4.3   Intonation

Die Intonation baut auf dem temporalen Gerüste auf, das durch das Phrasen- und das Timingmodell gegeben ist. Das ist begründet durch die Annahme, dass auch der natürliche Sprecher die zeitliche Steuerung vor der Steuerung der Intonation vornimmt. Ein Text ohne Intonation ist zwar schon verständlich, wirkt jedoch noch sehr monoton und dadurch unnatürlich (Bsp08). Auf dieses zeitlich definierte Gerüst wird die Intonation gesetzt. Wir gehen in unserer Konzeption der Intonation von zwei unabhängigen Komponenten aus, ein Modell das von Fujisaki für das Japanische entwickelt worden ist[5]. Die Intonation stellt sich demnach zusammen aus einerseits Pitchbewegungen in einzelnen akzentuierbaren Wörter, d.h. relativ schnelle Tonhöhenbewegungen, die in Bezug zur akzentuierten Silbe stehen, andererseits von Komponenten, die sich über ganze Phrasen bewegen. Beide Komponenten werden unabhängig voneinander gesteuert und für die definitive Intonationskurve superponiert. (Bsp09 mit konstanter Grundfrequenz. Bsp10 nur mit Akzentkommandos, Bsp11 nur mit Phrasenkommandos, Bsp12 mit kompletter Intonation).

Diese Beispiele vermitteln deutlich, dass Sprache ohne Melodie keinesfalls natürlich klingen kann und dass die Melodie einen großen Einfluss auf die Verständlichkeit, aber auch auf die Wahrnehmung von Rhythmus und Sprachgeschwindigkeit hat. Gleichzeitig möchte ich betonen, dass für die Melodie einer Sprache nicht nur der Tonhöhenverlauf von Bedeutung ist, sondern mindestens ebenso die zeitliche Strukturierung. Wieder lassen sich Fragen stellen, die für die Dialektologie relevant sind: Was kennzeichnet 'normale' bzw. funktionsspezifische Intonationsverläufe in verschiedenen Mundarten aus? Wie unterscheiden sich verschiedene Varietäten? Wie relevant sind Unterschiede?


[5] Eine gut verständliche Darstellung mit einer Umsetzung ins Deutsche findet sich bei Mixdorff (1998).