Cornelia Wörmann, BA African Studies, Leipzig University
The minerals in the batteries of electric vehicles that enable the reduction of greenhouse gas emissions in the industrialised countries originate for the most part in countries of the Global South where they are extracted under inhumane workingread more
This blogpost explores the conflicted nature of Ethiopian political economy since the change of leadership in 2018, the fall of the Tigray Peoples Liberation Front from power, and the rise of Abiy Ahmed. Wyatt Constantine looks at the country’s second city, Direread more
Beitrag aus dem Modul zu afrikawissenschaftlichen Methoden (4. Semester, BA Afrikastudien, Sommersemester 2017) zum Thema Studierendenproteste.
Moritz Amann & Chiara Magnano
In unserer Forschungsarbeit zu Studierendenprotesten sind wir auf die Proteste im Niger, der Elfenbeinküste und in Kamerun in den 1990er Jahren aufmerksam geworden. Wir stellten fest, dass in der Analyse die Ursachen der Proteste häufig in einen Zusammenhang mit den Strukturanpassungsprogrammen (SAPs) gebracht werden. Von dieser Beobachtung ausgehend interessierte uns die Wirkung der SAPs auf die Studierendenproteste über die Ländergrenzen der drei westafrikanischen Staaten hinweg.
Die Strukturanpassungsprogramme (SAPs) wurden ab 1980 vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbankgruppe (Weltbank) mehr oder weniger in Zusammenarbeit mit den betroffenen Ländern des Globalen Südens durch- und umgesetzt. Sie beinhalteten verschiedene wirtschaftspolitische Maßnahmen, die unter anderem darauf abzielten, die Staatsausgaben zu konsolidieren und die Exportwirtschaft zu stärken. Sie wurden zur Bedingung für die Vergabe von Krediten und den Erlass von Schulden der teilnehmenden Staaten.
Die Auswirkungen der Strukturanpassungsprogramme lassen sich nicht auf die von uns betrachteten Bildungssektoren der Ländern Niger, Kamerun und der Elfenbeinküste beschränken. Für die Studierendenproteste zeigten sich die direkten Kürzungen der finanziellen Mittel im Bildungssektor allerdings als besonders relevant. Sowohl die universitäre Infrastruktur als auch die Lehr- und Lernqualität litten unmittelbar unter den Kürzungen. Eine zusätzliche Belastung wurde durch den starken Anstieg der Studierendenzahlen während der 1980er Jahre bedingt. Beispielsweise war in den 1990iger Jahren die Kapazität der Universität von Niamey im Niger für nur 700 Studenten ausgelegt, während etwa vier Mal so viele Studierende eingeschrieben waren.
Auch die in den SAPs angelegte massive Verkleinerung der staatlichen Verwaltungsapparate wirkte sich auf die universitäre Landschaft und die Studienbedingungen aus. In der Folge fielen zahlreiche Arbeitsplätze weg; Stellen in denen ein Großteil der Studierenden nach ihrem Abschluss Arbeit fand. Für vorhergehende Generationen bot ein abgeschlossenes Studium die Sicherheit auf eine solide Beschäftigungsmöglichkeit im öffentlichen Sektor und somit auf sozialen Aufstieg. Letzteres war aufgrund der zunehmenden wirtschaftlichen Probleme in den untersuchten Ländern und dem damit einhergehenden Mangel an Arbeitsplätzen im privaten Sektor besonders relevant.
Auch der Widerstand gegen die SAPs im Allgemeinen und die damit verknüpften Ideologien vereinten die Protestierenden. Einerseits wurde der IWF und die Weltbank als westliche neokoloniale Institutionen grundsätzlich abgelehnt. Die Umsetzung der SAPs wurden als Einmischung in die nationale Politik afrikanischer Staaten verstanden und entsprechend kritisiert. Andererseits wurde die mit den SAPs einhergehende Fokussierung der Bildungspolitik auf wirtschaftliche Belange und damit die Abwertung der Universität gegenüber anderen Bildungsinstitutionen und Ausbildungsformen in Frage gestellt. Die Kritik ging weit über die Folgen der SAPs für die Universität hinaus und richtete sich gegen eine neoliberal ausgerichtete Marktwirtschaft im Allgemeinen, vor allem dort, wo politisch linke Ideologien verbreitet waren.
Es ist schwierig zu beurteilen, wie entscheidend die Strukturanpassungsprogramme und ihre Umsetzung für die Entstehung und die Entwicklungen der Protestbewegungen waren. Die von uns herangezogenen Quellen weisen vor allem im Niger, vereinzelt in Kamerun und an der Elfenbeinküste darauf hin, dass die Proteste ohne die Umsetzung der SAPs in dieser Form nicht stattgefunden hätten. Spannend sind diese Erkenntnisse vor allem in Anbetracht der starken gesellschaftlichen Veränderungen, die die drei untersuchten Proteste direkt oder indirekt nach sich zogen. Sowohl im Niger als auch in der Elfenbeinküste lösten die Bewegungen einen Regimewechsel und die Einführung eines Mehrparteiensystems aus. Es lässt sich durchaus argumentieren, dass diese höchst undemokratisch (nämlich von den westlich dominierten Finanzinstitutionen) durchgesetzten Politiken von Bedeutung für die Demokratisierungsprozesse der Länder waren. Die nationalen Demokratisierungsprozesse reihen sich in die kontinentale und globale „Demokratisierungswelle“ der 1990iger Jahre ein. Es wäre daher wichtig zu untersuchen, inwiefern die Strukturanpassungsprogramme erstens auf nicht-universitäre Protestbewegungen der 1990iger Jahre und als Folge auch auf die Demokratisierungsprozesse der jeweiligen Länder gewirkt haben.
Quellen:
Awagana, Ari. 2017. Gespräch mit Chiara Magnano und Moritz Amann. Leipzig, 24.05.2017, 15.00 Uhr.
Daddieh, Cyril Kofie. 1996. „Universities and political protest in Africa: The case of Côte d’Ivoire“Issue: A Journal of Opinion, 24/1, pp. 57-60.
Federici, Silvia (ed). 2000. A thousand flowers: social struggles against structural adjustment in African universities. Trenton, N.J.: Africa World.
Konings, Piet. 2011. The Politics of Neoliberal Reforms in Africa: State and civil society in Cameroon. Bamenda: Langaa RPCIG.
Beitrag aus dem Modul zu afrikawissenschaftlichen Methoden (4. Semester, BA Afrikastudien, Sommersemester 2017) zum Thema Studierendenproteste.
Anna Eich, Katharina Nold, Johann Gerlach, Lea Fiedler
So schreiben es tansanische Demonstrant*innen auf ihre Plakate und benennen damit ein Problem, gegen das seit 13 Jahren ausdauernd, aber wenig erfolgreich protestiert wird: die staatlichen Studienkredite, sogenannte Loans, sind zu niedrig angesetzt und werden oftmals zu spät ausgezahlt.
Die Unzufriedenheit darüber ist die treibende Kraft hinter den Protesten. In einer wissenschaftlichen Studie von Nyahende aus dem Jahr 2015 über die aktuellen Ausgaben wird festgestellt, dass der Betrag der Loans zum Leben nicht ausreicht. Der reale Tagessatz zur Unkostendeckung liege bei 10.000 TSH (ca. 5 Euro), die Höhe der Loans betrage nur 8.000 TSH. (vgl. Nyahende 2015: S. 61). Die große Differenz zwischen den offiziellen Regelungen und der Realität der Studierenden nahm im Februar diesen Jahres auch die Bildungsministerin wahr und äußerte sich darüber hinaus wie folgt: „Loans to students have always been delayed without any justification to the extent that learners have created an impression that they cannot receive the cash they are entitled to unless they stage a protest march to the ministry“ (Mwalimu 2016: S. 1). Es wurden Unregelmäßigkeiten in der Vergabe der Loans festgestellt, verspätete Auszahlungen, falsche Adressierungen und Listen mit nicht existierenden Student*innen. Die Ministerin suspendierte daraufhin mehrere Mitarbeiter*innen, denen Unterschlagung von Geldern vorgeworfen wurde.
Die ersten uns bekannten Proteste fanden 2004 im Zusammenhangmit der Gründung des Loanboardes (zuständiges Gremium für die Verteilung der staatlichen Studienfinanzierung) statt. Analysen einiger Jura-Student*innen der Universität von Dar Es Salaam zufolge, wurde befürchtet, die Gründung des Loanboardes bedeute keine Verbesserung für die Verwaltung und Auszahlung der Loans. Bald wurden die ersten kritischen Plakate aufgehängt, zu Treffen eingeladen und Gruppen fingen an sich zu organisieren.
Um die entstandenen Proteste zu erforschen, führten wir mehrere qualitative Interviews mit Student*innen verschiedener Generationen der Universität von Dar Es Salaam. Dabei erfuhren wir, dass die Loans immer Gegenstand der sich wiederholenden Proteste waren. Die Demonstrant*innen blieben der Universität fern, dies aber nie länger als zwei aufeinanderfolgende Tage. Das war der Versuch eine Regelung zu umgehen, die eine Schließung der Universität bei einem Fernbleiben von mehr als drei Tagen vorsieht. Obwohl sich die Demonstrant*innen an dieses Gesetz hielten, schloss die Universitätsleitung die Institution. Im Zuge dessen wurden Demonstrant*innen kurzzeitig verhaftet und einige führende Organisator*innen sogar für immer für Hochschulbildung gesperrt. Vielleicht wurde dadurch versucht die kritischen Stimmen schnellstmöglich zum Schweigen zu bringen, denn obgleich eine studentische Vertretung fürAngelegenheiten rund um die Loans gegründet wurde, wurden die Forderungen nicht erfüllt. Bis heute wird protestiert. Ob es also ein Schritt auf die Demonstrant*innen zu oder doch ein gespieltes Zugeständnis war, ließ sich im kleinen Rahmen unserer Forschung nicht zweifelsfrei ermitteln. Wir können nur vermuten und uns die alte Frage stellen: „Wem zum Vorteil?“, eine Kausalität jedoch ohne eine weiterführende Forschung nicht herstellen.
Im Vergleich der Proteste von 2004 und heute haben soziale Medien entscheidend an Gewicht gewonnen. So berichtete uns ein Teilnehmer der ersten Proteste 2004, dass damals der Austausch zwischen den verschiedenen Fraktionen der Student*innen über Zeitungsartikel ablief. Die Kommunikation war noch weitaus komplizierter und zeitaufwendiger. Heute nutzen ein Großteil der Student*innen Plattformen wie Facebook und Twitter. Haben sich neue Diskussionsforen ergeben, aus denen spannende Erkenntnisse über die Proteste gewonnen werden könnten?
Trotz Anerkennung der Missstände und vielseitigem Zuspruch der Proteste, ließen Ergebnisse lange auf sich warten. Auch das Zugeständnis der Ministerin versichert noch lange nicht die dringend benötigte und konsequent eingeforderte Verbesserung des Systems. Den Betroffenen, die ihre eigene Situation wohl am besten einzuschätzen wissen, wird so wenig Gehör geschenkt, dass wir uns fragen: „Wessen Bedürfnisse muss Bildung gerecht werden und wessen Bedürfnisse werden zurzeit erfüllt?“ Diese Frage kann man sich überall stellen, auch in Deutschland. In Anbetracht des Einflusses der Wirtschaft auf das Bildungssystem (zum Beispiel durch Drittmittelförderung in der Forschung und Deutschlandstipendium) scheint das Ziel, emanzipierte Individuen hervorzubringen, immer weiter in den Hintergrund zu rücken. In Bezug auf staatliche Förderungen sieht man in Deutschland wie auch in Tansania, dass bevorzugt als wirtschaftlich wertvoll angesehene Studiengänge Mittel erhalten. Vielleicht sollten wir uns also wie Mbembe fragen, ob die Verwirklichung folgenden Ideals im bestehenden System möglich, beziehungsweise überhaupt gewollt ist: „the aim of higher education is to encourage students to develop their own intellectual and moral lifes as independent individuals […] the capacity to make disciplined inquiries into those things we need to know, but do not know yet“ (vgl. Mbembe 2016 : S. 30).
Quellen:
Higher Education Students’Loan Board. 2015/2016. „Guidelines and criteria for issuance of students‘ loans and grants for the 2015/2016 academic year“. Online: https://www.heslb.go.tz/index.php/publications/guidelines (02.06.2017).
Mbembe,Achille Joseph. 2016. „ Decolonizing the university: New directions “Arts & Humanities in Higher Education, Vol. 15/1, S. 29–45.
Mwalimu, Saumu. 2016. „Billions stolen from Student’s loans board“, The Citizen. Online: http://www.thecitizen.co.tz/News/Billions-stolen-from-students–loans-board/1840340-3080654-vp6qua/index.html (25.05.2017).
Nyahende, Veronica R.; Bangu,Asangye N. und Benedicto C. Chakaza. 2015. „Survey on theAssessment of the Current Actual Expenses Incurred by Students on the Meals andAccommodation within and around the Campuses: The Case of Tanzania Higher Education Students‘ Loans Beneficiaries“, Higher Education Studies, 5/4, S. 56-85.
Tanzania Today. Online: http://www.tanzaniatoday.co.tz/news/wanafunzi-udom-duce-wagoma-madai-ni-kama
Beitrag aus dem Modul zu afrikawissenschaftlichen Methoden (4. Semester, BA Afrikastudien, Sommersemester 2017) zum Thema Studierendenproteste.
Lena Kuske, Jana Uhlendahl, Franziska Pemsel
Im März 2015 formte sich an der Universität Kapstadt die Bewegung #RhodesMustFall. In ihrem Leitbild bezeichnet sich #RhodesMustFall (#RMF) als ein unabhängiges Kollektiv aus StudentInnen und MitarbeiterInnen der Universität Kapstadt. Ihre Forderung: Die auf dem Campus befindliche Statue von Cecil John Rhodes muss weg!
Cecil Rhodes war einer der bedeutendsten Akteure der britischen Kolonialmacht und Befürworter des Apartheid-Gedankens. Er hatte der Universität einen Teil des Landes übertragen, auf dem später die Universität ihren Platz fand. Deshalb wurde ihm zu Ehren eine Statue auf dem Campus errichtet. Bis heute, mehr als 20 Jahre nach dem offiziellen Ende des Apartheid-Regimes, zeichnen Straßennamen und Monumente eine einseitige Sicht der Geschichte Südafrikas und bestärken die fortbestehende koloniale Narrative im öffentlichen Raum. Die Statue von Ceciles Rhodes steht stellvertretend für dieses Gedächtnis.
Schon zu Beginn der ersten Protestaktionen des #RMF wurde deutlich, dass es nicht nur um die bloße physische Entfernung der Rhodes Statue ging. Somit beendet der Abriss der Statue im April 2015 nicht die Bewegung, sondern steht für die Forderung nach einer längst überfälligen Transformation des südafrikanischen Post-Apartheid-Systems. Die bisherige Aufarbeitung der Geschichte der Nation war in den Augen von #RMF unzureichend. Dies wird in den unterschiedlichen Interpretationen der Erinnerungen des gespaltenen Südafrikas sichtbar. Cecil John Rhodes gilt in den Augen der BefürworterInnen der Statue als Gönner und Investor in die universitäre Bildungslandschaft der Region. Die #RMF hingegen sieht Cecil Rhodes, und so auch sein Abbild, als Verkörperung der Entmachtung der schwarzen[1] Bevölkerung. Die Statue zelebriere und halte die schmerzlichen Erinnerung aufrecht.
Die Regenbogennation ist aus Sicht von #RMF gescheitert. Soziale und ökonomische Ungleichheiten sind aktuelle und alltägliche Realität. Die südafrikanischen Studierenden sind desillusioniert. Die Hoffnung auf Chancengleichheit einer Post-Apartheid-Demokratie wandelt sich zu Unzufriedenheit und Enttäuschung. Sie gipfelt im Protest. Die fortbestehende Ungleichheit als „strukturell eingebettete Norm“ (Chaudhuri 2016, 2) herrsche auch an der Universität in Form von institutionellem Rassismus. Anzeichen dafür sind die geringe Anzahl der schwarzen MitarbeiterInnen und Studierenden, denen der Zugang zur Universität erschwert bleibt. Zudem orientierten sich die Wissensbestände und -produktion an eurozentrischen Idealen. Aus Sicht vieler schwarzer Studierender an der Universität Kapstadt sind die gelehrten Inhalte für sie weitestgehend irrelevant und vermitteln ein Gefühl der Bedeutungslosigkeit der eigenen Traditionen, Geschichte und Wissensbestände.
#RhodesMustFall hat sich gegründet, um den institutionellen Rassismus an der Universität zu beenden. Die Transformation der Erinnerungskultur, die Reformation der Bildungslandschaft und die Überwindung struktureller Ungleichheit vereinen sich in der Forderung nach einer Dekolonialisierung der Universität. Diese bezieht sich nicht nur auf das Bildungssystem, sondern weitet sich auf alle Bereiche des Post-Apartheid Südafrikas aus.
Die Relevanz der Statue selbst darf dennoch nicht in den Hintergrund treten. Als „perfekte Verkörperung“ (vgl. RMF, 2016:6) all dessen, was in den Augen der südafrikanischen Studierenden in Südafrika seit 1994 falsch läuft, gab der Hashtag RhodesMustFall! der Bewegung ihren Namen.
#RhodesMustFall ihrer Forderung nach Dekolonisierung der Universität hat uns, als Studentinnen des Instituts für Afrikastudien besonders interessiert, weil sie uns zur Selbstreflexion anregt. In der Annäherung an die Thematik haben wir viel über unsere eigene Rolle und Position diskutiert. Es tauchten Fragen auf wie: Können wir, als weiße deutsche Studentinnen, die Forderungen der Bewegung in ihrer Komplexität und Tiefe überhaupt erfassen? Dürfen wir uns mit der Bewegung als Forschungsobjekt beschäftigen? Nicht alle Fragen konnten wir für uns beantworten. Doch die Auseinandersetzung mit der Protestbewegung hat uns deutlich gemacht, dass auch wir Teil der Prozesse sind. Auch unsere Wissensbestände sind kolonialisiert und besetzt- auch unsere Wissensproduktion folgt einer Wahrheit und Geschichte. Es gilt unsere eigene Perspektive zu reflektieren und ein Bewusstsein für verschiedene Wahrheiten und Arten von Wissen zu schaffen. In diesem Kontext stellte sich die Frage inwieweit sich #RhodesMustFalls Forderung nach Dekolonialisierung auch auf die von Ngũgĩ wa Thiong’o proklamierte „Dekolonialisierung des Bewusstseins“ übertragen lässt. Und in welchem Maße sind wir, drei Studentinnen des Instituts für Afrikastudien, Teil der Debatte, wenn es um die Transformation des Bewusstseins geht? Wie tief muss Rhodes bei uns noch fallen?
[1] Rhodes Must Fall definiert die Beschreibung ’schwarz‘ als alle Personen einschließend, welche sich aufgrund ethnischer Zuschreibung Rassismus ausgesetzt fühlen. Für diese Personengruppen wird auch der Begriff People of Colour (PoC) verwendet. Die Autorinnen haben diese Begriffsdefinition und – verwendung so von #RMF übernommen.
Mbembe, Achille Joseph (2016): Decolonizing the Decolonizing the university: New directions. In: Arts & Humanities in Higher Education, S. 29–45.
Rhodes Must Fall (2015): UCT Rhodes Must Fall Mission Statement. In: The Johannesburg Workshop in Theory and Criticism (9), S. 6–8. <http://www.jwtc.org.za/the_salon/volume_9/rmf_statements.htm>, zuletzt geprüft am 13.06.2017.
Wa Thiong’o, Ngũgĩ (1998): Decolonising the Mind. In: Diogenes, 46/184, S.101-104.
contribution à l’unité d’enseignement Méthodes scientifiques d’Études Africaines (4ème semestre, BA Études Africaines, semestre d’été 2017) sur le sujet de manifestations étudiantes.
Verena Blaimer, Isabelle Bertram, Lisa Erlmann
Ari Awagana, Mohamed Ben Omar et Sita Diabiri : trois hommes du Niger qui sont unifiés par leurs implications dans des protestations estudiantines à Niamey, la capitale du Niger. Les premiers ont contesté en 1990 et l’autre en 2017. Ils identifient les individus nombreux qui participent à des protestations. Quel est le lien entre les personnes comme Ari Awagana, Mohamed Ben Omar et Sita Diabiri qui descendent dans la rue pour protester ?
Ari Awagana et Mohamed Ben Omar, tous les deux étudiants de l’Université de Niamey à ce temps, ont participé aux protestations estudiantines le 9 février 1990 à Niamey. Des ajustements structurels par le Fonds monétaire international risquaient d’encore aggraver les conditions de vie et d’étude dont les étudiants étaient déjà mécontents. En plus, il y avait un système autoritaire qui ne permettait pas le multipartisme ou des réformes pour une démocratisation. Les étudiants ont organisé des débats pour élaborer des demandes concrètes qui étaient, pourtant, ignorées par le gouvernement sous le président Ali Saibou. Pour se faire entendre du gouvernement, les étudiants comme Ari Awagana et Mohamed Ben Omar sont descendus dans la rue le 9 février 1990. La route prévue de la marche de protestation commençait à l’université à l’ouest du fleuve Niger et était dirigée vers le centre- ville à l’est du fleuve. En 1990, un seul pont reliait les deux rives. Il était prévisible que la police essayerait d’empêcher les manifestants d’accéder le centre-ville. Ainsi la confrontation entre les étudiants et la police s’est passée sur le pont. La police a utilisé de la violence contre les manifestants et a ouvert le feu. Trois des étudiants sont morts, plusieurs ont été blessés, entre eux Ari Awagana. Son pied gauche a été touché par une balle.
Rétrospectivement, les évènements du 9 février 1990 ont déclenché une transformation du système politique au Niger. À cause des manifestations persistantes, le gouvernement se trouvait contraint à convoquer une assemblée nationale dans l’année suivante. Beaucoup de sièges y étaient pour les étudiants. On a instauré le multipartisme et inauguré un nouveau président. Mohamed Ben Omar est devenu homme politique, puis ministre de l’Enseignement Supérieur. Ari Awagana a quitté le Niger et travaille aujourd’hui comme professeur dans l‘université.
Sita Diabiri, qui est actuellement étudiant à l’Université de Niamey, a participé à une manifestation le 9 février 2017. Il est aussi secrétaire général de l’organisation estudiantine UENUN qui était l‘un des organisateurs des manifestations en 1990. En 2017, comme dans les années précédentes, les étudiants ont choisi l’anniversaire des manifestations de 1990 pour descendre dans la rue. Au cours des années, cette journée s’est établie pour des marches de protestation. Le mémoire de ce temps-là y est lié à des exigences actuelles concernant les conditions de vie et d’études, le paiement ponctuel des bourses par l’état et la démocratisation.
Il y a des affrontements violents entre les manifestants et la police pendant les manifestations encore et toujours. En plus des trois morts de 1990, qui sont commémorés comme des martyres, il y a eu au moins deux autres morts pendant les manifestations. Mohamed Ben Omar, qui est une fois descendu dans la rue lui-même, a fait employer la manière forte contre les manifestations dans sa qualité de ministre de l’Enseignement Supérieur. Quand même, les manifestations n’étaient pas finies, alors le président du Niger a destitué Mohamed Ben Omar de sa fonction comme ministre de l’Enseignement Supérieur et l’a nommé à ministre de Travail.
Même si il y a 27 ans entre la manifestation d’Ari Awagana et Mohamed Ben Omar et celle de Sita Diabiri, elles ont beaucoup de choses en commun. Ce sont des demandes similaires qui font les étudiants descendre dans la rue encore et toujours depuis 1990. Le mémoire des manifestations précédentes par les manifestations actuelles crée une communauté de destin transgénérationelle. Cette communauté est constituée par des individus comme Ari Awagana, Mohamed Ben Omar et Sita Diabiri qui ont des rêves et des visions pour un avenir plus démocratique avec des conditions de vie et d’étude améliorées. Quelques-uns des manifestants ont perdu la vie pour leurs visions. D’autres, comme Ari Awagana, auront toujours des cicatrices du corps et des souvenirs dans la tête. Quelques personnes, comme Mohamed Ben Omar, font poser la question où en sont les rêves et les visions d’alors. D’autres, comme Sita Diabiri, sont encore au milieu de la lutte pour leurs convictions et ne connaissent pas encore les effets de leurs protestations ou les conséquences pour leur propre vie.
Des recherches approfondis pourraient explorer les raisons pour lesquelles ce sont précisément les étudiants qui descendent dans la rue pour la démocratie. En plus, on pourrait demander à d’autres manifestants anciens sur les conséquences de leur participation aux manifestations pour leurs biographies pour éventuellement discerner des structures communs.
Sources:
Awagana, Elhadji Ari. 2017. Réponse par écrit (témoin de l‘époque).
Bulitta, Erich et Hildegard. 2017. Von der Erinnerung zu einer Erinnerungs- und Gedenkkultur – Analyse, Schritte zu einer Erinnerungs- und Gedenkkultur – Band II. Berlin: epubli.
Diabiri, Sita. 2017. Réponse par écrit (secrétaire général de l’organisation estudiantine « Union des Étudiants Nigeriens à l’Université de Niamey »).
Habibou, Assoumane. 2011. „Il y aura t-il vraiment une justice pour le 9 février?”, mondoblog. Online: http://ader.mondoblog.org/2011/02/09/il-y-aura-t-il-vraiment-une-justice-pour-le-9-fevrier/ (09.06.17).
Habibou, Assoumane. 2015. „Niger: Commémoration sans fin et sans résultat du 9 février”, Mondoblog. Online: http://tajane.mondoblog.org/2015/02/10/niger-commemoration-sans-fin-et-sans-resultat-du-9-fevrier/ (09.06.17).
Idikaou, Ibrahim Abdou. 2014. „Commémoration de la journée des martyrs “ Jeunesse du Niger. Online: http://jeunesseduniger.blogspot.de/2014/02/commemoration-de-la-journee-des-martyrs.html (08.06.17).
Idrissa, Abdourahmane et Samuel Decalo.2012. 4. Aufl. Plymouth: Scarecrow Press. Internationales Afrikaforum. 2004. Heft 2, S. 121-122. Online: https://www.wiso-net.de/document/IAC__200404121 (08.06.17).
Jakiša, Miranda und Dariuš Zifonun. 2004. „Gedächtnis und Erinnerung“, Soziologische Revue, 27/1, 58-68.
Jarausch, Konrad H. und Martin Sabrow (Hg.). 2002. Erinnerungskultur und Zeitgeschichte im Konflikt. Frankfurt / New York: Campus Verlag.
Kado, Issoufou Boubacar. 2015. „ Les étudiants étaient le fer de lance de la lutte pour l’instauration de la démocratie au Niger“, Tamtaminfo. Online: http://www.tamtaminfo.com/les-etudiants-etaient-le-fer-de-lance-de-la-lutte-pour-linstauration-de-la-democratie-au-niger/ (09.06.17).
Kölsch, Julia. 2000. Politik und Gedächtnis. Zur Soziologie funktionaler Kultivierung von Erinnerung. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.
Research Directorate, Immigration and Refugee Board, Canada. 2004. Niger: University of Niamey’s Nigerien Student Union (UENUN). Online: http: //www.refworld.org/docid/41501c391c.html (09.06.17).
Sawahel, Wagdy. 2017. „University shuts down amid violent student protest”, University World News. Online: http://www.universityworldnews.com/article.php?story=20170413070911654 (08.06.17).
Dieser Blogeintrag beschäftigt sich mit der Problematik der Sprachpolitik an der Universität Stellenbosch in Südafrika. Im Speziellen geht es um die Reaktionen der afrikaanssprachigen Studierenden auf die Studtentenbewegung Open Stellenbosch. Sie hat erwirkt, dass Englisch zur Hauptunterrichtssprache der Universität gemacht wurde. Diese Sprachdebatte ist für Studenten in Ländern, in denen es nur eine Nationalsprache gibt, relativ schwierig nachzuvollziehen. Südafrika steht also mit elf Nationalsprachen, die alle Träger unterschiedlicher Identitäten sind bzw. sein können, vor einer in Deutschland unbekannten Problematik. Sprache und Identität können in diesem Diskurs nicht getrennt voneinander betrachtet werden. Demnach sind einige der Reaktionen des afrikaanssprachigen Teil der Studenten auf die Open Stellenbosch Bewegung nicht nur durchsetzt von der Angst ihre Sprache, sondern auch ihre Kultur im universitären Kontext aufgeben zu müssen.
Open Stellenbosch ist ein Studentenprotest, der sich im April 2015 entwickelte. Der Bewegung ging eine jahrelange Debatte über die Sprachpolitik an der Universität Stellenbosch voraus. Mittelpunkt dieser Diskussion ist die Unterrichtssprache Afrikaans, eine von elf Nationalsprachen Südafrikas. Von vielen Studenten wird Afrikaans immer noch als Sprache der Apartheid angesehen, welche andere ethnische Gruppen an der Universität Stellenbosch ausgrenzt. Befeuert von weiteren Studentenprotesten in Südafrika 2015 wie zum Beispiel die international bekannte #Rhodesmustfall-Bewegung an der Universität Kapstadt formierte sich die Studentenbewegung Open Stellenbosch. Die Gruppe bestehend aus mehrheitlich Schwarzen Studenten protestierte dafür, dass kein Student dieser Universität mehr gezwungen werden sollte Afrikaans zu lernen. Damit einhergehend, so Open Stellenbosch, müsse die Universität Stellenbosch zu einem Ort der Vielfalt werden. In diesem Jahr wurde nun eine neue Sprachpolitik an der Universität implementiert, die Englisch und Afrikaans als gleichgestellte Unterrichtssprachen vorsieht. Es scheint jedoch, dass Englisch Afrikaans ganz als Hauptunterrichtssprache abgelöst hat und Afrikaans nur noch in sehr kleinem Ausmaß verwendet werde, so viele Studenten der Universität.
Vor diesem Hintergrund galt nun unser Interesse den Auswirkungen dieses Protests auf afrikaanssprachige Studenten an der Universität Stellenbosch. Unsere Ergebnisse haben wir maßgeblich aus Blogs, sozialen Netzwerken und Filmmaterial zusammengetragen und schnell wurde uns klar, wie vielschichtig und komplex die Problematik ist. Zunächst haben wir, wie es auf der Hand liegen möchte, die verschiedenen Kommentare in Pro-, Neutral- und Contra-Argumente für bzw. gegen die Forderung Open Stellenboschs unterteilt, um dann in den jeweiligen Kategorien inhaltliche Subkategorien zu entwickeln.
Anhand von zwei Positionen, die sich gegen die Abschaffung von Afrikaans als Unterrichtssprache richten, wird ein tiefergehender Einblick in die Problematik dieser Sprachdebatte aufgezeigt. Eine dieser Positionen, ist die der afrikaanssprachigen Nationalisten, die wohl lauteste und aggressivste Gruppe in diesem Diskurs.
Pricks like you have been trying for years to make Stellies exclusively english and we’re still here. So gaan huil by jou mamma kind (übersetzt: „Geh heulen bei deiner Mama Kind“). [1]
Ein Statement wie dieses gehört noch zu den harmloseren Posts. Kern ihrer Argumentation ist, dass mit dem Abschaffen von Afrikaans die „großartigen Errungenschaften“ der weißen afrikaanssprachigen Gesellschaft der letzten Jahrzehnte aufgegeben werden bzw. verloren gehen. Ohne sie würde es überhaupt keine solche Universität geben, geschweige denn diesen Grad an Bildung; solche und ähnliche Kommentare sind hier zu lesen. Meist klingt in den Kommentaren subtil oder aber auch sehr offen die Annahme einer Vormachtstellung bzw. einer fortbestehenden Überlegenheit der weißen afrikaanssprachigen Bevölkerung mit.
Eine weitere Sprechergruppe sind die „coloured“ afrikaanssprachigen Studenten. Wichtig ist, dass der Anteil an „coloured“ afrikaanssprachigen Südafrikanern deutlich größer ist, als der an weißen Afrikaanssprachigen.
student Vl: Previously, English students were excluded, now it’s the Afrikaans students. (#00:07:27-5#) I don’t understand the logic behind it. (#00:07:30-3#) The Afrikaans language community is a majority in the Western Cape. (#00:07:32-0# #00:07:40-2#)
I think the language is perceived as white. (#00:07:58-6#) If we are being punished because Afrikaans is seen as a predominantly white language, it will be more detrimental for us. (#00:08:17-0#) That must change – the perception of Afrikaans. (#00:08:21-3#) [2][3]
Diese beiden Zitate von “coloured” afrikaanssprachigen Studenten zeigen klar auf, wo hier die Probleme mit der Forderung Open Stellenboschs Afrikaans abzuschaffen in ihren Augen liegen. Nicht die Sprache Afrikaans ist das Problem, sondern die negative Verknüpfung der Sprache mit der Apartheid, verkörpert durch das Bild des weißen südafrikanischen Nationalisten. Diese beiden wichtigen, unterschiedlichen Gegenstimmen zu Open Stellenbosch zeigen zwei Dinge sehr deutlich: erstens, wie stark die Sprache Afrikaans mit Identität verknüpft ist und zweitens, wie unterschiedlich diese Identitäten sein können.
Neben den negativen Stimmen gibt es aber auch durchaus viele afrikaanssprechende Studenten, die sich für die Forderungen der Open Stellenbosch Bewegung aussprechen.
Die Sprachdebatte an der Universität Stellenbosch wird wahrscheinlich weiter andauern, da durch die Verknüpfung von Sprache und Identität Englisch nur als Übergangslösung angesehen werden kann. Auch Englisch ist durch die ehemalige britische Kolonialherrschaft in Südafrika keine neutrale Sprache. Zudem stellt sich die Frage, inwiefern die weiteren neun Nationalsprachen Südafrikas eine Rolle spielen sollen. Zwar handelt es sich hier um einen Studentenprotest nur an einer Universität Südafrikas, die Sprachdebatte wirft aber Fragen auf, die in ihrer Problematik auch außerhalb der Universitätswelt eine große Relevanz haben. Ob es überhaupt möglich ist eine Lösung, für die Sprachdebatte an der Universität Stellenbosch, zu finden, die allen recht und gleichzeitig finanzierbar ist wird sich im Laufe der Zeit zeigen.
Beitrag aus dem Modul zu afrikawissenschaftlichen Methoden (4. Semester, BA Afrikastudien, Sommersemester 2017) zum Thema Studierendenproteste.
Verena Blaimer, Isabelle Bertram, Lisa Erlmann
Ari Awagana, Mohamed Ben Omar und Sita Diabiri: drei Männer aus dem Niger, die durch ihr Engagement in Studierendenprotesten in Niamey, der Hauptstadt des Nigers, miteinander verbunden sind. Die ersten beiden demonstrierten im Jahr 1990, der letztgenannte 2017. Sie verkörpern exemplarisch die vielen einzelnen Personen, die hinter Protesten stehen. Welche Zusammenhänge bestehen zwischen Menschen wie Ari Awagana, Mohamed Ben Omar und Sita Diabiri, die zu verschiedenen Zeiten auf die Straße gehen, um zu protestieren?
Ari Awagana und Mohamed Ben Omar, damals beide Studierende der Universität Niamey, waren Teil des Studierendenprotests am 9. Februar 1990 in Niamey. Struktur-anpassungsprogramme des Internationalen Währungsfonds drohten die Studien- und Lebensbedingungen, mit denen die Studierenden ohnehin schon unzufrieden waren, weiter zu verschlechtern. Dazu kam ein autoritäres politisches System, das Meinungsfreiheit, ein Mehrparteiensystem und Reformen hin zu einer Demokratie verhinderte. Die Studierenden erarbeiteten in Diskussionsrunden konkrete Forderungen, welche aber von der Regierung unter Präsident Ali Saibou ignoriert wurden. Um sich Gehör zu verschaffen, gingen die Studierenden – unter ihnen Ari Awagana und Mohamed Ben Omar – am 9. Februar 1990 auf die Straße. Die geplante Route des Protestmarschs führte von der auf der westlichen Seite des Niger-Flusses gelegenen Universität zum Stadtzentrum auf der östlichen Seite. Die beiden Ufer waren 1990 nur durch eine einzige Brücke miteinander verbunden. Es war abzusehen, dass die Polizei versuchen würde, die Protestierenden daran zu hindern, ins Stadtzentrum zu gelangen. So kam es auf der Brücke zur Konfrontation zwischen Studierenden und der Polizei. Letztere stellte sich den Protestierenden gewaltsam entgegen und schoss in die Menge. Drei Studierende starben, viele wurden verletzt – unter ihnen Ari Awagana. Ihn traf eine Kugel in den linken Fuß.
Rückblickend lösten die Ereignisse am 9. Februar 1990 einen Wandel des politischen Systems im Niger aus. Aufgrund anhaltender Proteste sah sich die Regierung gezwungen, im Jahr darauf eine Nationalkonferenz einzuberufen. Dabei ging eine große Anzahl an Sitzen an Studierende. Ein Mehrparteiensystem wurde eingeführt und ein neuer Präsident vereidigt. Mohamed Ben Omar ging in die Politik und wurde zuletzt Minister für höhere Bildung. Ari Awagana verließ den Niger und arbeitet heute als Dozent an der Universität.
Sita Diabiri, aktuell Studierender an der Universität Niamey, nahm am Protest am 9. Februar 2017 teil. Er ist zudem Vorsitzender der Studierendenorganisation UENUN, die schon 1990 die Studierendenproteste maßgeblich mitorganisierte. Wie auch in den Jahren davor nahmen die Studierenden 2017 den Jahrestag des Protests von 1990 zum Anlass, um erneut auf die Straße zu gehen. Über die Jahre hinweg hat sich dieser Tag für Protestmärsche etabliert. Das Gedenken an die damaligen Ereignisse wird dabei mit aktuellen Forderungen nach besseren Lebens- und Studienbedingungen, fristgerechten staatlichen Stipendienzahlungen und mehr Demokratie verbunden.
Immer wieder ereignen sich während der Proteste gewaltsame Zusammenstöße zwischen Protestierenden und der Polizei. Neben den drei Toten von 1990, welcher als Märtyrer gedacht wird, sind mittlerweile mindestens zwei weitere Protestierende zu Tode gekommen. Mohamed Ben Omar, der einst als Student selbst mit auf die Straße ging, ließ zuletzt als Minister für höhere Bildung hart gegen Studierendenproteste durchgreifen. Trotzdem gingen die Proteste weiter, woraufhin der Präsident des Nigers Mohamed Ben Omar als Minister für höhere Bildung absetzte und zum neuen Arbeitsminister ernannte.
Auch wenn zwischen dem Protest von Ari Awagana und Mohamed Ben Omar und dem von Sita Diabiri 27 Jahre liegen, bestehen zwischen ihnen zahlreiche Zusammenhänge. Sehr ähnliche Forderungen bewegen die Studierenden seit 1990 immer wieder dazu, auf die Straße zu gehen. Das Gedenken jüngerer Proteste an vorangegangene schafft eine Schicksalsgemeinschaft über Generationen hinweg. Hinter dieser Gemeinschaft an Protestierenden stehen einzelne Personen wie Ari Awagana, Mohamed Ben Omar und Sita Diabiri, mit Visionen und Träumen für eine demokratischere Zukunft mit besseren Studien- und Lebensbedingungen. Manche der Protestierenden haben dafür ihr Leben gelassen. Andere, wie Ari Awagana, tragen ihr Leben lang Narben an ihrem Körper und Erinnerungen im Kopf. Bei einigen, wie Mohammed Ben Omar, stellt sich die Frage, was aus den einstigen Träumen und Visionen geworden ist. Wieder andere Protestierende, wie Sita Diabiri, sind noch mitten im Kampf für ihre Überzeugungen, unwissend, welche Auswirkungen ihre Proteste haben werden oder welche Konsequenzen sich aus ihrem Engagement auf ihr eigenes Leben ergeben werden.
Weitergehende Forschung könnte sich mit der Frage beschäftigen, warum gerade Studierende für Demokratie auf die Straße gehen. Darüber hinaus könnten noch weitere ehemalige Protestierende zu den Auswirkungen ihres Mitwirkens an den Protesten auf ihre Biographien befragt werden, um mögliche gemeinsame Strukturen zu erkennen.
Quellen:
Awagana, Elhadji Ari. 2017. Schriftliche Beantwortung von Fragen (Zeitzeuge).
Bulitta, Erich und Hildegard. 2017. Von der Erinnerung zu einer Erinnerungs- und Gedenkkultur – Analyse, Schritte zu einer Erinnerungs- und Gedenkkultur – Band II. Berlin: epubli.
Diabiri, Sita. 2017. Schriftliche Beantwortung von Fragen (aktueller Vorsitzender der Studierendenorganisation „Union des Étudiants Nigeriens à l’Université de Niamey“).
Habibou, Assoumane. 2011. „Il y aura t-il vraiment une justice pour le 9 février?”, mondoblog. Online: http://ader.mondoblog.org/2011/02/09/il-y-aura-t-il-vraiment-une-justice-pour-le-9-fevrier/ (09.06.17).
Habibou, Assoumane. 2015. „Niger: Commémoration sans fin et sans résultat du 9 février”, Mondoblog. Online: http://tajane.mondoblog.org/2015/02/10/niger-commemoration-sans-fin-et-sans-resultat-du-9-fevrier/ (09.06.17).
Idikaou, Ibrahim Abdou. 2014. „Commémoration de la journée des martyrs “ Jeunesse du Niger. Online: http://jeunesseduniger.blogspot.de/2014/02/commemoration-de-la-journee-des-martyrs.html (08.06.17).
Idrissa, Abdourahmane und Samuel Decalo.2012. 4. Aufl. Plymouth: Scarecrow Press. Internationales Afrikaforum. 2004. Heft 2, S. 121-122. Online: https://www.wiso-net.de/document/IAC__200404121 (08.06.17).
Jakiša, Miranda und Dariuš Zifonun. 2004. „Gedächtnis und Erinnerung“, Soziologische Revue, 27/1, 58-68.
Jarausch, Konrad H. und Martin Sabrow (Hg.). 2002. Erinnerungskultur und Zeitgeschichte im Konflikt. Frankfurt / New York: Campus Verlag.
Kado, Issoufou Boubacar. 2015. „ Les étudiants étaient le fer de lance de la lutte pour l’instauration de la démocratie au Niger“, Tamtaminfo. Online: http://www.tamtaminfo.com/les-etudiants-etaient-le-fer-de-lance-de-la-lutte-pour-linstauration-de-la-democratie-au-niger/ (09.06.17).
Kölsch, Julia. 2000. Politik und Gedächtnis. Zur Soziologie funktionaler Kultivierung von Erinnerung. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag.
Research Directorate, Immigration and Refugee Board, Canada. 2004. Niger: University of Niamey’s Nigerien Student Union (UENUN). Online: http: //www.refworld.org/docid/41501c391c.html (09.06.17).
Sawahel, Wagdy. 2017. „University shuts down amid violent student protest”, University World News. Online: http://www.universityworldnews.com/article.php?story=20170413070911654 (08.06.17).
Beitrag aus dem Modul zu afrikawissenschaftlichen Methoden (4. Semester, BA Afrikastudien, Sommersemester 2017) zum Thema Studierendenproteste.
Karien Krüger
The difficulties in staying objective, an evaluation of my personal process in writing a scientific paper about Afrikaans within the Open Stellenbosch Movement in South Africa.
During the process of writing a scientific paper, it is a prerequisite to stay objective, that is to keep a distance when writing about a subject. The lines of distance and objectivity become blurred when you find yourself very close to the subject you are writing about. In this case I am an Afrikaans woman, who was researching the effects of the Open Stellenbosch Movement as it relates to the Afrikaans language. Being a white South African Afrikaans woman, I found myself within a European context, Germany, attempting to write about my language, my country, my identity and throughout the whole process I needed to stay objective.
In the course of the Open Stellenbosch Movement, the use of Afrikaans as the primary medium of education came under fire. Afrikaans is seen as the language of Apartheid and it has been reported that the use of it at the University of Stellenbosch promoted the exclusion of many other ethnic groups at the University.
As with many movements in 2015 the use of social media sites has seen an unprecedented increase. Thus it is no wonder that many posts about Open Stellenbosch were published on social media sites like Facebook, where the movement had created a homepage. They ranged from posts that supported the Open Stellenbosch Movement wholeheartedly, to those that were against it. There were those that found the movement in itself credible, but the way in which it had been executed on Campus as completely outrageous:
“…How did that happen? How did we go from “All classes must be available in English” to “one settler, one bullet”?(…) Because I cannot (…) imagine what else “one settler, one bullet” means, other than Africa For Africans, Kill The Boer, etc, etc. And that, Open Stellenbosch, is where you lose me.
Make Stellenbosch’s language policy such that no student or staff member is in any way disadvantaged by a lack of proficiency in Afrikaans? Yes, by all means. Transform an exclusive, traditional, white student culture at Stellenbosch? Yes, sir. Fight all forms of institutionalised racism and sexism on campus? By the power vested in me, yes, yes, yes!
But THIS? Singing violent, racist struggle songs? Waving around a slogan which reminds all South Africans (or at least those who paid attention in their history lessons) of a violent, racist movement that sought not the equality and freedom of all persons that you supposedly stand for, Open Stellenbosch, but a civil war between black and white? DIFFERENT THING, BRA.
By all means, if this is your agenda, go for gold. Seriously. Do your thing. Maybe South Africa needs a civil war. I don’t know. If that’s what you think is necessary, Open Stellenbosch, then give it all you’ve got...“
While most people would read this Facebook post and see the negativity as an “objective outsider”, it makes objectivity for an “insider” even harder. As the “objective insider” I read this post with prior knowledge about the hatred and anger some South Africans feel towards one another, a post about a protest song and a sarcastically mentioned civil war, tugged at the soul and it is difficult to read it as sarcasm, or a mere rant. This and so many other posts on the Open Stellenbosch Facebook page, feels like calls to action for an “insider”, they are calls for people to stand united and oppose hatred.
The one comment that echoed throughout the Facebook page, was a comment made by Heleen Hofmeyer:
“…but hey, what do I know, right? I’m just a white girl who clearly doesn’t understand”
This resonated with me, as a white Afrikaans South African, trying to understand my own place in my country, my own identity, my language, my culture, my home… It made writing an objectively researched opinion hard.
A positive influence on the pursuit of becoming an “objective insider” was working in a group of true “objective outsiders”. The situation demanded the need to explain even the most mundane points about the issue, even though those points are often assumed to be common knowledge. The group created a space where assumptions become ‘alienated’, also described by Amann & Hirschauer in “Befremdung der eigenen Kultur” (1997).
This in turn created a space for alternative interpretations that change your own perspective, due to the fact that all avenues need to be researched, referenced and well documented. Such a situation also creates an opportunity for an “insider” to explore other insights and consider other possible ideas about the issue. As such it pushes the “insider” to acknowledge other opinions about issues that he/she always considered to be the truth.
This reimagining and rethinking of your assumptions and truths are the greatest tools in the process of becoming an “objective insider”.
For more information about the Open Stellenbosch movement please visit our folder with more links, documentary films and further reading material:
Amann, Klaus & Hirschauer, Stefan. (1997). Die Befremdung der eigenen Kultur : ein Programm. In Stefan Hirschauer ; Klaus Amann (Hrsg.), Die Befremdung der eigenen Kultur (pp. 7-52). Frankfurt am Main: Suhrkamp.