Eintauchen in die Vergangenheit an einem der wichtigsten Orte des Judentums: Die Klagemauer, eigentlich eine Außenmauer des Tempels in Jerusalem, gehört zu den zentralen Bezugsorten des jüdischen Glaubens. Hier gedenken Jüdinnen und Juden aus aller Welt der Zerstörung des Tempels und der Zerstreuung jüdischen Lebens über die ganze Welt. Das Gedicht nähert sich diesem heiligen Ort zuerst nur vorsichtig: es beschreibt einen Spielort, den Kinder sich (bei der Klagemauer?) für ihre Puppe geschaffen haben. Doch als das Ich des Gedichts den Spielort so betrachtet, „wie Kinder sehen“, erscheinen plötzlich ein galizisches Ghetto, der Perserkönig Kyros und die Römer, die den Tempel mit ihren Belagerungsmaschinen zerstören.

„Atem. Klagemauer, Jerusalem“ steht in einer Reihe von Jerusalem-Gedichten und sollte durch Informationen über die Geschichte und Gegenwart der Stadt begleitet werden. Das Gedicht eignet sich auch für die Lektüre in Religion/Ethik sowie für fächerverbindende Projekte mit Geschichte oder GRW. Nora Bossong wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Peter-Huchel-Preis, dem Thomas-Mann-Preis und dem Joseph-Breitbach-Preis.

Lyrik · 2018