Bestandsaufnahme deutscher Toleranz: Das Gedicht der häufig vergessenen afrodeutschen Autorin May Ayim schlägt einen Bogen von der Reichskristallnacht 1938 zu rechtsextremen Anschlägen in der wiedervereinigten BRD Anfang der 90er Jahre. Durch Wiederholung verdeutlicht das Gedicht nicht nur die anhaltende Schuld rassistischer Täter, sondern auch derjenigen, die „heimlich gegafft“ haben. Der reale Mord an Amadeu Antonio 1990 wird noch zynisch mit dem Wort „Einzelfall“ eingeleitet, nur um dies im Fortgang des Gedichts eindeutig zu revidieren.

Das Gedicht regt dazu an, sich mit der deutschen Geschichte der 1930er und 90er Jahre zu beschäftigen und ist daher auch für den fächerverbindenden Unterricht mit Geschichte geeignet. Zugleich lädt der Stil und die Sprache zu einer intensiven literarischen Analyse ein.

Lyrik · 1995