Von der Frage zur Methode
Vom Thema zur Fragestellung
Die Anlässe, sich weiterführend und wissenschaftlich mit etwas zu beschäftigen, können ganz unterschiedlich sein – eine interessante Beobachtung im Alltag, im Seminar oder in der Literatur aufgeworfene Fragen. Damit die Untersuchung gelingt, muss die erste Idee oder Frage zu einem plausiblen und funktionierenden Konzept ausgearbeitet werden (Forschungsdesign). Auf dem Weg vom Thema zur Fragestellung sind drei Schritte relevant:
- Thematische Entfaltung
Was gehört alles zum Thema? Was gehört nur am Rande dazu, was gar nicht? Welche Forschungsgebiete werden davon berührt? - Thematische Eingrenzung und Fokussierung
Inwiefern lässt sich das Thema untergliedern und eingrenzen? Was will ich in meine Untersuchung einbeziehen, was nicht? Wo liegt mein Fokus? Welche Schwerpunkte setze ich? Was muss ich auf jeden Fall einbeziehen, wo gibt es Spielraum? - Fragestellung entwickeln
Welche Frage(n) habe ich an mein Thema? Was will ich wissen? Welches Erkenntnisinteresse ist damit verbunden? Über wen oder was sollen Aussagen getroffen werden?
Es empfiehlt sich, diese Fragen schriftlich zu beantworten, sei es in Form einer Mind-Map, einer übersichtlichen Tabelle oder als Notizen. Die konzeptionelle Planung der Arbeit sollte in mehreren Durchgängen immer weiter konkretisiert werden, bis eine plausible und im Rahmen des Schreibprojekts handhabbare Fragestellung entwickelt wurde. Kleinere Verschiebungen und Modifikationen sind später immer noch möglich und bisweilen wünschenswert, schließlich ist das Schreiben selbst ein eigener Erkenntnis- und Lernprozess. Das Grundgerüst der Arbeit, oder anders formuliert: das zu untersuchende Forschungsproblem, sollte jedoch so früh wie möglich feststehen. Darauf bauen alle nachfolgenden Entscheidungen und Schritte auf. Es empfiehlt sich, dieses Grundgerüst mit dem/der BetreuerIn zu besprechen. Es ist auch sinnvoll, Feedback von Peers zu erbitten. Dies hilft der eigenen Vergegenwärtigung und legt bestehende Fragen oder Unsicherheiten offen.
Mehr zur Fragestellung gibt es auf dem Schreibportal.
Von der Fragestellung zur Methode
Mit der Festlegung auf eine Fragestellung, mit der weitere Unter- oder Detailfragen verbunden sein können, sind bereits die methodischen Weichen gestellt. Auch wenn immer mehrere methodische Zugänge möglich sind, schließt eine klare Fragestellung bestimmte Wege aus und verengt die Auswahl. Um herauszufinden, welche methodischen Werkzeuge geeignet und praktikabel sein könnten, muss die Forschungsfrage operationalisiert werden. Hierfür sind vier Schritte entscheidend:
Beispiel
Thema der Untersuchung sind Sozialisationseffekte im Leseerwerb. Nach der thematischen Entfaltung, Eingrenzung und Zuspitzung steht die Fragestellung: Gibt es einen Zusammenhang zwischen lesebezogenem Selbstkonzept und Lesekompetenz? Und die Unterfrage oder Konkretisierung: Können SchülerInnen mit schwachem lesebezogenem Selbstkonzept schlechter lesen als SchülerInnen mit einem starken lesebezogenen Selbstkonzept? Ob dies eine lohnenswerte und relevante Fragestellung in der Fachdidaktik sein könnte, lässt sich nur sagen, wenn der Forscher/die Forscherin in das Fachgebiet eingearbeitet ist, die theoretischen Grundlagen kennt und gute Gründe hat anzunehmen, dass ein Zusammenhang zwischen beiden Konstrukten bestehen könnte. Um die Forschungsfrage beantworten zu können, muss geklärt werden, wie ein Zugriff auf die Aspekte der Forschungsfrage möglich wird: Welches Material, also welche Daten können etwas über die individuellen lesebezogenen Selbstkonzepte der SchülerInnen aussagen?
Beispiel
Für die Operationalisierung des lesebezogenen Selbstkonzepts muss klar sein, wie sich dieses Konstrukt theoretisch modellieren lässt, aus welchen Bestandteilen es sich zusammensetzt, welche Faktoren es wie beeinflussen können etc. So würde erkennbar werden, dass Lektüregewohnheiten ebenso relevant sind wie Selbstaussagen (z.B. „Ich bin ein/eine LeserIn.//Ich bin kein/keine LeserIn.“). Die Überlegung ist also, wie die Lektüregewohnheiten der SchülerInnen möglichst umfassend und unverfälscht erfasst werden können und mit welchen Verfahren die Befragten zu Selbstaussagen verleitet oder dazu gebracht werden können, sich zu vorgegebenen Selbstaussagen zu verhalten. Ob Fragebögen, Leseprotokolle oder andere Instrumente passen, ist nicht nur abhängig davon, welches Ziel die Untersuchung hat, sondern bestimmt wesentlich, wie diese Daten ausgewertet werden können und müssen.