Für den Austausch fachwissenschaftlicher Themen, Fragestellungen und Methoden wurde ausgehend von den Beständen des Tanzarchivs Leipzig bereits eine Vielzahl von Tagungen, Symposien und Konferenzen veranstaltet, die sich mit besonderen Programmpunkten stets auch an die tanzinteressierte Öffentlichkeit wandten und deren Ergebnisse in der Regel durch Publikationen dokumentiert sind.
Tanz in Bildern – Plurale Konstellationen der Fotografie
Virtuelle Videokonferenz vom 28.01. – 30.01.2021
Gelagert in Kartons, versammelt in Mappen und Alben, gedruckt oder digitalisiert in Arrangements, Sequenzen und Serien – fotografische Dokumente begegnen uns selten allein. In besonderer Weise gilt dies für Tanzfotografien, die durch das Motiv der Bewegung dazu prädestiniert sind, in Konstellationen zu erscheinen, sich aufeinander zu beziehen, neben- und miteinander einen Tanz zu beginnen.
Die Tagung widmete sich diesen pluralen Konstellationen der Tanzfotografie im Hinblick auf Wechselverhältnisse von Bild und Bewegung, die in einem hohen Maße unsere Vorstellung des modernen Tanzes geprägt haben. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts fand Tanzfotografie durch verschiedene Publikationsmedien eine rasch zunehmende Verbreitung: in Büchern und Bildmappen, auf Postkarten und Plakaten, in Sammelalben oder in Scrapbooks, in Tageszeitungen und Zeitschriften. Solche Erscheinungsformen, in denen jeweils spezifische Bilder von Bewegung angelegt sind, sollen aus tanz- und fototheoretischer Perspektive betrachtet und im Kontext einer historiografischen Auseinandersetzung mit analogen und digitalen Bildarchiven des Tanzes diskutiert werden.
Ausgewählte Exponate aus den Beständen des Tanzarchiv Leipzig – seit 2012 in den Sondersammlungen der Leipziger Universitätsbibliothek Albertina – wurden in die Tagung miteinbezogen.
Perspektiven der Digital Humanities in der Tanz- und Theaterforschung
Online-Workshop am 09.01.2021 von 10.00-15.00 Uhr
Digital Humanities ist seit einigen Jahren ein Sammelbegriff für Initiativen und Angebote, auch an der Universität Leipzig, die zur Etablierung digitaler Arbeitsweisen und Netzwerke in der geisteswissenschaftlichen Forschung und Lehre dienen. Das Spektrum reicht von der Verknüpfung diverser Datenbanken (mithilfe verbesserter Web-Seiten und Suchfunktionen) über die Integration digitaler Tools in Forschungsprojekten und Lehrveranstaltungen bis hin zu neuen Studiengängen, die Kompetenzen im Umgang mit Daten auch an Studierende vermitteln. In den Geisteswissenschaften liegt der Fokus hierfür bisher auf der digitalen Auswertung von Texten aller Art. Hinzu kommt die Verbesserung der digitalen Infrastruktur von Sammlungen und Archiven, die für kunst- und musikwissenschaftliche Fächer von besonderer Bedeutung sind. Auch in der Theaterwissenschaft spielen diese Tendenzen eine wachsende Rolle. Allerdings zählt es zu den Besonderheiten unseres Fachs, dass es mit dem Gegenstand Theater (einschließlich Tanz und Performance) vor allem um szenische Ereignisse und kulturelle Praktiken geht, die sich nur teilweise und indirekt in „Werken“ (und darauf bezogenen Texten, Dokumenten etc.) manifestieren. Wie also könnte eine zukünftig auch „digitale Theaterwissenschaft“ aussehen?
Der auf studentische Initiative hin am Institut für Theaterwissenschaft organisierte Workshop soll Chancen und Herausforderungen des Digitalen im Austausch informationstechnischer und fachspezifischer Fragestellungen ausloten (auch als Auftakt für weitere Veranstaltungen dieser Art). Dazu haben Experten und Studierende der Digital Humanities – im Dialog mit Lehrenden des Instituts – einige aktuelle Projekte und Abschlussarbeiten vorgestellt.
Körper/Politik: Tanzformen, Institutionen und Akteure in der DDR (13.–15.11.2014)
Die Tagung thematisierte das komplexe Gefüge unterschiedlicher Praktiken, Interessen und Ideologien, die zwischen Eliteförderung, Volkskunst und Massenkultur die Tanzlandschaft der DDR auszeichnete in einer doppelten Perspektive. Gefragt wurde einerseits nach einer spezifischen Körperpolitik des Tanzes in der DDR: Wie wurde die neue sozialistische Ordnung und Gemeinschaft verkörpert? Welche Rolle spielten staatliche Vorgaben für die Ausbildungsinstitute und für die Aufführungspraxis? Andererseits ging es um ein historisch zu differenzierendes Spannungsfeld von Tanzformen, Institutionen und Akteuren, auf dem sich eine Politik der Disziplinierung und Inszenierung von Körpern entfalten konnte. Wie lassen sich Archivmaterialien und Erinnerungen von Zeitzeugen produktiv verknüpfen? In welchem Verhältnis stehen individuelle Erfahrungen zu den körperpolitischen Tendenzen, die sich in unterschiedlichen Phasen der DDR-Geschichte ausgeprägt haben?
Vom 13. bis zum 15. November diskutierten internationale Expert*innen diese Fragen bei der öffentlichen Tagung des vom SMWK geförderten Forschungsprojekts Körperpolitik in der DDR: Tanz-Institutionen zwischen Eliteförderung, Volkskunst und Massenkultur in den Räumen des Instituts für Theaterwissenschaft. Dabei waren auch Zeitzeug*innen eingeladen, über ihre Erfahrungen mit Tanzinstitutionen und -entwicklungen in der DDR zu berichten und mitzudiskutieren.
Body Politics: Rhythmics, Modern Dance and Movement Choirs (03.–04.11.2012)
Das in HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste in Dresden stattfindende Symposion war einerseits der Ausgangspunkt für das Forschungsprojekt Körperpolitik: Disziplinierung und Inszenierung im Kontext von Gymnastik, Ausdruckstanz und Massenchoreographie (2012), andererseits stellte es den Beginn eines künstlerischen Projekts der Performance-Gruppe LIGNA zu Rudolf von Labans Bewegungschören dar. In diesem Sinne fragte die Veranstaltung nach den Impulsen, die von HELLERAU für die Tanzgeschichte und den modernen Tanz ausgingen und danach, ob mit diesen tatsächlich eine Befreiung des Körpers einher ging: Auf welche Weise war die Körperpolitik dieser Zeit zwischen Disziplinierung und Inszenierung verbunden mit einer Vorstellung der Emanzipation des politischen Körpers? Welche Art von Gemeinschaft konstituierten die Bewegungschöre? Welche Rolle spielte hierbei der Amateurtanz? Und: Wie können wir heute angesichts der Geschichte der Massenchoreographien im 20. Jahrhundert mit der Idee der Bewegungschöre im Kontext zeitgenössischer Performance arbeiten?
Archive/Practice (10. –13.12.2009)
Die Tagung stellte den Dialog zwischen der Archivierungsarbeit und der künstlerischen Praxis in den Mittelpunkt. Gemeinsam mit internationalen Expert*innen wurden Perspektiven der Archivpraxis im Bereich von Tanz und Performance diskutiert, insbesondere im Hinblick auf aktuelle Entwicklungen in den Bereichen Digitalisierung und Re-enactment/Rekonstruktion. Mit Vorträgen, Präsentationen, Gesprächsrunden und Aufführungen stand der Transfer zwischen Archivarbeit, wissenschaftlicher Forschung und künstlerischer Praxis im Vordergrund. Gezeigt wurden u.a. Arbeiten von Fabian Barba, Artistwin, Ivana Müller und LIGNA sowie eine von Britta Wirthmüller mit Studierenden der Theaterwissenschaft Leipzig erarbeitete neue Version von Thomas Lehmens SCHREIBSTÜCK. Die Tagung war eine Kooperation des Tanzarchives Leipzig mit dem Verbund Deutsche Tanzarchive (VDT), dem Institut für Theaterwissenschaft der Universität Leipzig, dem Festspielhaus HELLERAU und dem LOFFT.
Zum Themenkreis der Tagung fand außerdem von April 2009 bis Juli 2010 jeweils während des Semesters die Reihe Tanz-Archiv-Labor statt, in deren Mittelpunkt die künstlerische Praxis von Tanz und Performance sowie die Arbeit des Archivs und ihre theoretische Reflexion standen. Geschichte und Gegenwart von Tanz, Körperkultur und Performance wurden durch die eingeladenen Künstler*innen und Wissenschaftler*nnen jeweils auf ihre zeitgeschichtliche Dimension hin befragt.