“Schule gefährdet die Gesundheit.” – So lautet ein witzig gemeinter Ausspruch, den man manchmal auf Tassen oder Schlüsselanhängern lesen kann. Wirft man einen Blick auf die Statistiken psychischer Beschwerden von Schüler:innen und Lehrkräften der letzten Jahre, scheint sich dieser Eindruck zu bestätigen. Damit sich daran etwas ändert, muss psychische Gesundheit an Schulen stärker thematisiert werden. Aber hat dieses Thema im Unterricht überhaupt einen Platz?
Die WHO definiert psychische Gesundheit als einen Zustand „des Wohlbefindens, in dem eine Person ihre Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zu ihrer Gemeinschaft leisten kann”. Dieser Zustand wird nicht allein von individuellen Merkmalen beeinflusst. Auch soziale Verhältnisse und die Umgebung eines Menschen wirken sich auf seine psychische Gesundheit aus. Schule kann als Ort der Interaktion und des Lernens also wesentlichen Einfluss auf die psychische Gesundheit nehmen. Demensprechend positioniert sich die Konferenz der Kultusminister:innen (KMK) in ihrem Beschluss vom 15. November 2012: Gesundheitsförderung und Prävention seien Aufgabe der Schule und zentraler Bestandteil von Schulentwicklung.
Gesundheit soll also offiziell zum Thema an Schulen werden, in die sächsischen Lehrplänen ist sie bereits aufgenommen worden. Gesundheitserziehung gilt in der Grundschule als Bildungs- und Erziehungsziel. Schüler:innen „erkennen ihre Verantwortung für die eigenen Gesundheit […] und nehmen diese Verantwortung innerhalb und außerhalb der Schule wahr.“ (SSK 2019: VII) So sollen beispielsweise die gesundheitlichen Auswirkungen vom eigenen medialen Nutzungsverhalten eingeschätzt werden (vgl. SSK 2019: 27). In den Curricula weiterführender Schulen muss man eher am Anfang der Lehrpläne suchen. Der thematische Bereich Gesundheit soll hier neben Bereichen wie Medien oder Umwelt durch fächerverbindenden Unterricht vermittelt werden. Wie Gesundheit in den jeweiligen Fachunterricht – in unserem Fall Deutsch – eingebunden werden kann, bleibt allerdings offen, und das, obwohl Dringlichkeit geboten ist: 20 Prozent der 13- bis 18-Jährigen haben psychische Gesundheitsprobleme. Die Förderung psychosozialer Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen durch Schule könnte aber ihre Widerstandskraft gegen negative Einflüsse, die sogenannte Resilienz, erhöhen. Damit könnte psychischen Erkrankungen vorgebeugt werden.
Doch wie kann Unterricht im Allgemeinen und Deutschunterricht im Besonderen einen Beitrag zur psychischen Gesundheit leisten? Zunächst spielen übergeordnete Faktoren eine Rolle, wie ein vertrauensvolles Unterrichtsklima, eine gute Beziehung zwischen Lehrkräften und Schüler:innen, transparente, als gerecht empfundene Notengebung und ein guter Klassenzusammenhalt. All das kann zu einem Zugehörigkeitsgefühl beitragen, das sich positiv auf die psychische Gesundheit auswirkt. Es können kleine Übungen als Rituale eingebaut werden, die den Fokus auf die Körper- und Atemwahrnehmung legen. In der Interaktion mit der einzelnen Person gilt es als Lehrkraft, die Gefühle des Gegenübers wahrzunehmen und zu tolerieren. Ein „Über die Note musst du doch nicht traurig sein“ kann den emotionalen Zustand des betroffenen Kindes in den seltensten Fällen ändern, die Emotionen sind nun einmal da. Diese und weitere Ideen liefert das Buch Wache Schule. Mit Achtsamkeit zu Ruhe und Präsenz. Für den Deutschunterricht bietet sich zudem die Möglichkeit, gezielt Bücher auszuwählen, in denen es um Achtsamkeit und um den Umgang mit Gefühlen geht.
happy schult Sinneswahrnehmungen und kann deshalb auch gut im Sachunterricht aufgegriffen werden.
Die Gebrauchsanweisung gegen Traurigkeit zeigt auf, dass man Traurigkeit am besten einfach hinnimmt und so weiter macht wie sonst auch – bis sie irgendwann von allein weggeht.
Ich und meine Angst erklärt mit einer liebevollen Geschichte, dass alle Kinder Ängste haben und es hilft, über sie zu sprechen und sie als Begleiter zu akzeptieren.
Um das Thema psychische Gesundheit authentisch zu vermitteln, steht die eigene psychische Gesundheit an erster Stelle. Die Potsdamer Lehrerstudie 2006 hat mit 30% eine erschreckend hohe Burnout-Rate bei Lehrkräften festgestellt, deren Größenordnung spätere Studien bestätigt haben. Für gesunde Kinder braucht es eine gesunde Lehrkraft.
Wenn Sie als Lehrkraft etwas für Ihre psychische Gesundheit tun möchten, bietet das Zentrum für Arbeit und Gesundheit Sachsen Coachings und Beratungen für Lehrkräfte zu individuellen Belastungssymptomatiken an, die der Schweigepflicht unterliegen.
— Maren Petrich