schulen.

Dieses Thema ist lange und intensiv diskutiert worden, vor allem in Politik und Medien. Beinahe durchgängig wurden Korrelation und Kausalität verwechselt, wobei noch nicht einmal eine belastbare Korrelation zwischen Amokläufen und Computerspielen gezeigt werden konnte. Dennoch wurde, in einer abenteuerlichen Vereinfachung, ein Element des Sozialverhaltens Jugendlicher für die Taten verantwortlich gemacht, verbunden mit Verbotsforderungen. Genaue empirische Untersuchungen könnten bestenfalls eine Korrelation ausmachen, die – lässt sich vermuten – auch nur die konkrete Art der Tat betreffen dürfte. Kausalität würde für diesen Fall bedeuten, dass der oder die Jugendliche auch in ganz anderen Familienverhältnissen hätte aufwachsen können, andere oder keine Gewalterfahrungen hätte durchleben müssen, andere FreundInnen hätte haben können usw., aber in allen Fällen gälte: Wenn der Mensch Ballerspiele in einem bestimmten Maß spielt, läuft er oder sie irgendwann Amok. Kurz: Kausalität würde bedeuten, dass alle SpielerInnen, die ein gewisses Maß überschreiten, zwingend AmokläuferInnen werden.

Wissenschaftliche Komplexität

In den Wissenschaften sind die Dinge komplizierter als im Beispiel. Je nach Fach und Methode werden Kausalitäten mit unterschiedlichen Attributen präzisiert, was feinere Abstufungen und Analysen ermöglicht. Die epidemiologische Ursachenforschung zum Beispiel unterscheidet zwischen verschiedenen Formen der Kausalität: hinreichende Ursachen, ausreichende Ursachen, sich ergänzende Ursachen, probabilistische (also wahrscheinlichkeitsbezogene) Ursachen etc. Dies erlaubt einen genaueren Blick besonders dann, wenn allgemeine Aussagen über Krankheiten und ihre Gründe formuliert werden sollen.