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Vorbemerkung zur html-Darstellung: Hier sind vereinzelt phonetische Transkriptionszeichen in normalorthographischer Darstellung reduziert worden. Die pdf-Datei weist diesen Mangel nicht auf.

Für die Schreibung der Mundart haben sich einzelne Schreibweisen etabliert, daneben gibt es viele individuelle Arten, den Dialekt zu schreiben. Unsere Texte zeigen zwei Typen: Einerseits werden die Texte des Mundartautors Rudolf von Tavel, de Läbchueche und ds verlorne Lied , in der Originalschreibweise von Tavels wiedergegeben. Die Lektüre ist eine Wiedergabe dieser dialektalen Schriftsprache. Auf der anderen Seite werden die Interviews, die eine freie Rede darstellen, transkribiert, das heisst in eine schriftliche Form gebracht, die versucht die gesprochene Realität möglichst genau wiederzugeben. Die Grundlagen dafür sollen im folgenden umrissen werden.

Die Transkription der Interviews beruht auf der von Eugen Dieth entwickelten Schwyzertütsche Dialäktschrift 1 . Grundlage der Verschriftung ist der Leitsatz: ´Schreibe wie du sprichst, wie du es hörst und empfindest. ª Die Entfernung vom standardsprachlichen Schriftbild wird bewusst in Kauf genommen, denn jeder Buchstabe soll gesprochen werden, lange Laute werden doppelt geschrieben. Da die Mundart die Vokalqualitäten weiter unterscheidet als wir Buchstaben zur Verfügung haben, wird die Qualität der Vokale durch Sonderzeichen markiert. Nach Dieth werden offene Vokale mit einem Akzent versehen. Weil das Berndeutsche sehr viele offene Vokale, jedoch seltener geschlossene Vokale hat, wirkt ein solches Schriftbild sehr unruhig und ungewohnt. Wir haben uns deshalb entschlossen, wie im Berndeutschen Wörterbuch von Otto von Greyerz und Ruth Bietenhard 2 nicht die offene, sondern die geschlossene Qualität zu kennzeichnen, und zwar mit einem untergesetzten Punkt. 3

Die Transkription ist trotz der mässigen Differenzierung im Wesentlichen eine phonetische, d. h. wir orientieren uns an der lautlichenäusserung und nicht daran, wie eine Norm eine bestimmte Lautung oder Schreibung verlangt. Das hat insofern Konsequenzen, als dass wir zum Beispiel bei stark gesenkten Vokalen das Ausgangszeichen verlassen, was ein ungewohntes Schriftbild hervorbringt. So kann ein stark gesenktes i in einer einzelnenäusserung als e transkribiert werden, zum Beispiel Er isch gsee.

Grundsätzlich wird in der Dieth-Schreibung die Länge eines Lautes durch die Doppelschreibung markiert, während das einfache Zeichen Kürze bedeutet. Beim Transkribieren haben sich in diesem Bereich jedoch sehr oft Probleme ergeben, da Vokalquantitäten vorgekommen sind, die wir weder eindeutig als kurz, noch eindeutig als lang definieren konnten. Meist resultieren sie aus einer Emphase kurzer Vokale oder einer satzphonetischen Unbetontheit langer Vokale. Oft erscheinen auch Halblängen vor folgendem r . In diesen Fällen haben wir uns entschieden, die Halblänge der ´normalen ª Quantität, entsprechend dem Wörterbucheintrag, zu transkribieren. Doppelkonsonanten werden nur geschrieben, wenn sie auch doppelt oder lang ausgesprochen werden — ausser, wie bei Dieth, am Wortende — und nicht wie in der Standardsprache, um die Kürze des vorangehenden Vokals zu bezeichnen. Wir schreiben also bei einfacher Realisierung des l Voländung und si söle , während bei schwümme oder alli der Konsonant doppelt gehört, also auch doppelt geschrieben wird.

Die Orientierung am akustischen Signal heisst auch, dass wir Versprecher und stark abgeschliffene Formen wie eiglech u. ä . für ’ei gentlich ’ in der gehörten Lautung verschriften, normalerweise aber einen Kommentar ansetzen, um das Verständnis zu erleichtern, das gilt auch für ungewöhnliche Schreibungen, zum Beispiel füüsisch für ’physisch’.

Andererseits haben wir der besseren Lesbarkeit wegen systematische Assimilationen, d. h. Lautverschmelzungen, nicht markiert, jedoch desöftern in den Kommentaren darauf hingewiesen. Wir schreiben also Er het mer gseit und nicht Erhepmergseit . Das Beispiel zeigt auch, dass wir an den ´üblichen ª Wortgrenzen festgehalten haben und sie mit einem Leerschlag markiert haben. Ebenso haben wir die Substantivgrossschreibung beibehalten, und wir verwenden die Grossschreibung der höflichen Anrede, die im Berndeutschen das Ihr ist. Wir halten auch an der Verteilung der Buchstaben v und f fest, wie sie in der Schriftspracheüblich ist, wir schreiben also vier und füüf obwohl in beiden Fällen der gleiche Lautwert vorliegt. Wenn ein v jedoch nicht dem Lautwert f entspricht, wie zum Beispiel bei Vaase , sondern einem stimmhaften w , so haben wir das kommentiert.

Das Hauptproblem, das sich für uns mit der Dieth-Schreibung ergibt, ist die Nicht-Markierung des Reduktionsvokals — in anderen Systemen meist mit : gekennzeichnet. So ist die versuchte eindeutige Zuordnung von Laut und Buchstabe in einem wesentlichen Punkt gestört. Dieth wollte, weil sich seine Schreibweise an Laien richtete, keine Sonderzeichen einführen. Um hier einen Kompromiss zu finden haben wir für den Reduktionsvokal ein Zeichen verwendet, das sich nur durch einen kleinen Unterschied vom ´normalen ª Buchstaben e unterscheidet, sodass die Laienschreibweise gewahrt ist. Sprachwissenschaftlich Interessierte können jedoch mit dem Zeichene, einem e mit gekürztem Schwanz, bzw. , einem E mit gekürztem Mittelbalken, den Reduktionsvokal auch aus der Transkription herauslesen. Zudem haben wir der besseren Verständlichkeit wegen das vokalisierte l nicht nur mit u , sondern mit u gekennzeichnet. Ein weiterer Sonderfall stellen die Laute ng , ch und sch dar, welche mit zwei oder drei Buchstaben geschrieben werden, obwohl nur ein Laut gesprochen wird. Da auch diese Laute gelängt vorkommen, das Schriftbild durch die Doppelschreibung zum Beispiel in singnge, machche oder wüschsche stark gestört ist, haben wir uns entschieden, statt der Verdoppelung der Buchstaben die Buchstabenverbindung zu überstreichen, also: singe , mache und wüsche . Auf der andern Seite kann der Buchstabe x in der Verbindung -xt-verschiedenen Lauten entsprechen, einerseits -ggst- andererseits -ggscht-. Da x normalerweise mit -ggs-wiedergegeben wird, halten wir an -xt-fest, kennzeichnen jedoch eine -ggscht-Lautung mit der lautnäheren Schreibweise. Als letztes haben wir die Überlegungs-und Planungslaute nicht mit Ee …, Ää …, ee… bezeichnet, sondern einheitlich mit *, sodass diese inhaltlich leeren Laute, dieübrigens in der gesprochenen Sprache wenig auffallen, auch in der Schrift nichtübermässiges Gewicht bekommen.

Für die Zeichensetzung halten wir uns an die Regeln der deutschen Rechtschreibung. Diese Entscheidung bringt insofern Probleme mit sich, als in der gesprochenen Sprache — und das nicht nur in der Mundart — die Pausen nicht mit den syntaktisch gesetzten Kommas übereinstimmen. Es kommt sogar vor (zum Beispiel sehr ausgeprägt bei Michael von Graffenried), dass sich der Sprecher fast konsequent über diese Grenzen hinwegsetzt, um den Hörer ´bei der Stange zu halten ª. Andererseits zeigt die gesprochene Sprache viele im engeren Sinne grammatisch unvollständige Sätze, die jedoch manchmal von der Melodieführung her von anderenäusserungen getrennt sind. Hier haben wir Sinneinheiten durch Punkte getrennt.

1 Eugen Dieth:Schwyzertütschi Dialäktschrift. Dieth-Schreibung. 2 . Auflage, bearbeitet und herausgegeben von Christian Schmid-Cadalbert. Aarau, Frankfurt am Main, Salzburg 1986 . (Lebendige Mundart 1)

2 Greyerz, Otto von und Bietenhard, Ruth (1997 ):Berndeutsches Wörterbuch für die heutige Mundart zwischen Burgdorf, Lyss und Thun. 6 . Auflage, Bern.

3 Eine solche Transkription kann natürlich nicht alle Feinheiten der gesprochenen Sprache wiedergeben, wie das ein differenzierteres System, wie das im Sprachatlas der deutschen Schweiz (Hotzenköcherle, Rudolf (1962 ):Einführung in den Sprachatlas der Deutschen Schweiz. 2 Bände:A:Zur Methodologie der Kleinraumatlanten. B:Fragebuch, Transkriptionsschlüssel, Aufnahmeprotokolle. Bern. )verwendete erweiterte Böhmer-Ascoli-System, das von Ebneter/Willi für die Reihe Romanisch und Deutsch am Hinterrhein in den Publikationen des Phonogrammarchivs Zürich aufgezeigte (Willi, Urs und Ebneter, Theodor (1987 ):Deutsch am Heinzenberg, in Thusis und in Cazis. Zürich. (Schweizer Dialekte in Text und Ton iv . Romanisch und Deutsch am Hinterrhein/GR ;Bd. 2 ))oder das weitverbreitete API-Transkriptionssystem eher er-m ö glichen. Der Vorteil gegenüber diesen präziseren Systemen liegt jedoch in der guten Lesbarkeit der Dieth-Schreibung, was auch Nicht-Sprachwissenschaftlern einen einfachen Zugang zum Text erlaubt. Zudem ist diese Transkriptionsweise auch bei früheren Publikationen des Phonogrammarchivs, insbesondere bei den SDS-Phonogrammen, schon mit gutem Echo verwendet worden.