Booktok und Bookstagram – der Hype um Bücher im Netz

Auf sozialen Plattformen werden längst nicht mehr nur Memes und Makeup-Tutorials geteilt. Mittlerweile gibt es viele Influencer:innen, die tausenden Follower:innen jeden Tag neue Bücher empfehlen. Die Hashtags #Booktok (eine Mischung aus Books und TikTok) und #Bookstagram (Books und Instagram) sind insbesondere bei jungen Menschen sehr beliebt. Hier werden Bücher rezensiert, weiterempfohlen, kreativ besprochen und ästhetisch ansprechend ausgestellt. Es gibt ganze inoffizielle Bestsellerlisten, die die Bücher aufzählen, die am häufigsten besprochen und für gut befunden wurden. Diese Bücher lösen einen Hype aus – jede:r will sie gelesen haben, überall hört man von ihnen. Manche Verlage nutzen dies auch als Werbung. Unter „Booktok Highlights“ kann man beim dtv-Verlag nachschauen, welche Bücher am meisten weiterempfohlen wurden. Besonders beliebt: die Genres Romance, Fantasy und New Adult.

Dass dieser Trend viele Vorteile mit sich bringt, liegt wohl auf der Hand. So steigert sich insgesamt die Lesemotivation, neue Inspirationsquellen werden gefunden und zudem sind die Plattformen ein Ort sozialen Austauschs, wo Communities sich zusammenfinden und ein Zugehörigkeitsgefühl vermitteln. Nachdem Lesen als Hobby lange Zeit lang etwas aus der Mode gekommen war, ist ein Bücherwurm zu sein nun wieder gesellschaftsfähig. Zudem haben nun auch kleinere Autor:innen und Selfpublisher:innen die Chance, eine breite Masse zu erreichen. 

Auf der Schattenseite steht, dass manchmal auch Bücher gehypet werden, deren Inhalte nicht für alle Altersstufen gleich angemessen sind. Besonders Dark Romance ist sehr beliebt, doch dieses Genre ist auch bekannt für explizite Gewaltdarstellungen und andere Trigger. Zudem bekommen bestimmte Bücher asymmetrisch viel Aufmerksamkeit und andere rücken dadurch in den Hintergrund. 

Insgesamt gilt immer noch: man muss ein Buch einfach selbst lesen, um zu entscheiden, ob es gut ist.


Reisewarnung für die ganze Welt

Und auf dem Mars der Rover sitzt und bellt

Begreift nicht, was die Erde grad befällt

Die Anglerfische tief im Meer erhellen

Ihr sorgenvolles Antlitz. Robben bellen:

Die Warnung gilt nur für die ganze Welt

Doch Gottseidank nicht für die ganzen Wellen

(Clemens Setz, 2024)

Soziale Medien sind ein Ort des Austauschs und der Mittelungen. Längst haben dies auch Dichter:innen für sich entdeckt: ganz ohne direkt ein Buch schreiben zu müssen, können niedrigschwellig kleine Gedichte auf dem eigenen Account hochgeladen werden. Diese Gedichte können sich auf die Beiträge anderer Nutzer:innen, alltägliche Situationen oder auch auf Werbung beziehen, die auf der Plattform geschaltet wurde. Meistens sind sie durch ein Zeichenlimit und einen Algorithmus beschränkt, der beispielsweise anstößige Wörter herausfiltert und den entsprechenden Beitrag meldet.

Die Ausgestaltung ist ansonsten völlig frei und kann von der Autorin oder dem Autoren selbst bestimmt werden: ob Reim oder freie Verse, der Verwendung von Großschreibungen, Emojis oder absichtlichen Falschschreibungen ist völlig ihnen überlassen, solange sie nicht die von den Plattformen vorgegebenen Regeln – Zeichenlimits o.ä. – verletzen.

Einer dieser Online-Poeten ist Clemenz Setz, der 2024 sein Buch Das All im eigenem Fell herausbrachte. Dort beschreibt er die Anfänge seiner Twitter-Poesie und sammelt zum einem seine eigenen Twitter-Gedichte, stellt aber zum anderen auch die Poet:innen vor, die ihn inspiriert haben. Neben Gedichten über Jahreszeiten und aktuellen Begebenheiten wie der Corona-Krise reagiert er häufig auf die Tweets anderer Nutzer:innen, vertont Tarotkarten und Wikihow-Artikel und schreibt Schlagzeilen weiter. Das obige Gedicht beispielsweise ist auf eine Schlagzeile hin entstanden, bei der während der Corona-Krise eine Reisewarnung in Österreich verhängt wurde. Wenn er bei einem Gedicht nicht weiterkam, haben ihm teilweise auch befreundete Autor:innen geholfen und sein Gedicht retweetet, um es weiterzuschreiben.

So kann mit Online-Poesie eine neue Unterkategorie von Lyrik entstehen, die eigenen Regeln folgt und neue Möglichkeiten bietet.

— Susanna Frank