Gegengeschichte
– Dissidente Diskurse über die Gewalterfahrungen
im Zweiten Weltkrieg im Ostmitteleuropa der 80er Jahre
Ein
gemeinsames Projekt der Societas Jablonoviana und
des Historischen Instituts der Universität Warschau
Im
Rahmen des Programms

Verantwortlich:
Stephan Stach M.A.
c/o Societas Jablonoviana
Universität
Leipzig
Ritterstr. 26,
D-04109 Leipzig
stach@uni-leipzig.de |
mgr. Katarzyna Chimiak
Instytut Historyczny
niwersytet Warszawski
Krakowskie Przedmiescie 26/28
PL 00-927 Warszawa
k.chimiak@op.pl |
Peter
Hallama Mag.phil.
Senserstraße 6
D-1371 München
peter.hallama@gmx.at
|
Fragestellung
Ziel
des Projektes ist zu untersuchen, wie die Oppositionen in den Ländern des
ehemaligen Ostblocks in den 80er Jahren eigene Geschichtsbilder
entwickelten, die denen der jeweiligen Regime widersprachen. Kernpunkt
sollen dabei die Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges bzw. der Zeit kurz
davor und kurz danach sein, da es gerade die Ereignisse des Zweiten
Weltkrieges waren, die den kommunistischen Staaten zur
Herrschaftslegitimation dienten. Dies äußerte sich in Form staatlichen
Antifaschismus oder der Hervorhebung der Rolle der Sowjetunion, der Roten
Armee und der kommunistischen Bewegung bei der Befreiung vom
Nationalsozialismus. Spätestens in den 80er Jahren reagierten die
Oppositionsbewegungen in den jeweiligen Ländern auf diese Vereinnahmung
in Form einer eigenen Interpretation und Aneignung der Geschichte, was
sich an Debatten in Zeitschriften, Sammelbänden und Monographien des Samizdat
/ drugi obieg oder auch an eigenen unabhängigen Gedenkfeiern für
staatlich verschwiegene bzw. vereinnahmte Ereignisse zeigt. Vor dem
Hintergrund der These von der „Rückkehr der Geschichte“ nach
dem Fall des Kommunismus in den Staaten des ehemaligen Ostblocks soll hier
gezeigt werden, dass die teilweise erbitterten geschichtspolitischen
Debatten nach dem Untergang des Kommunismus ihre Wurzel bereits in den
80er Jahren haben, letztlich, dass die Geschichte nicht „zurückkehrte“
sondern „nur“ wieder sichtbarer wurde.
Zu
den Untersuchungsgegenständen soll etwa der Aufstand im Warschauer Ghetto
gehören, der seit den Anfängen der Volksrepublik Polen staatlicherseits
politisch vereinnahmt wurde. Zum 40. und 45. Jahrestag 1983 und 1988
veranstaltete die Solidarno¶æ jedoch eigene Gedenkfeiern, um sich dieser
Instrumentalisierung zu widersetzen. Ähnliche Ansätze gab es 1988 in der
DDR anlässlich des 50. Jahrestages der Reichspogromnacht, auch dieses
Beispiel soll näher untersucht werden. Die Auseinandersetzung mit jüdischer
Geschichte und dem Holocaust war auch im tschechischen Samizdat präsent.
Teilweise in Anknüpfung an die Entwicklungen in den 60er Jahren wurde
hier beispielsweise an das Ghetto Theresienstadt erinnert, wohingegen im
staatlichen Vergangenheitsnarrativ „Theresienstadt“ allein für
die Kleine Festung und die politischen (kommunistischen) Häftlinge stand.
Weitere Themen, die von den Teilnehmern erarbeitet und untersucht werden
sollen, sind z.B. die Rezeption des Widerstands gegen den
Nationalsozialismus bzw. die deutsche Besatzung, des Hitler-Stalin-Pakts
oder der Vertreibungen.
Ziel
der Analyse ist es festzustellen, wie die Nachkriegsgeneration in der DDR,
der Volksrepublik Polen und der Tschechoslowakei eine eigene Deutung der
Gewalterfahrungen des Zweiten Weltkriegs konstruierte und debattierte,
inwiefern sich diese vom offiziellen Geschichtsbild abhob oder gar in
direkte Opposition dazu geriet und – in Form eines Ausblicks –
inwieweit sich dies auf historische Debatten nach 1989 auswirkte.
Realisierungsschritte
Die
Teilnehmer der Projektgruppe übernehmen die Bearbeitung je eines
Teilaspekts, also ein konkretes Ereignis (Reichspogromnacht,
Ghettoaufstand etc.) oder ein Medium der Debatte (eine
Samizdat-Zeitschrift, literarische Quellen aus der Zeit etc.). Zu Beginn
des Bearbeitungszeitraums findet ein erster Workshop statt, der methodisch
orientiert ist und der Einführung ins Thema dient. Zu einem zweiten
Workshop sollen Wissenschaftler aus den beteiligten sowie externen
Institutionen für Vorträge und Seminare gewonnen werden. Ziel soll es
sein, Zugänge zu den Quellen und dem historischen Rahmen zu vermitteln.
Auch sollen die Teilnehmer skizzenhaft ihre Einzelprojekte vorstellen und
in der Diskussion inhaltlich schärfen.
Am
Ende des Bearbeitungszeitraumes sollen die Ergebnisse in einem öffentlichen
Abschlussworkshop vorgestellt und diskutiert werden.
Öffentliche
Präsentation
10.
September 2009 19:00 Uhr
Polnischen Institut Leipzig, Markt 10
„Gegengeschichte
– oppositionelle Geschichtsbilder in Volksrepublik Polen, der
ÈSSR und der DDR.“
Die Zeitzeugen Stephan Bickhardt (Leipzig), Andrzej Rosner
(Warschau) und Vilém Preèan (Prag) diskutieren über Beweggründe, Rahmenbedingungen
und Formen der oppositionellen Beschäftigung mit Geschichte.
Es moderiert Andrea Genest (Zentrum für Zeithistorische Forschung
Potsdam)
29.
Oktober 2009 16:00 Uhr
Zentrum für Historische Forschung der
Polnischen Akademie der Wissenschaften, Berlin, Majakowskiring 47
„Gegengeschichte
– Dissidente Diskurse über Zweiten Weltkrieg und Holocaust im
Ostmitteleuropa der 80er Jahre“ Abschlusspräsentation
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