Stadtberndeutsch Sprachschichten einst und jetzt

Beat Siebenhaar


Welche dieser Stufen können gezeigt werden?

Diese schemenhafte Darstellung zeigt die Grundzüge der Entwicklung des Sprachbewusstseins, wobei es jeweils immer Vorläufer und Nachzügler gibt. Schon Heinrich Baumgartner (1940) weist darauf hin, dass vor allem die Oberschicht das Bestreben hat, die Sprache zu bewahren. Die eingesessene Unterschicht zeigt ein weniger reflektiertes Festhalten an älteren Sprachformen, während Mittelschicht und Zugezogene, die zwischen Assimilation und alter Heimat schwanken, die größte Labilität und die meisten Neuerungen zeigen. Diese Verteilung spiegelt sich auch in den vorliegenden Aufnahmen: Rudolf von Fischer und J. Harald Wäber haben noch ein ausgeprägtes Bewusstsein für die verschiedenen Sprachformen, sie pflegen das burgerliche Stadtberndeutsch, auch wenn man damit manchmal anstößt, wie das J. Harald Wäber mehrmals bemerkt. Bei den Sprechern aus dem ehemaligen Unterschichtsquartier, der Matte, ist das Bewusstsein für die eigene 'normale' Sprachform weniger ausgeprägt, wie Fredi Küenzi das ausdrückt "Für üüs isch das Bäärdütsch gsi". Jedoch hat das Mattenenglische für sie einen Sonderstatus, zudem ist das Kirchenfeld-l, das nicht vokalisierte l der Oberschichtssprache, bekannt und natürlich die Differenzen zu anderen Berner Mundarten, wie Seeländer oder Emmentaler Mundarten. Die Sprecher der Mittelschicht differenzieren weniger. Im Interview mit Andi Hug werden Elemente von heutigen Gruppensprachen thematisiert. Diese inhaltlichen Aspekte widerspiegeln sich auch in der Sprache selbst.