Argumentation

Ein gelungener Argumentationsaufbau ist vielleicht schon die halbe Miete. Je nach Fachbereich und Typ des zu verfassenden Textes (Haus-, Bachelor-, Master- oder Doktorarbeit) verschiebt sich der Anspruch an die Argumentationsfolge. Während kurze Hausarbeiten beschreibend oder vergleichend bleiben können, verlangt spätestens eine Masterarbeit einen empirischen oder analytischen Blick, der etwas Neues zeigen soll. Wir stellen einige grundlegende Dinge zur Argumentation vor.

Grundbegriffe
  • These = Eine wissenschaftlich nachzuweisende Behauptung oder ein Leitsatz. Sie sollte also erst am Ende einer Argumentation aufgestellt werden.
  • Hypothese = Eigentlich eine Unterstellung, also etwas Vorausgeschicktes, das in einem wissenschaftlichen Text eingeholt werden muss. Eine (vielleicht erkenntnisleitende) Annahme.
  • Prämisse = Eine Voraussetzung oder Annahme, die einer logischen Argumentation oder empirischen Untersuchung vorausgeht.
  • Konklusion = Eine schlussfolgernde Aussage, die sich logisch aus den Prämissen herleiten lässt.
  • Argument = Mit Argumenten lassen sich Behauptungen begründen oder widerlegen, sie sind also Beweisgründe.
  • Analyse = Eigentliche Bedeutung: „auflösen“. Ist eine genaue, systematische Untersuchung einzelner Gegenstände, die in ihre Elemente oder Bestandteile zerlegt werden.
Lineare Argumentation

Argumente können linear, gewissermaßen geradlinig aufgereiht werden. Einzelne Prämissen ergeben eine logische Konklusion, die wiederum als Prämisse für einen weiteren Argumentationsschritt stehen kann. Das sicherlich klassischste aller Beispiele sieht so aus:

Jenseits aller wissenschaftstheoretischen Komplexität hat diese simple Figur, deren Umsetzung praktisch schwer genug ist, meistens Bestand. Für den Anfang reicht es aus, den eigenen Text nach Stringenz in dieser Richtung durchzugehen.

Mehr zur Wissenschaftstheorie:

Karl R. Popper: Logik der Forschung (1935)
Thomas S. Kuhn: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen (1969)
Paul Feyerabend: Wider den Methodenzwang (1957)
Hans Poser: Wissenschaftstheorie: Eine philosophische Einführung (2012)

Beschreibend versus wertend

Man unterscheidet in der Wissenschaft zwischen deskriptiven (beschreibenden) und präskriptiven (vorschreibenden oder wertenden) Aussagen. Das klassische – und in Teilen überholte – Wissenschaftsideal sieht vor, nur mit desktiptiven Aussagen zu arbeiten, die in ihrer Abfolge etwas analysieren und eine Bewertung des Sachverhalts logisch und gewissermaßen zwingend entwickeln. Bewertungen sind also streng genommen nur dann zulässig, wenn zuvor eine logisch aufgebaute Argumentation (induktiver, deduktiver, dialektischer oder empirischer Art) den entsprechenden (wertenden) Schluss erzwingt.

Vorsicht mit wertenden Begriffen und Phrasen

  • schön, schlecht, gut, falsch, richtig, schädlich, wenig, übermäßig, unsinnig, fatal usw.
  • einschätzen, bewerten, begutachten, beurteilen, erwägen, müssen usw.
  • etwas ist zu tun, jemand hat etwas zu unterlassen usw. Solche eher bürokratischen und scheinbar unumstößlichen Aussagen sollten vermieden werden.

 

Beispiel

Die Aussage „Wein enthält Alkohol.“ ist deskriptiv, sie beschreibt einen (nachweisbaren) Sachverhalt. Der Satz „Alkoholkonsum schädigt die Gesundheit.“ bleibt jedoch für sich genommen ohne logische Begründung und ist daher wertend oder präskriptiv, wenn sie den Schluss nahelegt, man solle keinen Alkohol konsumieren. Wenn die Aussage jedoch das Ende einer empirischen oder logischen Argumentation ist (etwa: „Die Auswertung der Datensätze a bis c hat ergeben, dass Alkoholkonsum ab einer Menge y den negativen gesundheitlichen Effekt z hervorruft), verschiebt sich ihr Gehalt. Der Satz ist nun eine logische Ableitung vor dem Hintergrund klar abgesteckter Rahmenbedingungen (die Datensätze a bis c, die Menge y und der Effekt z).

Beispiel

„Habermas’ Theorie des kommunikativen Handelns hat wenig Realitätsbezug.“ Ist diese Aussage im Text empirisch oder theoretisch gut begründet, dann ist sie durchaus wissenschaftsadäquat. Sonst gleicht sie einer Behauptung, einem Ausdruck individuellen Geschmacks, und ist im Sinn wissenschaftlichen Schreibens fragwürdig.

 

Textaufbau

Der Idealfall:

  1. Man stellt eine (Forschungs-)Frage,
  2. sucht sich die besten theoretischen oder methodischen Werkzeuge,
  3. untersucht
  4. und beantwortet die Frage.

Siehe dazu den Bereich Gliederung. Unterhalb dieser Ebene lässt sich ein wissenschaftlicher Text in Abschnitte und Absätze unterteilen, die Elemente des Argumentationsgangs sind. Abschnitte sind durch einen sogenannten Blindtext (Ein Freiraum zwischen zwei Textbereichen) getrennt, Absätze durch eine Absatzmarke, erkennbar an diesem Symbol (wenn im Schreibprogramm die nicht-druckbaren Zeichen sichtbar sind). Abschnitte und Absätze sollten ähnlich präzise gesetzt werden wie Gliederungspunkte; sie zeigen an, wie der Weg beispielsweise von einer Prämisse zur nächsten und zur Konklusion oder von einem Argument zu einem weiteren verläuft. Im besten Fall ergibt ein Absatz gewissermaßen logisch den nächsten. Mindestens jedoch sollte dem Leser deutlich werden, warum ein Absatz einem anderen folgt. Sie sind also jeweils Sinneinheiten oder Argumente, die idealerweise mindestens drei Sätze umfassen. Im englischen Sprachraum kommt der Bauweise von Absätzen eine höhere Bedeutung zu, die wir im Bereich Paragraphing vorstellen. Sie hat Vor- und Nachteile, kann aber besonders für Einsteiger sehr hilfreich sein, den eigenen Text zu organisieren. Mehrere Absätze, die wiederum einen Zusammenhang ergeben, können dann in Abschnitten zusammengebunden werden.