Inhaltsanalyse

Unter dem Begriff Inhaltsanalyse werden verschiedene Ansätze zur Untersuchung von Texten, Kommunikationsprozessen oder anderen Materialien zusammengefasst. Grundsätzlich sollen Merkmale von Kommunikation systematisch und intersubjektiv nachvollziehbar beschrieben werden. Uneinigkeit herrscht hingegen bezüglich des Gegenstands der Analyse. So können neben den eigentlichen Inhalten etwa formale Aspekte der Kommunikation wie Satzkorrekturen, unvollständige Sätze oder Wortwiederholungen Teil inhaltsanalytischer Untersuchungen sein.

Sinnvoll für …

viele sozialwissenschaftliche Fragestellungen, etwa Analysen von Medien oder Wahlprogrammen.

Mögliches Material

Als Material bieten sich schriftlich fixierte Texte an. Das können Zeitungsartikel, juristische Dokumente oder Protokolle sein, aber auch transkribierte Interviews oder Fernsehbeiträge.

Qualitative Inhaltsanalyse

Die Qualitative Inhaltsanalyse ist ein Verfahren, das sich zwischen den methodischen Traditionen standardisierter (quantitativer) und rekonstruktiver (qualitativer) Sozialforschung bewegt. Sie bezieht sich auf unterschiedliche Theorietraditionen.

Im Zentrum des Verfahrens steht die Entwicklung eines Kategoriensystems, in dem der (latente) Sinn des Textes zum Ausdruck kommt. Dieser ist das Herzstück der anschließenden Interpretation. Die Kategorien werden nach vorher festgelegten Regeln im wechselseitigen Bezug auf Theorie und Material entwickelt. Die Daten werden mithilfe dieser Kategorien interpretiert und anhand inhaltsanalytischer Gütekriterien eingeschätzt.

Ablauf
1 Bestimmung des Ausgangsmaterials
Zunächst sind drei Schritte relevant:
  1. Festlegung des Materials: Definition, welches Textmaterial analysiert werden soll (Korpusbildung). Damit verbunden sind Fragen der Stichprobenziehung und des Stichprobenumfangs. Welches Material in die Untersuchung einbezogen wird und welches nicht, bestimmt wesentlich, worüber und inwiefern Aussagen getroffen werden können (Aussagekraft über eine Grundgesamtheit).
  2. Analyse der Entstehungssituation: Beschreibung, unter welchen Bedingungen das Textmaterial entstanden ist. Wer war daran beteiligt? Wie war die konkrete Entstehungssituation und welchen soziokulturellen Hintergrund hatte die Kommunikation? Welche emotionalen, kognitiven und handlungsbezogenen Entstehungshintergründe gab es?
  3. Formale Charakteristika des Materials: In welcher Form liegt das Material vor? Grundlage ist meist (aber nicht immer) geschriebener Text. Im Ausgangsmaterial können aber auch Zusatzinformationen, etwa Hintergrundinformationen zu den VerfasserInnen, enthalten sein.
2 Fragestellung der Analyse
Vor der eigentlichen Analyse steht die Fragestellung. Sie legt fest, welche Anforderungen an das Material gestellt werden und was „herausinterpretiert“ werden soll. Die Fragestellung bestimmt also die Richtung der Analyse. Vor Beginn der Analyse sind deshalb zwei Schritte sinnvoll:
  1. Richtung der Analyse: Das zu analysierende Material kann in unterschiedlicher Hinsicht interessant und aussagekräftig sein. Ist etwa der emotionale Zustand der Kommunizierenden von Interesse oder das, was diese über den Gegenstand ihrer Kommunikation sagen? Insofern ist es nützlich, das erhobene Material als Teil einer Kommunikationskette zu begreifen und in ein (inhaltsanalytisches) Kommunikationsmodell einzuordnen, in dem zum Beispiel KommunikatorInnen, Zielgruppe(n) und Text voneinander unterschieden werden.
  2. Theoriegeleitete Differenzierung der Fragestellung: Die Fragestellung basiert auf der bisherigen Forschung und der bestehenden Theorie zum Gegenstand und wird in aller Regel in Unterfragestellungen differenziert.
3 Ablaufmodell
Nachdem das Ausgangsmaterial und die Fragestellung festgelegt wurden, werden ein Ablaufmodell und entsprechende Analysetechniken bestimmt. So sieht es etwa aus:
  • Festlegung des Materials
  • Analyse der Entstehungssituation
  • Formale Charakteristika des Materials
  • Richtung der Analyse (abhängig von der Fragestellung und vom Erkenntnisinteresse)
  • Theoretische Differenzierung und Verfeinerung der Fragestellung(en)
  • Bestimmung der Analysetechniken
  • Definition der Analyseeinheiten (Kategorien)
  • Einzelne Analyseschritte nach dem Kategoriensystem
  • Rückwertige Prüfung der Passfähigkeit von Kategorien, Theorie und Material
  • Interpretation der Daten in Hinblick auf die Fragestellung
  • Anwendung oder Überprüfung in Hinblick auf die Gütekriterien (wobei dies bei studentischen Arbeiten meist kaum möglich ist)
4 Interpretation der Ergebnisse

Es gibt viele detaillierte Varianten qualitativer Inhaltsanalyse, etwa die evaluative, die formale, die typenbildende und einige mehr. Sie verwenden jeweils andere Schritte in der Ergebnisinterpretation. Eine Interpretationsweise unterscheidet als grundlegende Formen der Textinterpretation die Zusammenfassung, die Explikation und die Strukturierung.

 


Literatur
  • Berelson, Bernard (1952): Content Analysis in Communication Research. Glencoe, Ill.: Free Press.
  • Bertaux, Daniel; Kohli, Martin (1984): The life story approach: A continental view. In: Annual Review of Sociology, 10, S. 215–237.
  • Ehrenspeck, Yvonne; Geimer, Alexander; Lepa, Steffen (2008): Inhaltsanalyse. In: Sander, Uwe; von Gross, Friederike; Hugger, Kai-Uwe (Hrsg.): Handbuch Medienpädagogik. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 351-356.
  • Mayring, Philipp (2010): Qualitative Inhaltsanalyse. Weinheim, Basel: Beltz.
  • Ramsenthaler, Christina (2013): Was ist „Qualitative Inhaltsanalyse?“. In: Schnell, Martin; Schulz, Christian; Kolbe, Harald; Dunger, Christine (Hrsg.): Der Patient am Lebensende. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, S. 23–42.
  • Dieser Text vom Forum Qualitative Sozialforschung kartographiert das Feld genauer.