Grundlagen für die Unterrichtsplanung und -durchführung im Rahmen der Schulpraktischen Studien
1. Die Phasierung von Unterricht
2. Unterrichtsentwürfe
Grundsätzliches zu den Unterrichtsentwürfen
Aufbau von Unterrichtsentwürfen in "Langform"
Aufbau von Unterrichtsentwürfen in "Kurzform"
3. Prinzipien für die Unterrichtsdurchführung
4. Anhang: Ein Phasenmodell für den Literaturunterricht
5. Anhang: Beispiel für einen Unterrichtsentwurf in "Langform"
1. Die Phasierung von Unterricht
Unterricht soll ein Prozess sein, der eine sinnvolle Strukturierung aufweist. Deshalb ist es notwendig, den Unterricht in unterschiedliche Phasen / Stufen zu gliedern. Die allgemeine Didaktik schlägt für eine solche Phasierung unterschiedliche Modelle vor. Die folgende Zusammenstellung erfolgt auf der Grundlage von Klaus Prange: Bauformen des Unterrichts. Eine Didaktik für Lehrer. 2. Aufl. Regensburg 1986.
Die verschiedenen Phasen des Unterrichts sollen für die Schüler durchaus als solche 'markiert' werden. Dabei ist insbesondere auf passende Überleitungen zwischen den Phasen zu achten.
1. Einstieg (Ausgangsstufe)
Der Einstieg kann unterschiedliche Funktionen erfüllen. Mindestens soll er
a) zum Thema hinführen
b) die Schüler motivieren (sie zu einer Lerngruppe versammeln, ihre Aufmerksamkeit richten und gegen anderes abschirmen).
Außerdem soll der Einstieg evtl.
c) Vorkenntnisse mobilisieren / den Zusammenhang mit dem bisherigen Fühlen und Denken festigen (für den Literaturunterricht ist diese Funktion allerdings häufig problematisch).
Einstiege weisen drei Varianten auf:
a) Zielangabe (informierender Einstieg; den Schülern werden Thema und Ziel des Unterrichts genannt, ggf. auch demonstriert)
b) Problemstellung (problematisierender Einstieg, die Schüler erkennen an einem passenden Material, z. B. einem Text oder einer Karikatur, selbst ein Problem / eine Fragestellung, das / die sie im weiteren Verlauf des Unterrichts bearbeiten / beantworten)
c) Einstimmung (den Schülern wird ein Material, z. B. ein Bild oder eine Lehrererzählung, dargeboten, das sie an das Thema des Unterrichts heranführt und dabei ihre kognitiven und emotionalen Voreinstellungen zu dem Thema aktiviert).
Der 'problematisierende Einstieg' kann deshalb in vielen Fällen als besonders geeignet gelten, weil die Schüler im Unterricht nach Möglichkeit selbstständig problemlösend arbeiten sollen.
Alle drei Arten des Einstieges können an eine Besprechung der Hausaufgabe oder eine Wiederholung anschließen.
Sie schließen sich gegenseitig nicht aus, häufig werden unterschiedliche Arten des Einstieges miteinander verbunden, z. B. die Problemstellung mit einer Zielangabe oder die Einstimmung mit einer Problemstellung.
Einstiege erfolgen in der Regel (aber nicht immer) im Unterrichtsgespräch oder durch Lehrervortrag, häufig mit Hilfe von Medien wie Tafel oder Overheadprojektor.
2. Erarbeitung (Erweiterungsstufe)
In der Erarbeitung soll ein Thema oder Problem von den Schülern in möglichst selbstständiger Weise erarbeitet bzw. gelöst werden.
Die Erarbeitung kann in Teilphasen (Erarbeitung I, Erarbeitung II ...) untergliedert werden. Sie kann mit Hilfe von unterschiedlichen Methoden (z. B. Textanalyse, Handlungs- und produktionsorientierter Unterricht), Sozialformen (Unterrichtsgespräch, Einzel-, Partner-, Gruppenarbeit, Lehrer-/Schülervortrag) und Medien (z. B. Papier, Tafel, Overheadprojektor, PC, DVD-Spieler) ausgeführt werden.
3. Ergebnissicherung (Ergebnisstufe)
Die Ergebnissicherung erfolgt 'klassisch' durch das Erstellen eines Tafelbildes durch den Lehrer, insbesondere für ältere Schüler sind aber auch andere Varianten möglich (z. B. Ergebnissicherung durch Arbeitsgruppen auf Folie). In der Regel nicht geeignet ist das Austeilen einer vorgefertigten Ergebnissicherung durch den Lehrer.
4. Übung / Anwendung oder Transfer (Anschlussstufe)
In vielen Fällen ist es wünschenswert, dass die Schüler das in den vorangehenden Phasen an einem bestimmten Material Gelernte (z. B. eine Regel der Grammatik oder Rechtschreibung) noch in derselben Stunde auf weitere Materialien (z. B. Texte) anwenden und das Gelernte dabei üben. Wenn das Gelernte bei der Anwendung verändert werden muss, leisten die Schüler statt einer Anwendung einen Transfer.
2. Unterrichtsentwürfe
2.1. Grundsätzliches zu den Unterrichtsentwürfen
Der Zusammenhang von Planung, Durchführung und Reflexion von Unterricht gilt in der Didaktik als besonders wichtig. Zugleich verdienen diese drei Phasen je für sich Aufmerksamkeit. Die Planung von Unterricht steht dabei im Zentrum; vor allem durch die Planung werden die wesentlichen Entscheidungen für den Unterricht getroffen, und die Durchführung und Reflexion von Unterricht sind in hohem Maße auf seine Planung bezogen.
Für die Planung einer Unterrichtsstunde oder -sequenz sind didaktische und unterrichtsorganisatorische Entscheidungen auf der Grundlage einer Darstellung von Ausgangsbedingungen des Unterrichts und einer Sachanalyse des Themas zu treffen. Die schriftliche Planung fasst diese Aspekte in einem Unterrichtsentwurf zusammen, der nach einem bestimmten Muster aufgebaut ist. Vorliegende Modelle für Unterrichtsentwürfe unterscheiden sich in vielen Einzelheiten; grundlegend sind sie jedoch nach demselben Strukturprinzip konstruiert: Auf die Darstellung der Ausgangsbedingungen folgt eine didaktische Reflexion unter Bezug auf eine Sachanalyse des Themas, und anschließend wird der geplante Unterrichtsverlauf unter Berücksichtigung methodischer Entscheidungen dargestellt. Diese einzelnen Elemente des Unterrichtsentwurfes stehen in Wechselwirkung miteinander bzw. sollen in enger Weise miteinander 'verzahnt' werden.
Ein Unterrichtsentwurf ist zumal für 'Anfänger' eine wesentliche und unentbehrliche Hilfe für die Durchführung von Unterricht. Eine bisweilen genannte Gefahr von Unterrichtsentwürfen - dass sie die Auseinandersetzung mit einem Thema zu einer 'verplanten' Tätigkeit ohne angemessenen Freiraum für die Schüler geraten lassen - kann leicht gebannt werden, wenn das Prinzip eines möglichst selbstständigen Lernens beachtet wird und wenn zudem Alternativen für die Unterrichtsgestaltung eingeplant werden.
Schriftliche Unterrichtsentwürfe gibt es in Lang-/Normal- und in Kurzform. Die Langform berücksichtigt alle relevanten Aspekte der Unterrichtsplanung, während sich die Kurzform auf eine Angabe von Lernzielen und des Unterrichtszusammenhanges sowie eine knappe Übersicht über den Unterrichtsverlauf konzentriert. Diese Konzentration kann z. B. angebracht sein, wenn grundlegende Überlegungen zur Begründung und Sachanalyse des Themas im Rahmen der Planung einer Unterrichtssequenz bereits erfolgt sind. Die Kurzform hat sich außerdem für den 'alltäglichen' Unterricht bewährt, während die Langform in der Praxis ausgewählten Stunden / Sequenzen vorbehalten bleibt.
2.2. Aufbau von Unterrichtsentwürfen in 'Langform'
1. Benennung des Themas / Einordnung in den Unterrichtszusammenhang
Einleitend werden das Thema der Unterrichtssequenz bzw. der Unterrichtsstunde genannt. Das Thema der Unterrichtsstunde soll möglichst präzise benannt sein und nicht z. B. nur aus der Angabe eines Textes oder eines Lernbereiches bestehen.
In der Planung einer einzelnen Stunde ist die Stunde in den Kontext einer Unterrichtssequenz einzuordnen (mit Nennung der Themen der Sequenz und mindestens der vorangehenden und nachfolgenden Stunde), außerdem wird die Hausaufgabe zur Stunde aufgeführt.
2. Vorstellung der Lerngruppe
Die Lerngruppe wird in knapper Form vorgestellt: Anzahl von Jungen und Mädchen, ggf. Alter der Schüler, Leistungsstärke sowie Sozialverhalten der Lerngruppe und ggf. einzelner Schüler; zudem erfolgen Angaben zu den Vorkenntnissen und Fähigkeiten der Lerngruppe, die für die betreffende Unterrichtsstunde relevant sind (z.B. vorhandene Kompetenzen der Figurencharakterisierung). Falls sie für den Unterricht von Bedeutung sind, sollen weitere (z. B. räumliche) Bedingungen des Unterrichts genannt werden.
3. Didaktische Reflexion
In der didaktischen Reflexion werden die Ziele für die Stunde / Sequenz bestimmt. Folgende Schritte bieten sich für die Ermittlung der Ziele an:
3.1. Begründung der Themenwahl (=didaktische Reflexion im engeren Sinn)
Zunächst erfolgt eine Beantwortung der Frage, aus welchem Grund das Unterrichtsthema für die Stunde / Sequenz ausgewählt worden ist. Dabei spielen allgemeine Bildungsziele und fachspezifische (zentrale) Lernziele, die durch Lehrpläne verbindlich vorgegeben oder durch fachdidaktische Modelle vorgeschlagen werden, eine zentrale Rolle. Außerdem sind Interessen der Schüler von Bedeutung. Es genügt aber nicht, die erwähnten Ziele und Interessen einfach zu nennen. Sie sind ggf. unter Bezug auf die zuvor dargestellten Lernvoraussetzungen der Schüler zu spezifizieren. Und vor allem ist zu überlegen, inwiefern sich das gewählte Thema besonders eignet, um den Schülern ein Erreichen der Ziele zu ermöglichen bzw. ihre Interessen zu erfüllen. In Entwürfen zu einzelnen Unterrichtsstunden ist zudem zu reflektieren, welche Funktion das Thema im Rahmen der Unterrichtssequenz erfüllen kann bzw. welchen Beitrag es zum Erreichen der Ziele der Unterrichtssequenz leistet. Im Rahmen dieser Überlegungen wird bereits in allgemeiner Weise das Ziel des Unterrichts genannt. - Eine früher zumeist verlangte Gliederung in eine allgemeindidaktische und eine fachdidaktische Begründung ist in den meisten Fällen kaum in klarer Weise möglich und deshalb verzichtbar.
3.2. Sachanalyse
In der Sachanalyse wird das Thema der Unterrichtsstunde fachwissenschaftlich erschlossen. Für Stunden / Sequenzen zur Textrezeption erfolgt so i. d. R. eine Analyse und Interpretation von Texten bzw. Textpassagen, für Stunden zur Textproduktion ggf. eine Analyse der von den Schülern zu schreibenden Textsorte. Dabei müssen die für das Thema grundlegenden Aspekte berücksichtigt werden. Doch soll eine deutliche Fokussierung auf die Aspekte geleistet werden, die für den Unterricht von Bedeutung sind: Soll z. B. im Unterricht nur ein Textabschnitt bearbeitet werden, dann ist dieser Abschnitt umfassend zu erschließen, eine Analyse und Interpretation des Gesamttextes muss nur kursorisch geleistet werden. Und soll keine Einbeziehung (historischer) Kontexte erfolgen, dann müssen relevante Kontexte nur in sehr knapper Form genannt werden. Die Sachanalyse steht mit der Begründung des Themas in einer engen Wechselwirkung und kann auch vor der Begründung erfolgen, sofern die Bedeutung einzelner Aspekte des Themas für den Unterricht aus der Sachanalyse besonders klar hervorgeht.
3.3. Didaktische Reduktion
Ein Unterrichtsthema bietet in der Regel eine Fülle von wichtigen und weniger wichtigen Aspekten für eine mögliche Erarbeitung. In der didaktischen Reduktion wird die Frage beantwortet, welche von ihnen tatsächlich im Unterricht berücksichtigt werden sollen und welche nicht. Eine Begründung erfolgt v.a. unter Bezug auf die für die Diskussion der Themenwahl herangezogenen Lernziele und Schülerinteressen. Im Rahmen der didaktischen Reduktion soll ggf. auch die Frage nach Textstellen, die für den Unterricht relevant sind, sowie nach zu berücksichtigenden Zusatzmaterialien zu Texten beantwortet werden.
3.4. Angabe von Lernzielen
Aus den bisherigen didaktischen Erörterungen ergeben sich die Lernziele für den Unterricht - und entsprechend soll dieser Abschnitt mit "Aus den bisherigen Überlegungen ergeben sich folgende Lernziele" eingeleitet werden. Lernziele sind in der Regel auf die zur Begründung des Themas herangezogenen Bildungsziele und (zentralen) fachspezifischen Lernziele bezogen - also z. B. auf das Ziel des Textverstehens oder das Ziel der Textproduktion - und differenzieren diese Ziele unter Bezugnahme auf die Sachanalyse.
Die Lernziele werden nach Haupt- und Teillernzielen unterschieden. Nach Möglichkeit sollen nur ein bis zwei Hauptlernziele angegeben werden, damit eine Stunde / Sequenz nicht durch Ziele 'überfrachtet' wird. Die Teillernziele dienen wiederum einer Differenzierung der Hauptlernziele. Auch die Anzahl der Teillernziele soll überschaubar gehalten werden; in der Regel bietet sich die Angabe von drei bis fünf Teillernzielen an. Nach manchen Modellen findet zusätzlich eine Differenzierung der Lernziele nach zu erwerbenden Sach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen statt - wobei aber die Gefahr besteht, dass das zentrale Ziel des Unterrichts nicht deutlich als solches herausgestellt wird.
4. Methodische Reflexion / Verlaufsplanung
4a) In Unterrichtsentwürfen zu Unterrichtssequenzen
Die für die Sequenz hauptsächlich vorgesehenen Methoden, Sozialformen, Arbeits- und Kommunikationstechniken sowie Unterrichtsmedien werden genannt und begründet. Es folgt eine Übersicht über die geplante Sequenz mit Angabe der Termine für Unterrichtsstunden und ihre Themen sowie ggf. der Art der geplanten Leistungsüberprüfung. In einem zweiten Teil des Unterrichtsentwurfes werden dann die Planungen der einzelnen Stunden in Lang- oder Kurzform vorgestellt; außerdem ggf. die Aufgaben für die geplante Leistungsüberprüfung.
4b) In Unterrichtsentwürfen zu einzelnen Unterrichtsstunden
In der Verlaufsplanung (mit methodischer Planung und Phasierung) werden unter Bezug auf die Lernziele der Stunde und die Lernvoraussetzungen der Schüler die gewählten Phasen für den Unterricht mit den geplanten Lehrer- und Schülertätigkeiten sowie die für die einzelnen Phasen gewählten Methoden, Sozialformen und Medien genannt. Insbesondere für 'Anfänger' empfiehlt es sich, im Rahmen der geplanten Lehrertätigkeiten zentrale Impulse bzw. Aufgabenstellungen (insbesondere Überleitungen zwischen den Unterrichtsphasen) zu formulieren. Zudem sind mögliche Verläufe des Unterrichts zu antizipieren und Alternativen zum geplanten Lernweg zu berücksichtigen. Die Einteilung in Phasen folgt i.d.R. allgemeindidaktischen Modellen (z. B. mit den Phasen Einstieg, Erarbeitung, Erörterung bzw. Vertiefung, Ergebnissicherung, ggf. Transfer), für den Unterricht zu literarischen Texten können aber auch Phasenmodelle des Textverstehen im Unterricht herangezogen werden. Die Verlaufsplanung wird zumeist in Form einer Tabelle unter Angabe von Phasen, zentralen Impulsen bzw. Aufgaben, Methoden bzw. Sozialformen und eingeplanter (ungefährer) Dauer der einzelnen Phasen am Ende des Unterrichtsentwurfes zusammengefasst.
5. Literaturverzeichnis und Anlage
Den Abschluss von Stundenentwürfen bilden ein Literaturverzeichnis sowie eine Anlage mit den in der Stunde genutzten Materialien
Überblick: Aufbau eines Unterrichtsentwurfs ('Langform')
1. Thema der Unterrichtsstunde / Unterrichtssequenz
2. Lernvoraussetzungen / Lerngruppe
3. Didaktische Reflexion
3.1 Begründung / Ziel
3.2 Sachanalyse
3.3 Didaktische Reduktion
3.4 Lernziele
4. Methodische Planung / Phasierung
5. Literaturverzeichnis
6. Anlage
6. Reflexion der Stunde / Sequenz
Falls eine Endfassung des Unterrichtsentwurfes erst nach Durchführung der Stunde / Sequenz erstellt wird, kann der Entwurf auch die Reflexion des Unterrichts enthalten. In der Reflexion wird der tatsächliche Unterrichtsverlauf in knapper Form dargestellt. Dabei ist eine Beschränkung auf Abweichungen von der Verlaufsplanung möglich und häufig angemessen. Im Anschluss ist zu überlegen, ob die Lernziele der Stunde / Sequenz erreicht worden sind, welche Gründe ggf. für ein Nichterreichen maßgeblich waren und welche Unterrichtsalternativen im Nachhinein als sinnvoll erscheinen.
Unterrichtsentwürfe im Rahmen eines Praktikums können außerdem eine Darstellung der Erwartungen an das Praktikum und ein persönliches Fazit umfassen.
2.3. Aufbau von Unterrichtsentwürfen in 'Kurzform'
Das folgende Muster bietet einen Vorschlag für den Aufbau von Unterrichtsentwürfen in Kurzform. Dieser Vorschlag ist insbesondere für Anfänger geeignet, weil er die Formulierung von Impulsen bzw. Aufgaben und insbesondere von Überleitungen umfasst. Bei der Durchführung von Unterricht ist darauf zu achten, dass die geplanten Impulse je nach dem tatsächlichen Unterrichtsverlauf evtl. verändert werden müssen. In Ausnahmefällen kann auch eine begründete Abweichung von der geplanten Phasierung notwendig sein. Der geplante (ungefähre) Zeitbedarf für die unterschiedlichen Phasen kann zusätzlich in den Unterrichtsentwurf eingefügt werden.
Name des Unterrichtenden
Klasse
Fachlehrer
Betreuer der Hochschule oder des Ausbildungsseminars (Fachleiter)
Datum
Thema der Stunde
Unterrichtszusammenhang: (Situierung der Stunde in einer Unterrichtseinheit, evtl. Thema der vorangehenden und nachfolgenden Stunde)
Hausaufgabe zur Stunde:
Lernziele:
Die Schüler sollen ............................(Hauptlernziel)
Im Einzelnen sollen sie
................ (Teillernziel)
................ (Teillernziel)
................ (Teillernziel)
Geplanter Unterrichtsverlauf
Phase | erwartete Lehrertätigkeit | erwartete Schülertätigkeit | Methoden, Sozialformen, Medien |
Einstieg | Impuls/ Aufgabe ... | ... | z. B. UG, HPLU, Tafel ... |
Überleitung | ... | ... | ... |
Erarbeitung I | ... | ... | ... |
Überleitung | ... | ... | ... |
... | ... | ... | ... |
3. Prinzipien für die Unterrichtsdurchführung.
3.1. Grundsätzliches zum Unterrichtsgespräch
Darüber hinaus sind für den gelungenen Unterricht Impulse zur Lenkung von Unterrichtsgesprächen i.d.R. von zentraler Bedeutung. Das miteinander Sprechen von Schülern bzw. von Schülern und Lehrer dürfte die wichtigste Tätigkeit im Unterricht überhaupt sein. Dabei ist das Unterrichtsgespräch in den meisten Fällen eine Sozialform des Unterrichts. Für die Arbeit mit literarischen Texten ist das Gespräch aber in vielen Fällen sogar eine zentrale Methode, weil es als ein in hohem Maße lohnender, wenn nicht als 'der' Weg zur Textinterpretation gelten kann.
Das Unterrichtsgespräch ist zumeist ein vom Lehrer gelenktes Gespräch (vom Sonderfall des literarischen Unterrichtsgespräches abgesehen). Anders als mitunter dargestellt ist das gelenkte Unterrichtsgespräch aber durchaus nicht identisch mit dem 'fragend-entwickelnden' Gespräch, das die Schüler durch ein stark lenkendes, kleinschrittiges Vorgehen zu einem zuvor in enger Weise festgelegten Ziel führen soll - ein solches Unterrichtsgespräch ist höchstens ausnahmsweise und in sehr begrenztem Umfang sinnvoll, z. B. wenn in zeitsparender Weise Wissen der Schüler aktiviert werden soll.
Tatsächlich soll das gelenkte Unterrichtsgespräch i. d. R. immer nur so viel wie unbedingt nötig lenken, um den Schülern möglichst selbstständige Erkenntnisse innerhalb eines möglichst weiten Spektrums an Lösungen eines Problems zu ermöglichen. Dazu soll das Gespräch die Schüler
1. auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede ihrer Lösungsansätze mit den Ansätzen der Mitschüler aufmerksam machen;
2. auf Unvereinbarkeiten ihrer Lösungsansätze mit bislang gewonnenen Erkenntnissen hinweisen;
3. auf Informationen bzw. Wissenselemente hinweisen, die sie für ihre Lösungsansätze (noch) berücksichtigen können oder sollen.
Das (zurückhaltend) gelenkte Unterrichtsgespräch beginnt in der Regel mit einem offenen Impuls, z. B. der Frage "Wie hat Euch ... gefallen?" oder "Was meint Ihr zu ...?". Im Folgenden soll der Lehrer das Gespräch moderieren, indem er die Redebeiträge aufruft und Teilzusammenfassungen (einschließlich der Formulierung von noch offenen Fragen) sowie eine abschließende Zusammenfassung des Gespräches vornimmt. Je besser die Kompetenzen der Schüler (relativ zu dem zu bearbeitenden Problem) entwickelt sind, desto mehr kann sich der Lehrer auf eine solche Moderation beschränken.
Häufig sind aber darüber hinaus lenkende Impulse angebracht. Nach Möglichkeit soll der Lehrer dazu Schülerbeiträge aufgreifen, und zwar in der Regel nicht, indem er sie sofort kommentiert oder gar direkt bewertet. Vielmehr sollen eine Reihe von Schülerbeiträgen 'gesammelt' und zusammengefasst werden. Dabei kann der Lehrer Beiträge als besonders interessant, als problematisch oder - was in der Regel für das weitere Gespräch besonders lohnend ist - als untereinander gegensätzlich markieren und die Lerngruppe zu Stellungnahmen aufrufen. Bei zu großer Einseitigkeit der Schülerbeiträge können zusätzlich eigene Impulse des Lehrers notwendig sein, die möglichst offen ausfallen sollen, z. B. indem der Lehrer auf vernachlässigte Ergebnisse einer zuvor geleisteten Untersuchung verweist oder noch nicht berücksichtigte Lösungsmöglichkeiten als Optionen darstellt bzw. spielerisch selbst vertritt. Falls sich Schüler in eindeutig falsche Ansätze einer Problemlösung 'verrennen', muss der Lehrer aber ggf. diese Ansätze auch freundlich, aber bestimmt mit einer angemessenen Begründung zurückweisen.
3.2. Zur Formulierung von Impulsen (für das Unterrichtsgespräch)
Um das (zurückhaltend) gelenkte Unterrichtsgespräch zu steuern, wird der Lehrer immer wieder verschiedene Fragen verwenden, die dazu dienen sollen, die Schüler zu Äußerungen, Vermutungen, Diskussionen über den Sachverhalt anzuregen, und somit seine Klärung zu befördern. Es stehen dem Lehrer verschiedene Arten von Fragen zur Verfügung, die jeweilige Auswahl hängt von der spezifischen Unterrichtssituation ab.
Deshalb erweist es sich als schwierig, konkrete Hinweise auf die Verwendung geeigneter Fragen und Aufgabenstellungen zu geben. Generell sollten zu enge Frageformulierungen, die kaum Spielraum bei der Beantwortung lassen, vermieden werden. Dazu gehören z. B. Entscheidungsfragen "Denkt ihr, dass Siegfried ein Held war?", "Sollte Nathan den Bitten Darjas nachgeben?" (M. Reich-Ranicki antwortete auf die an ihn gestellte Frage "Gibt es Werke von Thomas Mann, die für Sie aus seinem Schaffen herausragen, die Sie vielleicht mit ganz besonderem Vergnügen gelesen haben?" mit "Ja.") Auch Suggestivfragen, die zwei mögliche Antworten bereits vorgeben, lassen nur einen begrenzten Antwortspielraum, z. B. "Hat er richtig gehandelt oder hätte er die Dorfbewohner anhören sollen?" oder "Hat er Recht oder hätte er besser nachgeben sollen?". Eine weitere Art der Fragestellung ist die Alternativfrage, die sich erübrigt, weil sie keine eindeutige Antwort zulässt "Seid ihr fertig oder braucht ihr noch Zeit?" oder "Könnt ihr die Satzglieder bestimmen oder wollt ihr erst noch einmal üben?". Unbedingt vermieden werden sollten die so genannten Kettenfragen, da sie die Schüler verunsichern. Die Schüler wissen dann nicht (mehr), auf welche Frage des Komplexes sie antworten sollen: "Was ist typisch für den Herbst? Was passiert da in der Natur? Welche Witterungserscheinungen kann man im Herbst beobachten?" oder "Wie würdet ihr Hanna als Person beschreiben? Sie ist ja selbstbewusst, wollte ihren eigenen Weg gehen. Ich habe mich gefragt, ob sie dieses Selbstbewusstsein nur vorgibt. Wie seht ihr das?". Bei den Kettenfragen ist die im Komplex zuerst gestellte Frage meist diejenige, die den größten Antwortspielraum lässt, während die Folgefragen im Komplex die Eingangsfrage verengen, oft nur noch einen Teilaspekt beinhalten. Diese Kettenfragen beobachtet man vor allem der Gesprächsführung von 'Anfängern', insbesondere dann, wenn Schülerreaktionen bzw. Schülerantworten nicht umgehend erfolgen. Dies führt zu einer Verunsicherung des Fragenden, der immer neue, weitere Fragen 'nachschiebt'. Man sollte den Schülern daher nach einer gestellten Frage, nach dem erteilten Arbeitsauftrag ausreichend Zeit zum Reflektieren und Reagieren lassen.
Die folgende Gesprächsaufzeichnung zwischen dem Moderator einer Hörfunksendung für Kinder und einem 12-jährigen Anrufer belegt noch einmal, dass bei der Verwendung zu enger Fragen kein richtiges Gespräch entstehen kann.
Moderator (M): Kannst du etwas, was deine Eltern auch können?
Antwort (A): Hm. Ich spiele Klavier und meine Mutti spielt auch Klavier.
M: Und das Aussehen? Siehst du jemand, deiner Mutti oder deinem Vati, ähnlich?
A: Nein.
M: Und Geschwister?
A: ?
M: Hast Du noch Geschwister?
A: Ja, ich habe zwei Schwestern.
M: Und sehen die sich ähnlich?
A: Nein.
M: Haben sie dieselbe Haarfarbe?
A: Nein.
Es empfiehlt sich, Fragestellungen zunächst als offene Fragen zu formulieren, die nicht nur eine Antwort erheischen, sondern mehreren Schülern die Möglichkeit zu einer zusammen¬hängenden Äußerung geben. Die Entscheidung über den Grad der Offenheit der gestellten Frage verlangt Fingerspitzengefühl, aber auch Reflexionsvermögen des Lehrenden. Die Frage "Was fällt euch auf?" kann unter Umständen bereits zu unspezifisch sein und sollte in Richtung der erwarteten Beobachtung oder Analyse präzisiert werden, z. B. "Was fällt euch an den Wörtern auf?" oder "Was fällt euch an der Schreibung der Wörter auf?". Bei einem den Schülern vorgelegten Text in völliger Kleinschreibung wird die Frage "Was fällt euch auf?" rasch zur erwünschten Antwort führen. Bei einem Text, der substantivierte Verben enthält, die nicht markiert sind, und wenn darüber hinaus den Schülern das Stundenthema noch nicht bekannt gegeben wurde, kann es sinnvoller sein, konkreter zu fragen "Was fällt euch an der Schreibung der Wörter auf?". Will man jedoch einen literarischen Text analysieren, können mit Hilfe der Einstiegsfrage "Was alles fällt euch am Text auf?" die inhaltlichen, formalen und sprachlichen Besonderheiten des Textes gut gesammelt werden, ohne dabei die Antworten der Schüler schon in irgendeine (Interpretations-)Richtung zu lenken.
Die Verwendung der so genannten W-Fragen muss ebenfalls differenziert gehandhabt werden. Sie engen die Antwortmöglichkeiten seitens der Schüler häufig ein, z. B. wenn gefragt wird "Wer hat gegen Luise intrigiert?" oder "Wohin fliehen Romeo und Julia?". Will man aber tatsächlich nur die enthaltenen Fakten erfragen, dann sind die Fragen präzise gestellt und führen rasch zur erwarteten Antwort. Offener sind jene W-Fragen, die als Ergänzungsfragen gelten, und den Schülern vielschichtigere Antwortmöglichkeiten gestatten: "Welche Gründe führten zu seinem Scheitern?".
Generell erweist es sich für das (zurückhaltend) gelenkte Unterrichtsgespräch als ergiebiger, bei Fragen und Aufgabenstellungen Operatoren zu verwenden und diese an den Anfang der Aufforderung zu stellen: "Tragt Gründe für sein Scheitern zusammen." , "Nennt alle ...", "Unterstreicht...", "Sucht heraus...", "Diskutiert...", "Vergleicht...". Auf diese Weise spricht man alle Schüler an und signalisiert gleichzeitig, dass man eine Beteiligung mehrerer Schüler am Gespräch erwartet.
4. Ergänzung: Die Phasierung von Literaturunterricht
Die unter 1.1. erläuterte Phasierung wird für den Sprach- und Literaturunterricht genutzt. Für die Erarbeitung literarischer Texte ist aber eine Phasierung besonders geeignet, die didaktischen Phasenmodellen des literarischen Verstehens folgt. Solche Modelle sind vor allem von Jürgen Kreft, Joachim Fritsche und Günter Waldmann entworfen worden. Im Folgenden wird in Kurzform ein Phasenmodell vorstellt, das in Anlehnung an diese Modelle entwickelt worden ist (vgl. Martin Leubner / Anja Saupe: Textverstehen im Literaturunterricht und Aufgaben. Baltmannsweiler 2008)
Übersicht
Phase 1: Hinführung zur Texterschließung
1.1 Textdarbietung und 'Einstimmung'
1.2 Weitere vorbereitende Teilphasen
1.3. Problemstellung/Hypothesenbildung
Phase 2: Erkennen von Textstrukturen/Textanalyse [ggf. 'Überschneidung' mit 3]
2.1 Das Erkennen von Textstrukturen als eigene Phase
2.2 Aufgabensets ohne angemessene Berücksichtigung der Textanalyse
2.3 Möglichkeiten des Verzichts auf eine Textanalyse
Phase 3: Interpretation
3.1 Die Interpretation als eigene Phase
3.2 Möglichkeiten einer Verbindung von Analyse und Interpretation
Phase 4: Bezug auf die Lebenswirklichkeit
Phase 5: Kontextualisierung
Phase 1: Hinführung zur Texterschließung
1.1 Der Text soll in möglichst motivierender Weise dargeboten werden (z. B. mittels eines vorbereiteten Vortrages durch Lehrer oder Schüler).
1.2. Falls die Besonderheiten von Text und Lerngruppe es notwendig oder in besonderem Maße hilfreich erscheinen lassen, können außerdem - vor, während bzw. nach der Textdarbietung - die folgenden vorbereitenden Teilphasen berücksichtigt werden:
a) Eine Einstimmung auf den Text (z. B. durch das Assoziieren zu Bildern/zur Überschrift eines Textes, das Ausfüllen von Lücken, das Umstellen vertauschter Verse, das Weiterschreiben eines abgekürzt dargebotenen Textes oder das Malen von Bildern zum Text).
b) Eine Klärung von unbekannten Wörtern / unverständlichen Textstellen. Diese Klärung soll nach Möglichkeit selbstständig durch Kontextualisierung erfolgen.
c) Eine Vermittlung/Erarbeitung/Aktivierung von (Welt)wissen, sofern dies Wissen für das Textverstehen grundlegend ist.
d) Eine Textwiedergabe, die die Textanalyse beziehungsweise Textinterpretation vorbereitet.
1.3. Auf die Textdarbietung (bzw. die genannten zusätzlichen Teilphasen) soll nach Möglichkeit eine Hypothesenbildung/eine Entwicklung von Fragestellungen erfolgen, die für die folgende Texterschließung leitend ist.
In Aufgabensets für Leistungssituationen können Aufgaben zur Textwiedergabe und zur Hypothesenbildung enthalten sein.
Phase 2: Erkennen von Textstrukturen / Textanalyse
Auf die Hypothesenbildung etc. soll eine Erarbeitung von Textstrukturen folgen, in der Regel durch Textanalyse.
In Aufgabensets für Leistungssituationen sollen in der Regel Aufgaben zur Erkennung von Textstrukturen enthalten sein.
2.1 Das Erkennen von Textstrukturen als eigene Phase
Auf die 'Einstimmung'/Hypothesenbildung (und ggf. Textwiedergabe) soll eine Phase folgen, die das Erkennen von Textstrukturen ermöglicht, in der Regel durch die textanalytische Methode. Das Erkennen von Textstrukturen bietet Anregungen für ein subjektives Verstehen, zeigt aber auch die Grenzen der textangemessenen Deutungsmöglichkeiten auf und schafft damit die Grundlage für eine intersubjektiv nachvollziehbare Interpretation. Eine Erarbeitung von Textstrukturen ist so in der Regel eine notwendige Voraussetzung der Textinterpretation. Die textanalytischen Aufgaben sollen nach Möglichkeit auf zuvor formulierte Fragen oder Hypothesen bezogen sein. Die zweite Phase ist mit ihrer vorangehenden und folgenden Phase eng verbunden, in manchen Fällen ist sogar eine 'Durchmischung' der Phasen angebracht. Weitgehend gelungen ist eine Verbindung von Textwiedergabe/Einstimmung, Textanalyse (auf den Ebenen von Handlung/Inhalt und Darstellung/Form) sowie Interpretation in den folgenden Beispielen.
2.2 Aufgabensets ohne angemessene Berücksichtigung der Textanalyse
Wie oben (vgl. Kap. II.1.4.6) ausgeführt, bieten die textanalytischen Aufgaben häufig keine angemessene Grundlage für die Interpretation, weil sie die Handlung nicht ins Auge fassen oder weil die Handlung mit Hilfe wenig ergiebiger Begriffe untersucht werden soll. Und vor allem finden sich auch in neueren Lehrwerken häufiger immer noch Sets, in denen Aufgaben zur Textanalyse fehlen. Auf die Aufforderung zur Textwiedergabe folgt dann direkt die zu Textinterpretation, oder es werden lediglich entweder Textwiedergabe oder Interpretation beziehungsweise eine Bezugnahme auf die Lebenswirklichkeit gefordert. Das folgende Beispiel ist typisch für Aufgabenreihen, die den Schülern auf diese Weise kein ausreichendes Textverstehen ermöglichen:
1. In dieser berühmten Ballade von Goethe wird ein unheimliches Geschehen erzählt. Gib den Inhalt kurz in eigenen Worten wieder.
2. Um den Text zu verstehen, könnt ihr eine szenische Lesung der Ballade vorbereiten (es folgt eine detaillierte Anweisung zur Vorbereitung des 'sinngestaltenden Lesens', außerdem ein Vorschlag zur Erstellung einer Rap-Version).
2.3 Möglichkeiten des Verzichts auf eine Textanalyse im Einzelfall
Weniger bedenklich ist eine direkte Verbindung von Aufgaben zur Textwiedergabe und zur Textinterpretation, wenn die Textwiedergabe - wie es häufiger der Fall ist - deutliche Überschneidungen mit der Textanalyse aufweist (vgl. Kap. II.1.4.3) wie im folgenden Beispiel:
a) Beschreibt das Verhalten des jungen Farbigen
b) Was mag er über Heinz denken?
Nur in Ausnahmefällen - falls vorauszusetzen ist, dass die Strukturen eines Textes von den Schülern intuitiv erfasst werden können - kann ein vollständiger Verzicht auf Aufgaben zur Strukturerkennung sinnvoll sein.
Phase 3: Interpretation
Auf Grundlage der Erarbeitung von Textstrukturen soll eine Interpretation (auch) des Gesamttextes vorgenommen werden. Dazu sollen den Schülern nach Möglichkeit Hilfestellungen bei der Verbindung von Textanalyse und Interpretation geboten werden. (Z. B. indem die Interpretation an die Bestimmung von Handlungselementen / an durch die Textanalyse nicht ausreichend geklärte Fragen anschließt oder indem auf die Analyse von Elementen der Darstellung/Form eine Funktionsbestimmung dieser Elemente folgt).
In Aufgabensets für Leistungssituationen sind interpretierende Aufgaben als Ergänzung von und im Anschluss an Aufgaben, die der Erkennung von Textstrukturen dienen, obligatorisch.
3.1 Die Interpretation als eigene Phase
Auf Grundlage der Textanalyse sollen die Schüler in der dritten Phase eine zugleich persönlich bedeutsame und textangemessene Interpretation entwickeln, die nach Möglichkeit auf eine in der ersten Textbegegnung formulierte Problemstellung/Hypothesenbildung bezogen ist. Wie oben (vgl. Kap. II.1.5) erläutert, muss das literarische Werk in der Interpretation durch Sprach- und Weltwissen ergänzt werden. In der dritten Phase sollen dazu jedoch nach Möglichkeit nur allgemein verfügbares Sprach- und Weltwissen sowie persönliche Erfahrungen, Vorstellungen und Wünsche der Schüler herangezogen werden. In manchen Fällen kann darüber hinaus die Einbeziehung von Gattungswissen oder von historischem Wissen notwendig sein. Durch Anschlusskommunikation sollen die Schüler ihre Interpretationen miteinander abgleichen und auf diese Weise weiter entwickeln.
Eine oder mehrere Aufgaben zur Interpretation des (Gesamt-)Textes sind für Aufgabensets zu literarischen Texten notwendig. Nur in Ausnahmefällen - wenn die Grenzen zwischen Textanalyse und Interpretation in besonderem Maße fließend sind - kann eine Interpretation durch die Bearbeitung von Aufgaben zur Textanalyse mit geleistet werden.
3.2 Möglichkeiten einer Verbindung von Analyse und Interpretation
Wie die Interpretation mit der Textanalyse verbunden werden kann, ist bislang höchstens in Ansätzen geklärt (vgl. Kap. II.1.5.4). Der Anschluss der textanalytischen Arbeit an einen Entwurf von Deutungshypothesen und eine Überprüfung dieser Hypothesen mit Hilfe der Analyseergebnisse kann den Schülern aber eine solche Verbindung erleichtern. Engere Verknüpfungen ergeben sich, wenn eine Interpretation an eine Bestimmung von Textelementen angeschlossen wird. Insbesondere kann eine Interpretation mit der Analyse von zentralen Handlungselementen verbunden werden. Dabei können die Schüler versuchen, Fragen, die sie durch die Textanalyse nur teilweise oder nicht eindeutig klären konnten, durch eine interpretierende Ergänzung von Textelementen zu beantworten. Zum Beispiel kann eine zwar relativ eindeutige, aber zu 'oberflächliche' Analyse von Gründen, die für das Handeln einer Figur maßgeblich sind, durch Vermutungen über ihre 'verborgenen' Motive ergänzt werden. Weil die meisten Aufgabenreihen nur in ungenügender Weise auf eine Analyse der Handlung zielen, ist die oben beschriebene Verbindung von Textanalyse und Interpretation auch in neueren Lehrwerken recht selten zu finden. Das folgende Beispiel zeigt aber eine sinnvolle Möglichkeit, die Analyse von Figurenmerkmalen mit ihrer Interpretation zu verknüpfen:
2. Brunswik hat ein "verhärmtes" Dienstmädchen und einen "mageren" Hund. Mit welchen Wörtern wird er selbst beschrieben? Notiert Stichwörter zu seinem Aussehen und seinem Verhalten. (Ein Anfang der Figurenanalyse ist auf einem 'Notizzettel' vorgegeben)
3. Versucht Schlüsse aus Brunswicks Verhalten zu ziehen, z. B.: - Z. 14: Brunswick scheint sehr empfindlich zu sein, was seinen eigenen Körper angeht ...
Eine weitere Möglichkeit zur Verbindung von Textanalyse und Interpretation kann sich durch die Frage nach der Funktion von Elementen der Darstellung/Form ergeben
Phase 4: Bezug auf die Lebenswirklichkeit
Auf der Grundlage einer Interpretation des Gesamttextes (und nicht als Ersatz für eine solche Interpretation) kann ein expliziter Bezug der vom Text nahe gelegten Wirklichkeitssicht auf die Lebenswirklichkeit erfolgen.
In Leistungssituationen soll darauf verzichtet werden, den Bezug eines Textes auf die private Lebenswirklichkeit einzufordern.
Die von einem literarischen Text nahe gelegte neue oder doch differenziertere Wirklichkeitssicht sollen die Schüler schließlich mit ihren bisherigen Schemata der Wahrnehmung abgleichen, eventuell in diese Schemata integrieren und zu einem veränderten Blick auf ihre Lebenswirklichkeit nutzen. Es ist zwar nicht für die Arbeit mit allen literarischen Texten notwendig, aber in vielen Fällen sinnvoll, diesen Wirklichkeitsbezug auch explizit durch Aufgaben einzufordern
Phase 5: Kontextualisierung
Falls es für das Textverstehen ergiebig erscheint, kann nach der Entfaltung eines persönlich bedeutsamen Textverstehens (und nicht davor) spezielleres oder spezielles Wissen vermittelt und für eine enger geleitete Interpretation genutzt werden. (Z. B. Gattungswissen, literaturhistorisches Wissen, Biographien, soziologische, historische oder psychoanalytische Theorien).
In Leistungssituationen bieten sich entsprechende Aufgaben in manchen Fällen an.