Deduktion und Induktion
Deduktion und Induktion sind zwei Grundmechanismen der wissenschaftlichen Erkenntnis.
Deduktion heißt so viel wie „ableiten“ oder „fortführen“ und beschreibt ganz allgemein den Prozess, aus bestimmten Beobachtungen oder Prämissen Erkenntnisse abzuleiten oder daraus logisch zu schlussfolgern. Mit Deduktion ist klassisch die Stoßrichtung vom Allgemeinen zum Besonderen oder von der Theorie zur Empirie verbunden. Dass deduktive Schlüsse in die Irre führen können, falls die gesetzte Prämisse ganz oder teilweise falsch ist, zeigt das folgende Beispiel.
Beispiel
Ein einfacher deduktiver Schluss ist: Im Deutschen werden nur Nomen großgeschrieben. Demnach ist „Im“ im vorangegangenen Satz ein Nomen.
Induktion dagegen meint „herbeiführen“ oder „veranlassen“ und beschreibt den umgekehrten Weg, also den Prozess, für Sachverhalte oder Beobachtungen mithilfe von Abstraktion und Verallgemeinerung eine Theorie oder Gesetzmäßigkeit zu entwerfen. Klassisch ist mit Induktion die Erkenntnisrichtung vom Besonderen zum Allgemeinen oder von der Empirie zur Theorie verbunden. Auch induktive Schlüsse können irreführend sein, weil das Material trügt oder unvollständig ist.
Beispiel
Ein induktiver Orthografieunterricht würde keine Regel vorgeben und anwenden lassen. Stattdessen wären die SchülerInnen aufgefordert, selbst Regeln aus dem Sprachmaterial abzuleiten, etwa aus vielen großgeschriebenen Satzanfängen die Regel „Satzanfänge werden großgeschrieben“.
Deduktion und Induktion mögen oberflächlich betrachtet gegensätzlich sein. Allerdings gibt es beide nie ohne einander und nie in Reinform: Weder werden die beim deduktiven Schließen eingesetzten Prämissen ohne eine Auseinandersetzung mit der Empirie gewonnen, noch kommt eine Induktion ohne zuvor etabliertes theoretisches Wissen aus, schon allein deshalb, weil keine Beobachtung oder Messung ohne eine Theorie oder einen Begriff der Beobachtung oder Messung auskommt. Deduktion und Induktion sind also zwei Idealtypen (Max Weber) und beschreiben zwei verschränkte Tendenzen wissenschaftlicher Erkenntnis.
Trotz dieser Verschränkung lassen sich eher deduktive von eher induktiven Verfahren unterscheiden, was heißen könnte: Geht es in der Untersuchung eher darum, eine bestehende Theorie, Gesetzmäßigkeit oder eine Vorhersage zu überprüfen oder mit einer bestimmten Theorie oder Gesetzmäßigkeit Erkenntnisse über ein bestimmtes Material oder Phänomen zu gewinnen (Deduktion)? Oder geht es eher darum, aus etwas Vorgefundenem eine Theorie, eine Gesetzmäßigkeit oder eine Vorhersage zu generieren (Induktion)? Während es bei deduktiven Verfahren also darum geht, erstellte Theorien empirisch zu überprüfen, geht es bei induktiven Verfahren darum, aus empirischen Befunden eine Theorie zu erstellen.
Hinsichtlich Beweiskraft und Gültigkeit gilt allerdings für beide Verfahren wie für die Wissenschaft allgemein: Die Ergebnisse sind nie wirklich verifizierbar, sondern nur falsifizierbar, also genauso lange gültig, bis eine bessere Theorie oder Beschreibung besteht oder neue Erkenntnisse berechtigte Zweifel aufwerfen.