Theoriebildung

In der Forschung werden häufig Theorien entworfen oder geprüft. Daher spricht man von theoriebildenden oder hypothesenprüfenden Perspektiven.

Der Begriff Theorie stammt vom griechischen theorein, was so viel bedeutet wie anschauen, beobachten oder betrachten. Mit Theorien sind üblicherweise durch Denkprozesse gewonnene Erkenntnisse oder Vermutungen über Zusammenhänge gemeint. Wissen dagegen basiert – sehr allgemein – auf Erfahrung, während Theorien dieses Erfahrungswissen in vermutete Zusammenhänge bringt. Jeder Methode gehen bestimmte Theorien voraus, die sie stabilisieren oder erst ermöglichen. Allerdings ist die Trennung in Wissen und Theorie unscharf, da jedes Wissen immer nur auf Grundlage bestimmter theoretischer Annahmen gewonnen werden kann (selbst wenn diese nicht transparent gemacht werden). Theorien selbst basieren immer auf bestimmten konkreten Beobachtungen, die auch als Anschauungswissen umschrieben werden können.

Theoriebildung heißt also ganz allgemein, Konstrukte zu entwerfen, mit denen vermutete Zusammenhänge erklärt oder beschrieben werden können. Im Wesentlichen sind es jene Methoden, die häufig als qualitativ beschrieben werden, die Theorien generieren, die also versuchen, systematisches Wissen zu Zusammenhängen zu produzieren. Den sogenannten quantitativen Methoden kommt dann die Rolle zu, solche Theorien anhand größerer Datenmengen und mit anderen Werkzeugen zu überprüfen.

Beispiel
Einerseits steigen derzeit in größeren Städten die Mieten deutlich, die ökonomischen Härten nehmen für viele zu. Gleichzeitig lässt sich beobachten, dass rechte Parteien mehr Wählerstimmen bekommen. Die Frage ist: Hängen beide Phänomene möglicherweise zusammen? Um dieser Hypothese nachzugehen, wäre es sinnvoll, theoriebildend zu arbeiten, etwa Interviews zu führen und aus der Beobachtung einer Gleichzeitigkeit (die Mieten und die Zustimmung für rechte Parteien steigen) eine Theorie zu generieren, wie das eine mit dem anderen zusammenhängen könnte.

Das ist in der Praxis komplizierter als es klingt. Eine Theorie, die einen Zusammenhang vermutet, müsste schließlich gleichzeitig viele andere Faktoren bedenken, die auch Einfluss haben könnten. Wenn nun eine Reihe von Materialien, also Interviews oder ähnliches, eine solche Interpretation ermöglicht oder gar nahelegt, dann lässt sich plausibel eine Theorie generieren.

Solche Theorien sind immer vorläufig. Ihre Qualität basiert darauf, wie plausibel die Deutungen und Interpretationen mit Blick auf das Material, also auf die Daten sind. Ein weiterer Schritt wäre schließlich, mit anderen Daten, beispielsweise mit Fragebogen, die Theorie zu prüfen, also zu schauen, ob auch in nichtrepräsentativem Material, das zur Theoriebildung herangezogen wurde, der Zusammenhang zu finden ist.

Theorien werden nie wirklich verifiziert, also bestätigt, weil es immer sein könnte, dass andere Daten oder bessere, plausiblere Deutungen einen anderen Zusammenhang offenlegen. Daher spricht man eher davon, dass Theorien solange gültig sein können, bis sie widerlegt, also falsifiziert wurden.

Fragestellung|Design
Die Fragestellung ist das Herz jeder wissenschaftlichen Arbeit. Sie bedingt methodische Entscheidungen und weist den weiteren Weg der Untersuchung.