Forschungsschwerpunkte
Variationslinguistik
Sprachliche Variation steht auch immer in einem sozialen Kontext. Schon meine Dissertation untersucht neben den traditionellen, soziolinguistischen Faktoren auch Spracheinstellungen. Klassisch soziolinguistisch sind die Projekte zu Sprachschichten in Bern sowie 'Sprachliche Varietäten in der Stadt Bern und was die Sprecher davon halten' ein Aufsatz zur Einstellung von Deutschschweizern in Leipzig und die aktuellen Projekte zur Stadtsprache Leipzigs und zum Sächsischen, während die Arbeiten zur Einstellungen wie auch die Analysen von Code-Switching im Chat und besonderders zur Anlyse individuellen Sprachverhaltens im Chat, zur "Individuellen Variation im Lebenslauf" wie die zur Varietätenwahl durch Sprecher in den Sprachinseln auf den Jurahöhen eine deutlich erweiterte, variationslinguistische Ausrichtung haben.
Lifespan change – Sprachliche Variation im Lebenslauf
Die 'klassischen' variationslinguistischen Arbeiten untersuchen die Sprache von Sprachgemeinschaften und deren Teilgruppen, mit apparent-time-Ansätzen werden ältere und jüngere Sprecher:innen verglichen und aus den Unterschieden Hinweise für Sprachwandel abgeleitet. Sprachwandel wird auch im Vergleich älterer mit neueren Aufnahmen untersucht. Beide Zugänge habe ich in vielen meiner Arbeiten verfolgt. Was wir aber noch wenig kennen, ist die Variation, die ein Individuum im Verlauf seines Lebens durchmacht, wofür sich im Englischen der Begriff lifespan change eingebürgert hat. Das Thema beschäftigt mich schon lange und nach einem ersten Aufsatz von 2003 noch zur Sprache in Aarau, habe ich in Leipzig begonnen das Thema zu intensivieren. Somuel Felder hat 2022 seine bei mir abgeschlossene Dissertation zur Akkommodation von Chatter:innen in WhatsApp-Chats publiziert, die über das SNF-Projekt Individuen in der WhatsApp-Kommunikation" finanziert wurde. Seit Sommer 2024 fördert nun die DFG mein Projekt "Individuelle Variation im Lebenslauf". In diesem Projekt kann ich mit meinem Mitarbeiter Simon Oppermann die Sprache der Tierpfleger:innen im Leipziger Zoo untersuchen, welche der MDR in der Docusoap "Elefant, Tiger & CO." in letzten 20 Jahre aufgenommen hat.
Neue Medien
Eine umfangreiche Sammlung zur Mundartverwendung in Schweizer Chaträumenwurde in Bezug auf unterschiedliche Fragestellungen mit korpuslinguistischen und gesprächsanalytischen Methoden ausgewertet. Auf der Aufsatz-Seite sind einige Texte zugänglich, die dialektologische und grammatische Aspekte sowie Code-Switching behandeln. Seit Mitte des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts schwindet aber die Beliebtheit des klassischen IRC und auch des Webchats – der bis 2009 untersuchte bluewin-Chat und auch andere IRC-Netze sind auch geschlossen worden. An die Stelle des IRC treten neue Kommunikationsformen und -plattformen wie facebook oder auch twitter. Auch SMS-Kommunikation erfährt z.Z. mit dem Wechsel vom Handy zum Smartphone einen technologischen Wandel, der sich in der unterschiedlichen Sprachform niederschlägt. Von Feb. 2012 bis Mai 2015 finanzierte der SNF ein Projekt zur Mehrsprachigkeit der SMS-Kommunikation. Aktuell ist ein Projekt zur WhatsApp-Daten in Deutschland und der Schweiz, wobei letzteres von 2016 bis 2020 mit dem Fokus auf die individuelle Variation widerum vom SNF finanziert wurde.
Prosodie
Prosodie ist der am wenigsten untersuchte Teil des Sprachsystems, weil Untersuchungsmethoden erst seit wenigen Jahren allgemein verbreitet sind. Meine Forschung in diesem Bereich steht in einen intensiven Zusammenhang mit Sprachsynthese und Dialektologie. Ein Nationalfonds-Forschungsprojekt hat auf Arbeiten zur Sprachsynthese aufgebaut und machte sie für die variationslinguistische Ansätze nutzbar. Die Untersuchung der Sprechgeschwindigkeit im Projekt SpuRD steht ebenfalls in diesem Zusammenhang und verdeutlicht mein Interesse an der zeitlichen Ebene der Prosodie. Das SpuRD-Projekt wurde von 2018 bis 2022 von der DFG finanziert. Auch im Sächsischen scheint die Prosodie ein wesentlicher Faktor linguistischer Strukturierung darzustellen.
Dialektologie
Schwerpunkt der Arbeit ist die Auseinandersetzung mit der gesprochenen Sprache. In der Deutschschweiz sind dies die Dialekte. Somit bildet die Dialektologie in phonetischer, morphologischer, soziolinguistischer und sprachhistorischer Ausrichtung das Zentrum meiner Arbeit. In Leipzig ist nun das weitere Spektrum der gesprochenen Sprache zwischen Standard und Basisdialekt ins Zentrum gerückt (z.B. im Aufsatz zur Vokalerealisierung in Leipzig). Wichtiger werden mit dieser anderen Sprachsituation auch situative Aspekte, damit wird der Wechsel von der Dialektologie zur Variationslinguistik sehr deutlich.
Die Dissertation (publiziert 2000) untersucht Variation und Sprachwandel in der Mundart von Aarau im Spannungsfeld zwischen Zürichdeutsch und Berndeutsch. Dabei werden nicht nur ausgewählte Aspekte, sondern das gesamte Laut- und Formensystem der Mundart untersucht. Die Arbeit bietet eine umfassende variationslinguistische Ortsgrammatik. Statistische Ansätze ermöglichen eine neuartige Strukturierung divergierender Sprachwandelaspekte. Variation wird in Bezug gesetzt zur Einstellung der Gewährsleute zu den Nachbarmundarten. Die Arbeit zeigt, dass die Zielmundart des Sprachwandels nicht einfach positiver beurteilt wird, es besteht ein differenziertes Wechselspiel von Mundartwandel und Einstellung.
Ein Projekt zu Sprachschichten im Berndeutschen zeigt die verschiedenen sozial markierten Varietäten in der Stadt Bern. Dazu die Arbeit zur Einschätzung der berndeutschen Soziolekte 'Sprachliche Varietäten in der Stadt Bern und was die Sprecher davon halten'.
In diesen Themenbereich gehört auch eine Arbeit zur Sprache und Sprachsituation der deutschen Sprachinseln auf den Jurahöhen im Berner Jura und Kanton Jura, wie auch die Untersuchung zur Sprachgeographie im Raum Bern.
Untersuchung zur Variation der geschriebenen Mundart im Chat.
Mehrere kleine Arbeiten zu Strukturierung von Sprachvariation (pdf-Dateien sind von der Publikationen-Seite herunterzuladen).
Varietäten in der deutschen Schweiz
Neben den klassischen dialektalen Varietäten sind weitere Varietäten zu beachten, so das Schweizerhochdeutsche und dessen areale Variation wie auch das Neben- und Miteinander der Varietäten. Eine umfangreiche korpuslinguistische und konversationsanalytische Untersuchung zeigt das Code-Switching in Schweizer IRC-Chaträumen. Daneben behandelt ein Aufsatz Lernervarietäten von Nichtdeutschsprachigen in der Deutschschweiz.