Paragraphing
In der englischen Wissenschaftssprache werden einzelne Absätze (paragraphs) mit deutlich mehr Technik systematisch und strukturiert aufgebaut. Dieses recht formale Vorgehen ist auch im Deutschen zur Selbstkontrolle sinnvoll. Wenn ein Absatz als kleinste Einheit der Textstruktur gut aufgebaut ist, kann der Gesamttext lesbarer und argumentativ sauberer werden. Je präziser ein Absatz als Sinneinheit ist, desto logischer und durchdachter wird die Argumentation.
Lassen Sie jemanden, der Ihr Thema nicht oder nur bedingt kennt, einen Absatz aus Ihrem Text laut lesen. Ist der Absatz gut und schlüssig aufgebaut, sollte das Argument deutlich werden.
Absatzstruktur
Ein Absatz lässt sich grob in drei Teile, Sätze oder Satzgruppen zerlegen:
- Topic sentence = In diesem Satz wird das zentrale Thema, die Grundidee des Absatzes platziert.
- Supporting Sentences = In diesem Abschnitt, der üblicherweise mehrere Sätze umfasst, wird die Grundidee des Absatzes entwickelt und mit Details ergänzt.
- Concluding Sentence = Ein abschließender Satz fasst die Grundidee des Absatzes noch einmal zusammen oder kommentiert das Vorangegangene. Wenn der Argumentationsgang weitergeht und mit dem nächsten topic sentence anschließt, kann dieser Teil auch entfallen.
Die Länge eines Absatzes ist vom zu verhandelnden Argument abhängig. Besonders der Mittelteil (supporting sentence) kann also länger werden. Mindestens besteht ein Absatz aber aus drei Sätzen. Dies zeigt bereits, dass eine stark zerklüftete Seite mit mehr als vier oder fünf Absätzen eine unsaubere Argumentation erwarten lässt oder die Argumente zu stichpunktartig aufgelistet und nicht ausreichend erläutert werden.
Zwei Beispiele
blau: topic sentence – grau: supporting sentence(s) – schwarz: concluding sentence
Derridas Dekonstruktion […] des Zeichenbegriffs hat allerdings weitreichende Folgen. Sie hebt unter anderem Saussures Privilegierung der gesprochenen Sprache und ihre Einordnung in die Psychologie auf, da der Zeichenbegriff im Sinne einer reinen Signifikantenkette ohne Einschränkung auch für die Schriftsprache und andere Symbolsysteme gilt. Derrida geht sogar noch weiter: Weil schon Aristoteles die Schrift als Zeichen des Zeichens oder, in der lingusitischen Terminologie: als Signifikant des Signifikanten definiert hat, nennt er das Verweisungsgefüge der Signifikanten eine „allgemeine Schrift“. Dieser spezielle Schriftbegriff geht indes über das alltägliche Verständnis des Schrift weit hinaus. Die Schrift, so Derrida in Grammatologie, ist kein Derivat der gesprochenen Sprache, sie kann vielmehr als Struktur das Funktionieren jeder sprachlichen Artikulation begreifen. Schrift wäre also der Name für ein System, in dem die Signifikanten aufeinander verweisen und allein aufgrund ihrer Differenz zueinander Bedeutung produzieren.
(Dirk Quadflieg: Sprache und Diskurs. Von der Struktur zur différance, in: Stephan Moebius/
Andreas Reckwitz (Hg.): Poststrukturalistische Sozialwissenschaft, Frankfurt/Main 2010, S. 103)_
Neurophysiologische Onlinemessungen können bezüglich der zeitlichen Struktur der Verarbeitungsprozesse zusätzliche Informationen liefern. Die zwei Messtechniken, die hierfür zur Verfügung stehen, sind die Elektroenzephalographie (EEG) und die Magnetoenzephalographie (MEG). Das EEG misst die elektrische Aktivität an der Kopfoberfläche, das MEG das entsprechende magnetische Feld. Beide Messmethoden erlauben die Registrierung ereigniskorrelierter Hirnaktivität, die sog. ereigniskorrelierten Hirnpotentiale (EKP), im Millisekundenbereich und liefern somit eine hohe Zeitauflösung.
(Angela D. Friederici: Neurobiologische Grundlagen der Sprache, in: Hans-Otto Karnath & Peter Thier (Hg.): Neuropsychologie, Heidelberg 2006, S. 346–356, hier: S. 346f.)
Aufgabenbeschreibung
Die nächste Textpassage ist fortlaufend, also ohne Absätze, dargestellt. Fügen Sie selbst Absätze in den Text ein. Hinter dem Lösungsvorschlag finden Sie die Umbrüche der Originalversion. (Aus Darstellungsgründen haben wir die Absätze durch Leerzeichen markiert, was eigentlich Abschnittswechsel wären.)
Absätze Übung 1
Was der Literaturwissenschaft fehlt, ist eine Historik des Schreibens. Ihre Arbeit – von der Interpretation bis zur Geschichtsschreibung – hat es durchgängig mit Effekten einer Praxis zu tun, die selber nicht mehr Thema wird. Was Dichter dachten oder auch Denker dichteten, ist durchforscht. Nur die sechsundzwanzig schwarzen Figuren auf weißem Grund – seit Jahrtausenden der Speicher aller Dichtung – haben ihr altes Rätsel gewahrt. Literaturwissenschaft aber siedelt nun einmal (den gängigen Parolen von Kommunikation zum Trotz) im Raum der Bibliotheken. Also kommt sie ihrer eigenen Sache gegenüber nie mehr rechtzeitig. Schrift ist schon da, bevor die Arbeit, die selber in Schreiben mündet, auch nur angefangen hat. Scripsi quod scripsi, sagte Pilatus, uneinholbar.
Aus dieser Lage gibt es allerdings Fluchtwege. Auch wenn die Literaturwissenschaft (im Unterschied zu Hohepriestern) Geschriebenem nicht mehr mit Änderungswünschen kommen, überspringen können sie es allemal. Zwei nachgerade klassische Wege, um Schrift zu neutralisieren, heißen ‚Werk‘ und ‚Autor‘. Entweder in einem Nachher oder einem Vorher verschwand das schlichte Vorliegen der Zeichen. Auf ein hergestelltes Gesamtwerk hin verstanden, wurden Schriftzeichen zum Vehikel eines Sinns, der sie alle übertraf und vereinheitlichte, schon weil er immer noch ausstand. Auf einen unterstellten Autor hin gelesen, verschwand Geschriebenes in der scheinbaren Vorgängigkeit einer Stimme oder eines Denkens. Was dastand, zählte nicht mehr; anstelle der Schrift in ihrer Macht trat ein Meinen in seiner Beliebigkeit. Die Hohepriester zu Pilatus: „Schreibe nicht ‚Der Juden König‘, sondern daß er gesagt habe ‚ich bin der Juden König‘.“
Daß die literaturwissenschaftliche Hermeneutik Geschriebenes ein Jahrhundert lang auf die zwei Trugbilder reduzierte, die seit Saint-Beuve ‚Werk‘ und ‚Autor‘ heißen, hat Gegentheorien auf den Plan gerufen. Seit Barthes und seiner Nouvelle critique soll im Grundbegriff écriture die uneinholbare materielle Basis von Literatur zur Methode werden. Écriture bezeichnet eine Praxis ohne Grund im Autor und ohne Ziel im Werk, geregelt nur von Gesetzen, die die Sprache in ihrer Autonomie erläßt. Was den Literaturwissenschaftler, in einem schönen Kurzschluß, ebenso freisetzt wie den Schriftsteller.
So sind die Absätze im Original gesetzt. Sie umreißen jeweils eine Sinneinheit. Zudem haben wir, weil es hier so schön passt, den jeweiligen "topic sentence" unterstrichen, der meist relativ knapp einen Absatz einleitet.
Aufgabenbeschreibung
Die nächste Textpassage ist fortlaufend, also ohne Absätze, dargestellt. Fügen Sie selbst Absätze in den Text ein. Hinter dem Lösungsvorschlag finden Sie die Umbrüche der Originalversion. (Aus Darstellungsgründen haben wir die Absätze durch Leerzeichen markiert, was eigentlich Abschnittswechsel wären.)
Absätze Übung 2
- Jay D. Bolter: Das Internet in der Geschichte der Technologien des Schreibens
Der Computer ist eine Technologie der symbolischen Repräsentation der Kommunikation, kurz – eine Technologie des Schreibens. In den achtziger Jahren machte der Personal Computer (PC) diese Technologie einer großen Zahl von Autoren wie Lesern in Europa, Nordamerika und Japan verfügbar. Heute eröffnet das Internet neue Formen der Publikation: es befreit des elektronische Schreiben aus dem individuellen Computer und verbreitet es über ein die gesamte entwickelte Welt umspannendes Netzwerk aus Maschinen. Das World Wide Web im Internet ist ein methodisches Verfahren, welches das elektronische Schreiben schließlich in die Lage versetzt, sich von Schreibweisen für gedruckte Publikationen deutlich zu unterscheiden. Eine neue Ökonomie des Schreibens, ein neues Zusammenspiel von technischen Geräten und den Weisen, mit ihnen umzugehen, beginnt sich auszubreiten.
Betrachten wir den Computer und das Internet als eine neue Technologie des Schreibens, so können wir sie in einen historischen Kontext einordnen. In der älteren und neueren Geschichte Europas zählten zu diesen Technologien die Papyrusrolle der Antike, der Kodex der Spätantike und des Mittelalters und das gedruckte Buch von der Renaissance bis heute. In jedem Zeitalter waren um diese Grundtechnologien eine Anzahl untergeordneter oder unterstützender Technologien gruppiert, deren Beziehung zueinander sich im Rahmen der weiteren Ökonomie des Schreibens permanent veränderte. Zu diesen untergeordneten Technologien gehörten die Wachs- und die Steintafeln in der antiken Welt, unterschiedlichste Versionen des ebenso vergänglichen wie monumentalen Schreibens im europäischen Mittelalter und alles vom Manuskript über die ersten Holztafeldrucke zu Schreibmaschinen und Diktiergeräten während der Jahrhunderte des Buchdrucks. [ ] Dabei sind die verschiedenen Epochen – mehr als schlicht durch Material- und Verfahrensweisen – durch eine ganze Reihe von Lese- und Schreibpraktiken gekennzeichnet. Wenn wir die elektronische Kommunikation innerhalb dieses historischen Kontextes untersuchen, hören wir einen Widerhall, werden wir entdecken, inwiefern diese neue Art des Schreibens ältere Formen weiterführt. Solche Resonanzen können uns zu verstehen helfen, inwiefern das elektronische Schreiben radiakal mit der Vergangenheit bricht – und inwiefern es sie konsequent fortsetzt.
Historisch hat sich jede Ökonomie des Schreibens in Zusammenhang mit bestimmten Genres und Stilen definiert. Die Papyrusrolle war mit der antiken Rhetorik und Historiographie verbunden; der Kodex mit der mittelalterlichen Enzyklopädie, marginalen Anmerkungen, Glossarien und illustrierten religiösen Texten; die Drucktechnik schließlich mit der Novelle und der Zeitung. Diese Genres und Stile drücken unterschiedliche kulturelle Einstellungen bezüglich der Organisation von menschlichem Wissen und Erfahrungen aus. Technologien des Schreibens waren durchgängig bedeutsam für die abendländischen Ideen des Wissens und der Subjektivität.
Dies sind die originalen Absätze, es wäre aber noch (mindestens) ein weiterer denkbar bzw. sinnvoll. Wir haben ihn mit [ ] markiert und den thematischen Satz unterstrichen. Ohne diesen haben wir einen Einstiegsabsatz, einen, der das Thema vertieft und ins Detail ausweitet und einen (ersten), der den Gegenstand historisch einfängt.