Am 5. Januar wäre Friedrich Dürrenmatt 100 Jahre alt geworden. Die Werke des Schweizer Autors gehören zum festen Kanon an deutschen Schulen, wobei insbesondere die Dramen Der Besuch der alten Dame und Die Physiker gerne und oft behandelt werden. Beide Texte waren bereits bei ihrer Veröffentlichung sehr erfolgreich, vor allem aber haben die moralischen Fragen und Probleme, die in den Dramen aufgeworfen werden, nichts von ihrer Aktualität eingebüßt.
Dürrenmatts Produktivität wird diese enge Auswahl nicht gerecht, sein Gesamtwerk umfasst über 30 Dramen, Erzählungen und Hörspielen. Sein runder Geburtstag ist daher ein guter Anlass, weitere Texte des Schriftstellers in den schulischen Fokus zu rücken. Für einen medienverbindenden Unterricht dabei besonders spannend: Viele seiner Stoffe existieren in unterschiedlichen Versionen.
Ein Beispiel dafür ist Die Panne, ein auf einer Erzählung basierendes Hörspiel, das später sowohl eine Adaption für das Fernsehen als auch für das Theater erfuhr. Sämtliche Fassungen wurden von Dürrenmatt selbst oder unter seiner Mitarbeit verfasst. Der Plot ist schnell zusammengefasst und kann hier nachgelesen werden. Auf Grundlage dieser noch möglichen Geschichte – so der Untertitel der Erzählung – kann man sich im Unterricht vor allem mit der Frage nach individueller Schuld und Verantwortung beschäftigen.
Die verschiedenen Bearbeitungen des Stoffes bieten sich für einen Vergleich im Unterricht an. Neben den eindeutigen Parallelen sind es vor allem die Unterschiede, über die es sich zu sprechen lohnt. Neben gattungsspezifischen Phänomenen rückt dabei vor allem das Ende in den Mittelpunkt. Je nach Fassung überlebt der Protagonist oder begeht auf die eine oder andere Weise, von Schuldgefühlen geplagt, Suizid.
Doch auch über dieses Beispiel hinaus bieten sich viele Texte Dürrenmatts zur Lektüre an, verbinden sie doch einen kritischen Blick auf Gesellschaft und Individuum mit einer ironischen und humorvollen Sprache.
Joachim Kern