„Volkstanzen in der DDR“ – Vorträge und Gespräch mit Dr. Theresa Jacobs und Dr. Melanie Gruß

um 18 Uhr im Vortragssaal der Bibliotheca Albertina, Beethovenstr. 6, 04107 Leipzig

Begrifflich ist „Volkstanz“ eine Wortschöpfung des 18. Jahrhunderts (angelehnt an Johann Gottfried Herders Idee vom „Volkslied“), die eigentlich erst im 19. Jahrhundert gebräuchlich wurde und den Begriff „Nationaltanz“ ersetzte. Damit steht Volkstanz in engem Bezug zu den Aushandlungsprozessen eines modernen Verständnisses von Volk, Nation und Identität seit der Aufklärung. Als tänzerische und kulturelle Praxis war und ist Volkstanzen immer in gesellschaftlichen Diskursen und Kontexten verankert und gestaltet diese gleichzeitig mit. Volkstanz ist sozial hergestellt und wirkt gemeinschaftsstiftend, d.h. er konstituiert, bestätigt und repräsentiert Gemeinschaft. 

Volkstanzfest Rudolstadt 1958, Foto: Groß, Tanzarchiv Leipzig

Am Beispiel des sorbischen und deutschen Volkstanzes sowie deren politischer Instrumentalisierung in der DDR spüren die beiden Referentinnen in einer materialreichen Präsentation der Frage nach der Konstituierung kollektiver Identitäten im Volkstanz nach. Das dabei entfaltete Spektrum von gelebter Tanzpraxis, inszenierter Bühnentanzkunst und staatlich kontrollierter Leistungsschau eröffnet vielfache Perspektiven auf die Frage nach einem „kulturellen (Tanz)Erbe“. Wer waren die jeweiligen Akteur*innen, welche Elemente und Formen wurden aufgegriffen und fanden wiederum Eingang ins Archiv, um zur Traditionsbildung beizutragen? Was wurde dabei ausgegrenzt und bleibt als Lücke im Archiv, aber vielleicht dennoch im Alltag der Menschen? Mit dem anschließenden Gespräch wird in diesem Sinne auch ganz persönlichen Erfahrungen der Gäste Raum gegeben und zum gemeinsamen Austausch eingeladen.

Weitere Informationen