Eros ex balcone: Literarische Potenziale der„terasses of pleasure” bei Goldoni
Literarische Potenziale der „tarrasses of pleasure“ bei Goldoni Keine andere italienische Stadt neben Verona, die spätestens seit Shakespeares Tragödie der „star-crossed lovers“ Romeo and Juliet (ca. 1597) aus dem kulturellen Gedächtnis nicht wegzudenken ist, wird so sehr mit Balkonen in Verbindung gebracht wie Venedig. Reisende des Grand Tour wie der Engländer Thomas Coryat (1611) halten treffend fest: „I noted another thing in these Venetian Palaces […] and it is very little used in any other country that I could perceive in my travels […]. These kind of tarrasses[sic] or little galleries of pleasure […] serve only for this purpose, that people may from that place as from a most delectable prospect contemplate and view the parts of the City round about them.”
Mein Beitrag nimmt aus einer literatur- und kulturhistorischen Perspektive an Coryat Anschluss. In einem ersten Schritt möchte ich die besondere Beziehung zwischen Balkonen und Venedig im imaginaire culturel Italiens herausstellen. Darauf aufbauend widmet sich der Beitrag der zweiten von Coryat benannten Dimension des Balkons in Venedig: der pleasure. Anders als der Sublime-Diskurs, in dessen Richtung Coryat im Nachsatz sein Reiseerlebnis zu drängen scheint, möchte ich „plesaure“ nicht als „Delight is the apparence or sense of Good“ (Hobbes) verstehen, sondern die Funktion der „tarrasses“ im städtischen Liebesleben Venedigs benennen. Denn gerade einer der berühmtesten Autoren Venedigs, Carlo Goldoni, versteht s, pleasure als „the indulgence of physical, esp. sexual, desires or appetites“ in einen venezianischen, dialektalen Komödien im performativen Raum des Balkons nutzbar zu machen. Unter besonderes Beachtung der Frauenfiguren soll das Liebesspiel am Balkon hier als Katalysator der von Goldoni ngestrebten Theaterreform sowie einer bürgerlichen Aufklärung im settecento herausgestellt werden.