Transkripte und Hörproben


Rudolf von Fischer (*1929)


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Rudolf von Fischer war bis Ende 1997 Berner Burgerratspräsident. Mit seinem Engagement für das burgerliche Berndeutsch, seinen klaren Vorstellungen von richtigem und falschem Berndeutsch, dem Bewusstsein für die feinen ständischen Unterschiede in der Mundart stellt er den Exponenten für die ältere Sprache der Burger. Von Fischer hält bewusst an den traditionellen Lautungen und Formen der Sprache der Oberschicht fest, ohne aber auf archaisch Altertümliches zurückzugreifen.

Die Aufnahme, die im Tonstudio des Phonogrammarchivs am 4.7.94 aufgezeichnet wurde, zeichnet sich aus durch die gewählte Sprache von Fischers. Der hohe Sprachbewusstseinsgrad wird auch deutlich in allen Bereichen des Sprachsystems. So sind für ein freies Gespräch relativ wenige in einem schulgrammatischen Sinn ungrammatische Sätze zu finden, die in jeder natürlichen gesprochenen Sprache vorkommen.

Das "klassische" Berndeutsch zeichnet sich aus durch die Unterscheidung von offenen und geschlossenen Hochzungenvokalen, das sind i, u und ü. So wird unterschieden zwischen Züüg 'die Züge' und Züüg 'das Zeug'; eine Differenzierung, die viele Mundarten nicht mehr machen und die auch von mehreren Sprechern der vorliegenden Aufnahmen nicht mehr konsequent unterschieden wird. Diese Qualitäten werden von Rudolf von Fischer in betonter Stellung noch deutlich differenziert. In unbetonter Stellung im Satz werden die geschlossenen Vokale jedoch reduziert und gesenkt. Das zeigt sich beispielsweise in den verschiedenen Realisationen des häufig vorkommenden Wortes Bäärndüütsch'. In betonter Satzstellung erscheint es in dieser Form. Die Reduktion ergreift zuerst die Länge der Vokale, so dass häufig Bärndüütsch, Bärndütsch und selten Bäärndütsch erscheint. Erst bei einer stärkeren Reduktion wird auch die Qualität des ü abgeschwächt, so dass Bärndütsch vorkommt. Dasselbe zeigt sich auch beim Verb sii oder bei Verbzusätzen wie uuf-. Die Auflösung dieser vom Sprachsystem her nicht notwendigen Differenzierung ist im Gegensatz zu anderen Aufnahmen bei Rudolf von Fischer also nur in Ansätzen zu beobachten.

Die eigentlich betonten langen Schlussvokale eines Wortes werden oft satzphonetisch gekürzt und häufig auch gesenkt. Kürzungen sind im Text gekennzeichnet.

R. von Fischer verwendet das Zungenspitzen-r, was im Interview auch thematisiert wird, da meist das Halszäpfchen-r als die typisch burgerliche Variante angesehen wird. Das l wird nicht vokalisiert, d.h. nicht als u, sondern als l ausgesprochen. Hier wird also klar die burgerliche Variante des Berndeutschen gewählt, genau so wie bei den Verben gehen, stehen usw., deren Pluralformen als miir gange, mir stande realisiert werden. All diese als burgerliche Elemente des Berndeutschen bekannten Varianten sind dem Sprecher auch bewusst. Dieses Bewusstsein für die Sprache der eigenen Gesellschaftsschicht ist vermutlich ein Teil von dem, was man als Oberschichtssprache kennzeichnen kann, und unterscheidet von Fischer von den meisten anderen Sprechern der CD.