Ethische und rechtliche Fragen

Jede empirische Forschung, die Daten von Menschen erhebt, muss sich an den gesetzlichen Datenschutz halten. Zudem gilt es, einige ethische Aspekte zu beachten, besonders wenn es um Kinder geht.

Der vertrauliche Umgang mit sensiblen Daten ist die wichtigste Basis für die Wissenschaft. Dazu zählt nicht nur, dass Namen, Adressen oder andere personenbezogene Informationen nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen. Auch innerhalb einer Studie müssen solche Daten verschlüsselt oder codiert werden, damit keine Rückschlüsse zum Beispiel von Aussagen zu politischer oder sexueller Orientierung auf einen Klarnamen und eine Adresse gezogen werden können. Das gilt für großangelegte Untersuchungen mit mehreren hundert Menschen, aber auch für eine Bachelorarbeit.

Im Vorgespräch und vielleicht auch noch einmal am Ende der Untersuchung sollte den Teilnehmenden gesagt werden, dass alle Daten anonymisiert werden. Das ist wichtig, damit sie einerseits Vertrauen in die Wissenschaft haben können und andererseits so offen wie möglich Interviewfragen oder Fragebögen beantworten.

Die Forscherin oder der Forscher muss sich die Einwilligung zu Aufnahme, Verwendung der Daten und Veröffentlichung im Vorfeld einholen. Stimmen die TeilnehmerInnen nicht zu, dürfen die Daten nicht verwendet, sondern müssen gelöscht werden. Dies gilt auch, wenn eine Person die Einwilligung widerruft – sei es während der Datenerhebung oder im Nachgang (allerdings nicht nach einer Veröffentlichung).

Sollen Kinder oder andere Unmündige wie PatientInnen mit einem Vormund befragt werden, müssen zusätzlich die Eltern oder gesetzlichen VertreterInnen einwilligen.

Den TeilnehmerInnen an Studien oder Befragungen muss im Vorfeld erläutert werden, worum es geht. Allerdings sollte man nicht zu viel verraten, um ihre Antworten nicht zu beeinflussen. Wenn jemand wissen möchte, was andere gesagt haben, sollte man das mit dem Hinweis auf den Datenschutz nicht preisgeben.

Hin und wieder bitten Befragte um die Interviewaufnahme oder um die Verschriftlichung und Auswertung. Dieser Bitte sollte man nicht nachkommen: Gerade in der Auswertung könnten sich Missverständnisse einschleichen und die Befragten unzufrieden mit den Ergebnissen sein. Falls eine Veröffentlichung ansteht, kann gern auf die Publikation verwiesen werden.

Anonymisierung
Bei der Kontaktaufnahme hat man natürlich meist einen Namen und eine Telefonnummer oder E-Mail-Adresse. Bereits im Protokoll, spätestens aber bei der Auswertung und der Verschriftlichung der Ergebnisse müssen diese Daten jedoch codiert werden – auch wenn die Bachelor- oder Masterarbeit nicht veröffentlicht wird.

Beispiel
Frau Gisela Meier wird zu A, Herr Ronny Schulze wird zu B.

Für manche, aber bei weitem nicht alle Untersuchungen ist das Geschlecht der Befragten relevant. Gesetzlich muss den ProbandInnen mindestens die Auswahl zwischen männlich, weiblich und divers angeboten werden. In der Codierung kann das so aussehen: Af, Bm und Cd. Gleiches gilt für das Alter oder ob jemand rechts- oder linkshändig ist: A56, B24 oder Are, Bli.

Man sollte vorher schon wissen, was relevant ist und mitcodiert werden muss und was nicht. Sprechen die Interviewten von der Stadt, in der sie wohnen, oder von der Firma, in der sie arbeiten, werden diese Namen zunächst transkribiert, spätestens bei der Verschriftlichung der Ergebnisse jedoch anonymisiert (Stadt A, Firma X), damit auch hier keine Rückschlüsse möglich sind.

Untersuchungen mit Kindern
Interviews oder Gruppendiskussionen mit Kindern sind eine besondere und anspruchsvolle Form. Anders als bei Erwachsenen sind nicht nur sprachliche, sondern auch intuitive und körperlich-performative Elemente von großer Bedeutung: Die Ausdrucksform der Kinder gilt es zu berücksichtigen – sowohl bei der theoretischen Modellierung des Forschungsgegenstands wie auch in Hinblick auf das methodische Vorgehen. Zudem ist zu beachten, dass bei Kindern weniger das biologische als vielmehr das soziale Alter, also der Entwicklungsstand, entscheidend ist.

Institutionalisierte Gesprächskontexte (Kindergärten, Schulen) bieten sich als Untersuchungskontext an, da die Kinder diese Räume, darin bestehende (Gesprächs-)Regeln, wahrscheinlich aber auch einander kennen. Gruppen von Kindern, die sich nicht kennen, sind üblicherweise ungeeignet, weil die Fremdheit oft Hemmungen mit sich bringt. Um vergleichsweise ungehemmt und spielerisch zu diskutieren und zu agieren, müssen die Kinder in einer vertrauten Umgebung mit bekannten Gesichtern sein. Es kann wichtig sein, im Vorfeld durch teilnehmende Beobachtungen herauszufinden, welche Kinder eine Realgruppe bilden, da Eltern, LehrerInnen oder ErzieherInnen das nicht prinzipiell wissen. Stattdessen werden vielleicht eher die als schlauer eingeschätzten Kinder zu einer Gruppe zusammengestellt, obwohl sie nicht miteinander vertraut oder befreundet sind.

Wenngleich es für die Gesprächsführung oder die Vergabe des Rederechts einige spielerische Tricks wie das Zirkulieren eines Spielzeugs gibt, ist hier Vorsicht geboten, denn eine solche Regulierung verhindert leicht das Entstehen eines selbstläufigen Gesprächs oder den selbstgesteuerten Aufbau einer Narration. Wie in der Praxis mit solchen Fragen verfahren wird, hängt letztlich vom Forschungsdesign der Arbeit ab.

Finden Gespräche oder Gruppeninterviews in Institutionen statt, werden diese eigentlich immer mit untersucht – ihre spezifischen Gesprächsregeln, Rituale oder räumlichen Gegebenheiten. Um methodisch abgesicherte Ergebnisse zu erzielen, ist es deshalb wichtig, diese normalerweise zunächst unausgesprochenen Regeln und Rahmenbedingungen zu benennen und in die Auswertung einzubeziehen.

Wer empirisch mit Kindern arbeiten möchte, muss sich allerdings nicht nur über die Kinder Gedanken machen, sondern auch über die eigene Rolle als erwachsener Interviewer/erwachsene Interviewerin, schließlich sind in der Untersuchung nicht die Erwachsenen die ExpertInnen, sondern die Kinder – für ihre Lebenswelt, ihren Entwicklungsstand, ihre Sicht auf die Dinge. Gerade für angehende Lehrkräfte, die für ihre Abschlussarbeit eine Studie mit Kindern planen, kann dieser Perspektivenwechsel schwierig sein, schließlich haben sie in ihrem Studium gelernt, Kinder als SchülerInnen zu adressieren und selbst in die Rolle der Lehrperson zu schlüpfen, während nun eine authentische, mitunter naive Neugier gefragt ist.

Wird Bild und Ton mitgeschnitten, lassen sich der körperliche Ausdruck einzelner oder die mitunter subtile körperliche Interaktion mehrerer Kinder untersuchen. Dies kann ein guter Weg sein, wenn der Fokus auf der Art und Weise liegt, wie sich Kinder untereinander abstimmen, sich verständigen oder Gemeinschaften bilden.

 


Allgemeines
Was sind Methoden, wozu sind sie da? Welche Probleme macht die Empirie, was unterscheidet deduktiv von induktiv und qualitativ von quantitativ?