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2.10 KUNSTDIENST

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<2_10> Verordnung über den Kunstdienst der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens

Vom 19. Juni 1990 (ABl. 1990 A 52)

31013/264
Das Landeskirchenamt verordnet über die Tätigkeit des Kunstdienstes der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens Folgendes:

I. Grundsatzbestimmungen
§ 1
(1) Der Kunstdienst ist eine Einrichtung der Landeskirche, die der Aufsicht des Landeskirchenamtes untersteht. Dieses kann Arbeitsaufträge an den Kunstdienst erteilen.
(2) Für die Tätigkeit des Kunstdienstes gemäß dieser Verordnung ist dessen Leiter verantwortlich. Er ist unmittelbarer Dienstvorgesetzter der Mitarbeiter des Kunstdienstes.
(3) Der Leiter des Kunstdienstes wird vom Landeskirchenamt berufen. Er untersteht der Dienstaufsicht des Landeskirchenamtes. Die Einstellung von Mitarbeitern des Kunstdienstes erfolgt durch das Landeskirchenamt nach Gehör des Leiters des Kunstdienstes.

II. Aufgaben und Arbeitsweise
§ 2
Der Kunstdienst steht den Kirchgemeinden, kirchlichen Dienststellen sowie dem Landeskirchenamt für das Gesamtgebiet der bildenden Kunst (Malerei, Grafik, Plastik) und des Kunsthandwerkes (Paramentik, Ausstattung) beratend und vermittelnd zur Verfügung. Den Schwerpunkt der Tätigkeit des Kunstdienstes bildet die Begleitung und Unterstützung von kirchlichen Vorhaben auf dem Gebiet der bildenden Kunst und des Kunsthandwerkes.

§ 3
Im Einzelnen hat der Kunstdienst insbesondere folgende Aufgaben zu erfüllen:
a) Förderung des Verständnisses der Kirchgemeinden und kirchlichen Dienststellen für überlieferte und zeitgenössische Kunst durch geeignete Veranstaltungen wie z. B. Ausstellungen, Vorträge, Tagungen usw.;
b) gutachterliche Tätigkeit bei der Erfassung, Bewahrung, Restaurierung und Pflege des Kunstgutes;
c) Begutachtung von Entwürfen für gottesdienstliches Gerät, kirchliche Druckerzeugnisse, Nachrichtenblätter, Plakate, Kirchensiegel usw. sowie Förderung der Schaukastenarbeit der Kirchgemeinden;
d) Herstellung und Pflege von Künstlerkontakten sowie Vermittlung geeigneter Künstler und Werkstätten für kirchliche Gestaltungsaufgaben;
e) Betreuung und Erweiterung des Bildarchives und der Grafiksammlung zum Gesamtgebiet von bildender Kunst und Architektur als Grundlage für Ausstellungen, Vorträge und kirchgemeindlichen Bedarf;
f) Betreuung und Ausbau der Diathek (Bildkammer) zur Ausleihe von Einzeldias und Diaserien mit anfallenden fotografischen Arbeiten;
g) Weiterführung und laufende Aktualisierung der Kunstgutkartei sowie deren praktische Erschließung;
h) Veröffentlichungen zur bildenden Kunst und zum Kunsthandwerk im kirchlichen Raum in Form von Berichten, Bildbetrachtungen, Arbeitshilfen usw.;
i) Erwerb von Werken zeitgenössischer Kunst für einen entsprechenden Bedarf der Kirchgemeinde in Abstimmung mit dem Landeskirchenamt.

§ 4
(1) Der Kunstdienst versieht seine Tätigkeit in Abstimmung mit dem Landeskirchenamt selbstständig und eigenverantwortlich. Er arbeitet mit entsprechenden Einrichtungen anderer Landeskirchen zusammen und beteiligt sich am Erfahrungsaustausch.
(2) Der Leiter des Kunstdienstes ist dem Landeskirchenamt berichtspflichtig. Er legt dem Landeskirchenamt jeweils bis 31. Oktober einen Jahresarbeitsplan für das folgende Kalenderjahr zur Prüfung und Bestätigung sowie zum 31. August einen Tätigkeitsbericht über die vorangegangenen zwölf Monate zur Kenntnisnahme vor.
(3) Der Leiter des Kunstdienstes ist verpflichtet, auf Einladung an Dienstberatungen des Landeskirchenamtes teilzunehmen.
(4) Der für die Arbeit des Kunstdienstes erforderliche Finanzbedarf ist zusammen mit den zu erwartenden Einnahmen in einem jährlich zu erstellenden Haushaltplan nachzuweisen. Dieser bedarf ebenso wie der Stellenplan der Genehmigung durch das Landeskirchenamt, das die zum Ausgleich des Haushaltplanes erforderlichen finanziellen Mittel im Rahmen des landeskirchlichen Haushaltplanes zur Verfügung stellt.
(5) Die Rechnungsführung erfolgt eigenverantwortlich auf der Grundlage des genehmigten Haushaltplanes nach den Bestimmungen der Kassen- und Rechnungsordnung der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens. Der Leiter des Kunstdienstes nimmt dabei die in der Kassen- und Rechnungsordnung dem Vorsitzenden des Kirchenvorstandes zugewiesenen Rechte und Pflichten wahr.

§ 5
(1) Die Kirchgemeinden und kirchlichen Dienststellen sind im Rahmen der landeskirchlichen Ordnung verpflichtet, bei baulichen und gestalterischen Vorhaben sowie bei der Beschaffung, Veränderung und Veräußerung von Inventarstücken liturgischen oder künstlerischen Charakters die Beratung durch den Kunstdienst in Anspruch zu nehmen.
(2) Der Kunstdienst hat in diesen Fällen mit dem jeweils zuständigen kirchlichen Baupfleger zusammenzuarbeiten.
(3) Wird der Kunstdienst bei gestalterischen Vorhaben auf kirchlichen Friedhöfen tätig, hat er dabei Verbindung mit dem zuständigen Friedhofspfleger bzw. dem Friedhofsgestalter des Landeskirchenamtes zu halten.

III. Beirat
§ 6
Zur Beratung des Leiters des Kunstdienstes und zur Förderung der Tätigkeit dieser Einrichtung wird ein Beirat für den Kunstdienst der Landeskirche gebildet, dem Baufachleute, Theologen und Künstler angehören sollen. Einzelheiten über Zusammensetzung, Aufgaben und Arbeitsweise des Beirates regelt eine vom Landeskirchenamt unter Einbeziehung des Leiters des Kunstdienstes aufgestellte Ordnung.

IV. In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten
§ 7
(1) Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1991 in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt die Verordnung über den Kunstdienst der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens beim Landeskirchlichen Amt für Innere Mission vom 2. September 1950 (Amtsblatt 1951 Seite A 1) außer Kraft.

Evangelisch-Lutherisches Landeskirchenamt Sachsens
Hofmann

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Vorsicht ! Bisher nur erste Tippfehlerkorrektur erfolgt ! (22.10.1998, PH)
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<2_10> Dienst und Aufgabe des Kunstdienstes

Im Amtsblatt vom 15. Januar 1951 (ABl. 1951 B 3-4, 7-8)

Von Pfarrer Christian Rietzschel (Radebeul)

Inmitten einer Notzeit, deren drängende Hilferufe täglich an unser Gewissen rühren, noch dazu inmitten eines Werkes der Kirche, das gerade in der Linderung der Nöte und Drangsale seine Aufgabe sieht, sich um Kunst zu bemühen, das mag mehr als einem unter uns bedenklich erscheinen. Dass die Arbeit eines Kunstdienstes seine Heimstätte gerade in der Nähe und Nachbarschaft helfenden und lindernden Dienstes gerade in der Inneren Mission gesucht und gefunden hat, bedarf der Erläuterung. Hat nicht die Kunst ihr Recht und ihren Sinn verspielt, in der die innere und äußere Nötigung zur Abhilfe harten und bitteren Elends unausweichlich ist, so wird man fragen. Ist nicht vielmehr die Kunst dem Lebensüberschwang, dem Überfluss, dem Reichtum und der Fülle verschwistert? Müssen wir nicht alles unbedingt Notwendige zurückstehen lassen, solange die Not uns drängt? Die Frage wird am besten beleuchtet durch jene Zweifelfrage des Judas angesichts der Sünderin, die ihr Nardengefäß - eine Kostbarkeit - an den Herrn verschwendet: Warum ist diese Salbe nicht verkauft um 300 Groschen und den Armen gegeben? Wir wollen uns im Ernst der Frage, dieser doch zunächst sehr einleuchtenden Frage, nicht entziehen. Im Grunde ist ja doch wohl jede Gemeinde irgendwie von dieser Frage bedrängt. Darf sie etwa für die Ausschmückung eines Gemeindesaales oder einer Kirche Mittel aufwenden, solange noch spürbare Lasten auf ihren Gliedern liegen? Dürfen wir Kirchen wieder bauen oder instandsetzen oder ausschmücken, bevor nicht der Wohnungsnot gesteuert ist?

Wir kennen die Antwort Jesu. Er schützt das den Jüngern so sinnlos und unzeitgemäß scheinende Tun der Frau: lass sie mit Frieden; Arme habt ihr allzeit bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit. Er legitimiert damit das Handeln verschwenderischer Liebe nicht gegen das nützlicher Liebe, das liturgische gegen das diakonische, sondern eben das Handeln der Liebe schlechthin. Er lehrt uns damit etwas verstehen, was der rechnende diakonische Jüngerglaube heute wie damals nicht so ohne weiteres verstehen kann: dass nämlich nicht der Zweck, nicht das mit dem diakonischen Handeln Erreichte, nicht die Zahlen der Betten und Heime oder die Summen der Opfergroschen etwas vor Gott gelten, sondern die Liebe, deren sich verschenkende Kraft sich darin äußert. Wie sehr gerade die Väter der Inneren Mission ein offenes Verständnis auch für das zweckfreie Tun liebender Verehrung hatten, mag uns immer wieder gegenwärtig sein. In seinem bisher noch nicht veröffentlichten, für den Unterricht der Diakonissen bestimmten Diktat "Vom Schmuck der heiligen Orte" sagt Löhe:

Jede Diakonissin hat in der einen Hand die Ölflasche des barmherzigen Samariters und in der anderen das Nardengefäß, damit man Jesum salbt und den Geruch seiner Ehren verbreitet.

Uns an anderer Stelle sagt er:

Die Füße im Kot und Staub niedriger Arbeit, das Haupt im Sonnenlichte der Andacht und Erkenntnis Jesu.

Damit ist wohl am schönsten der innerste Beweggrund aller Arbeit in der Inneren Mission gekennzeichnet, wie Löhe sagt:

Martha und Maria sein in einer Person.

Und darum geht es uns auch heute in unserem Werk. muss ich noch darauf hinweisen, dass auch Wichern ein offenes Auge für den Sinn christlicher Kunst hatte: mit Bethmann Hollweg und anderen hat Wichern den "Verein für religiöse Kunst in der evangelischen Kirche" zu Berlin gegründet.

Dass nun die Aufgabe der kirchlichen Kunst gerade von der Seite der Inneren Mission angefasst wird - und zwar nicht nur bei uns in Sachsen - ich weise in diesem Zusammenhang auf die Werkbruderschaft unter Leitung des Leiters des Centralausschusses Ost Pastor Wenzel oder auf die Bemühungen der Inneren Mission in Mecklenburg hin - darin liegt wohl ein beachtlicher Zusammenhang. So sehr die Innere Mission von jeher der Ort der Kirche gewesen ist, an dem die Not unmittelbar gesehen und angegriffen wurde, ist sie immer zugleich auch das offene Fenster der Kirche gewesen, das den mannigfachen Kräften, die der Kirche zuwachsen, Einlass gewährt hat.

Überblickt man die geschichtliche Entwicklung der Inneren Mission, so kann man mit Erstaunen feststellen, mit welcher Energie sie sich seit ihren Anfängen um die Kunst bemüht hat. In den ersten zwanzig Jahren nach ihrer Gründung verging fast kein Kongress der Inneren Mission, auf dem nicht eine Spezialsitzung über religiöse Kunst abgehalten wurde: "Weil die Mission des Christentums die Kunst in sich schließt, darum muss auch die Innere Mission Auge, Herz und Hand für die christliche Kunst haben", so heißt es in einer der vielen Entschließungen dieser Zeit. Man sah damals freilich in der Kunst ein der Religion benachbartes Gebiet, das es zu gewinnen und vor allem zur apologetischen und erzieherischen Arbeit auszunutzen galt. Man sieht die Kunst in ihrer Eigenart neben dem Christentum stehen und noch nicht in ihm. Man spricht von Wechselbeziehungen zwischen Religion und Kunst, von "Zwei Welten, die groß und schön zusammenfließen sollen." Man steht der Kunst werbend gönnerhaft gegenüber, bisweilen auch wie einem Nebenbuhler, den es zu gewinnen gilt. Jedenfalls wagt man nicht, in die Eigengesetzlichkeit, die Autonomie der Kunst, die sich ihre angebliche Freiheit errungen hatte, einzugreifen. Die Distanz, die man spürt, wird in jedem Falle eingehalten. Erst die neuere Zeit hat ein Empfinden dafür geweckt, dass die Werke der Kunst und des Handwerkes zur Äußerung der Kirche und zur Darstellung ihrer Verkündigung selbst werden können. Vor allem seit dem Wirken Rudolf Kochs ist der Sinn dafür geweckt worden, dass einmal die Kunst nicht zur Verkündigung vermitteln oder vorbereiten kann, sondern selbst Verkündigung sein kann, kein irgend welchem Zwecke verbundenes Handeln, sondern eine selbstständige Äußerung der Anbetung. Auf der anderen Seite ist ihre Rolle im Rahmen kirchlichen Handelns durch Rudolf Koch richtiger gesehen und eingeordnet worden als eine durchaus dienende und insofern nur dem liturgischen Handeln selbst untergeordnete. "Diese unsere kirchliche Kunst", sagt Koch, "ist durchaus dienender Natur. Wir dürfen es nicht unternehmen, auf irgend eine Weise einen besonderen Eindruck zu machen, auch wenn es noch so sehr im Sinne der Kirche gemeint wäre. Die ruhige Erscheinung eines Kirchenraumes darf durch diese unsere Zutat nicht gestört werden, wir tun genug, wenn wir uns von den überlieferten Formen und Ordnungen leiten lassen. Wir sollen dem Gottesdienst nichts vorweg nehmen wollen, unsere Arbeiten sollen auch in keiner Weise auffallen. Umso mehr darf man beim näheren Zusehen die Liebe und Dankbarkeit erkennen, die die Herzen derer bewegt haben, die da am Werk waren."

Darum geht es auch gar nicht um eine Anerkennung oder Ehrung der Kunst in diesem unserem Rahmen, sondern um die Erkenntnis und Ehrung Gottes durch die Kunst. Auch haben wir nicht Werke im Auge, die irgendwie eine christliche Thematik zeigen, sondern solche, die der Verkündigung und Vergegenwärtigung des Evangeliums unmittelbar dienen können: Es geht im Grunde nicht um christliche Kunst, sondern um die Kunst der Christenheit.
Dass nun heute wieder die Aufgabe der kirchlichen Kunst gerade von der Seite der Inneren Mission angefasst wird, - und zwar nicht nur bei uns in Sachsen, - ich könnte auch auf die Werkstätten der Anstalten von Bethel und Spandau verweisen - in dieser Verbindung zwischen Kunst und Innerer Mission liegt ein beachtlicher Zusammenhang, der weit über eine historische Anknüpfung hinaus Bedeutung hat: Man sieht die innere diakonische Beziehung, Kunst gehört in den Dienst! So sehr die Innere Mission von jeher der Ort der Kirche gewesen ist, an dem die Not unmittelbar gesehen und angegriffen wurde, ist sie immer zugleich auch das offene Fenster der Kirche gewesen, das den mannigfachen Kräften, die der Kirche zuwachsen, Einlass gewährt und ihnen ihren Dienst angewiesen hat. Sie hat auf der einen Seite die Sendung der Kirche an den Menschen und Berufsgruppen ernst zu nehmen, und sie ist immer noch der Pflanzgarten der neuen Kräfte, die sich dem Dienst am Herrn verschenken wollen. Zu diesen Kräften der Kirche in der Gegenwart, die eine lebendige Substanz spüren lassen, gehört zweifellos die Arbeit der Künste, die der Musik, der Dichtung und eben auch der bildenden Künste und des Handwerkes.

Vor kurzem erst hat Martin Doerne auf einige untrügliche Symptome christlicher Substanz in unserem Volke hingewiesen und hat dabei neben dem prophetischen Durchbruch zur Ursprünglichkeit des Evangeliums in der dialektischen Theologie, neben der ökumenischen Bewegung, einer charismatischen Diakonie, das Hervortreten einer christlich geprägten Kunst genannt. Wir sollten unsere Augen dafür offen haben und immer wieder Ausschau halten nach den Kräften, die uns von außen zuwachsen, und sollten dabei doch von der Sorge bewegt sein, diese Kräfte in der Kirche zu beheimaten, und ihnen helfen, Heimatrecht in der Kirche zu gewinnen. Damit wäre nun die Weite der Aufgabe des Kunstdienstes umrissen. Man kann diesen Dienst in der Inneren Mission als einen zwiefachen sehen:

Es ist am christlichen Künstler, der heute in einer ganz besonderen inneren und äußeren Notlage steht, und es ist der Dienst an der Kirche, der es die Werke des christlichen Künstlers zu vermitteln gilt.

Die eine Aufgabe ist eine missionarische im Sinne der Volksmission, die andere eine der Inneren Mission im echtesten Sinne, indem nämlich dieser Dienst auf das Zentrum kirchlichen Handelns im Gottesdienst gerichtet ist. Bereits in den Grundgedanken des von Wichern gegründeten Vereins für religiöse Kunst ist diese doppelseitige Aufgabe an der Kunst erkennbar, wie aus einer Entschließung von 1854 zu entnehmen ist: "Es sei die Aufgabe der Inneren Mission, sowohl das in den bildenden Künsten neu erwachte Leben für die christliche Gemeinde fruchtbar zu machen als auch der Kunst und den Künstlern die durch diese Verbindung bedingte äußere und innere Förderung zuzuwenden."

Lassen Sie mich von beiden nacheinander sprechen.


I.

Sie hat die Sendung der Kirche an den Menschen ernst zu nehmen, und sie ist immer noch der Pflanzgarten der neuen Kräfte, die sich dem Dienst am Herrn verschenken wollen. So möchte ich den Dienst der Inneren Mission an der Kunst als einen zwiefachen gesehen wissen. Es ist der Dienst am christlichen Künstler, der heute in einer ganz besonderen Notlage steht, und es ist der Dienst an der Kirche, indem sie ihr die Werke des christlichen Künstlers vermittelt und ihnen den Zugang zu ihrer eigentlichen Bestimmung, dem Gottesdienst, erleichtert. Die eine Aufgabe ist eine missionarische Aufgabe im Sinne der Volksmission, die andere eine der Inneren Mission im echtesten Sinne, indem nämlich dieser Dienst auf das Zentrum des kirchlichen Handelns schlechthin gerichtet ist. Lassen Sie mich von beiden nacheinander sprechen.

I. Es hat sich herausgestellt, dass die Arbeit einer Inneren Mission an der Kunst, d. h. an den Künstlern, eine besonders dringende und notwendige ist. Die äußere und innere Not, leibliche, seelische und geistige Not des gegenwärtigen Künstlertums ist ganz außerordentlich, und sie ist bisher noch kaum gesehen, geschweige denn behoben worden. Es hat wohl schon immer die Kunst unter dem Zeichen der Armut und des Opfers gestanden. Nun ist aber die Not des künstlerisch Schaffenden in der heutigen Zeit nicht mehr zu vergleichen mit der anderer Zeiten, sie ist abgründiger und radikaler geworden, und in ganz besonderer Weise bei den Künstlern, denen die Gestaltung ihres Glaubensinhaltes Lebensaufgabe bedeutet, und die sich nicht an einträglichere Aufgaben verloren haben. Diese Not ist vor allem nach 3 Seiten hin gezeichnet. Es ist einmal die äußere Existenznot, die offen zutage liegt, es ist zum Zweiten die geistige Not der Unsicherheit des künstlerischen Schaffens in unserer Zeit, die durch kein einigendes Band eines gemeinsamen Kulturwillens gehalten wird, und es ist schließlich die seelische Not der Einsamkeit und Isolierung, in der sich gerade heute dieser Stand befindet.

1. Es gibt keinen Beruf heute, der so auf Gnade und Ungnade dem Existenzkampf ausgeliefert ist wie der künstlerische. Da es häufig so ist, dass selbst die Vorteile, die in anderen Berufen durch Berufsgenossenschaften und Arbeitgeber für den kirchlichen Künstler weithin fortfallen, sollte sich die Kirche in irgendeiner Weise verpflichtet fühlen, wenigstens sie drängendste Not dieser Menschen mitzutragen, und das kann sie beim Künstler nicht anders, als dass sie ihn arbeiten lässt. Er will keine Almosen, er will Aufträge. Es geschieht in vielfacher Weise, dass sich verständnisvolle Pfarrer um die Kunstschaffenden in ihrer Gemeinde besonders bemühen und bisweilen mutig das Wagnis eines neuartigen und vielleicht einzigartigen Werkes in ihrer Kirche verteidigen. Ich könnte Ihnen hierfür eine ganze Reihe von Beispielen nennen. Es sind diese Versuche, Werke echter Verkündigung der Kirche dienstbar zu machen, umso höher einzuschätzen, als weithin das Kirchenvolk sich leiten lässt. Dass in ihrer Not und in ihrem Auftrag die gegenwärtige Gemeinde in einer einzigartigen Situation steht, sollte auch den Sinn dafür wecken, dass die Werke der Kunst, die diese Einzigartigkeit spiegeln, von besonderer Bedeutung für die Zeit sind. An ihnen können wir uns die Sinne für die geistliche und existentielle Situation schärfen. Um dieses deutlich zu machen, weise ich auf die besondere Beziehung hin, die unserer Generation zum Zeichen und Symbol hat, wie es auch die Urchristenheit gehabt hat.

Leider aber ist die Bereitwilligkeit, Werke der gegenwärtigen Kunst der Gemeinde zugänglich zu machen, noch sehr schwach, und im Ganzen hat der Mangel an Auftragserteilung schwerwiegende Gründe, die nicht nur in der Armut und Mittellosigkeit der Gemeinden liegen. Sie liegen vielmehr in einer tiefen Entfremdung der Gemeinde von den Künstlern, und der Künstler von der Gemeinde.

Das Kirchenvolk hat den lebendigen Wert eines künstlerischen Zeugnisses in der Sprache der Zeit noch nicht recht erkannt. Dazu steht es noch zu stark unter dem Einfluss einer Kunst, die aus dem Empfinden bürgerlicher Sicherheit und kleinbürgerlicher Anschauungen oft genug einer flachen Vorstellung christlicher Verkündigung Vorschub leistet. Die allzu glatten, sanften, oft süßlichen Bilder der Epigonen des Nazarenertums aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beherrschen noch weithin die Geschmacksvorstellungen des Kirchenvolks. Es fehlt ihm noch der Zugang und das rechte Verständnis dessen, was heute Gestalt zu gewinnen sucht und das sich, - wie ich meine - in dem neuen Kirchenlied, dem neuen Kirchbau ebenso ausprägt wie in gewissen Werken christlicher Kunst, die auf das Liturgische, den Gottesdienst, gerichtet sind. Auch im Bilde müsste den Gemeinden klar werden, von welcher Größe und Weite ihr Auftrag in der Zeit ist, und wie wenig sich christliches Selbstverständnis mit kleinbürgerlicher Sekurität und sentimentaler Gefühlsseligkeit verbinden lässt. Die großen christlichen Inhalte, die Gestalt des Herren, der Engel, der Apostel sind durch eine vorangegangene Zeit so verharmlost, geradezu verniedlicht worden, dass es an der Zeit ist, neuen Ausdrucksformen Zugang zu verschaffen.

Auf der anderen Seite steht der Künstler der Gemeinde oft gerade aus diesem Grunde in einer achtungsvollen oder gar verächtlichen Distanz gegenüber - jedenfalls mit Abstand. Er steht noch allzu stark in den Vorstellungen seiner so genannten künstlerischen Freiheit und der Eigengesetzlichkeit seiner Ausdrucksmittel, die ihm häufig genug das Verständnis erschweren. Er hat noch keinen rechten Zugang zur Gemeinde gefunden, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen. Er scheint sich in einer blendenden Isolierung seines eigenen Glaubens wohler zu fühlen, und ihm wird das Selbstopfer der Einordnung in die Gemeinde umso schwerer werden, als er von jeher ein Mensch ist, der stärker als andere aus eigenen Vorstellungen lebt.

Der Kunstdienst wird seine Aufgabe darin sehen, einmal das Verständnis heutiger lebendiger Kunst durch Ausstellungen, Vorträge, Führungen und Unterweisungen zu erschließen, sowie den Kunstschaffenden den Zugang zur Gemeinde zu erleichtern und das Gespräch zwischen Kunst und Kirche zu pflegen.

2. Damit haben wir bereits einen Weg angedeutet, der aus der Not künstlerischer Existenz heute herausführen könnte, und zwar nicht nur der äußeren materiellen, indem dem Künstler Aufträge zuteil werden, sondern vor allem auch aus seiner geistigen und seelischen, in der er im Allgemeinen steht:

Er leidet heute unter den verhängnisvollen Nachwirkungen einer Kunstentwicklung, die sich nach und nach von der Mitte des Lebens gelöst und unter Proklamierung der künstlerischen Autonomie und Freiheit zu einer grenzenlosen Zersplitterung und Zerspaltung der künstlerischen Kräfte geführt hat - und im Grunde ist diese Zerspaltung nur ein Symptom unserer gegenwärtigen geistigen Situation in der Loslösung von der Mitte alles Lebens. -

Die Folge liegt klar zutage. Die Gestaltungskraft ist erschöpft, die naive Stilsicherheit früherer Zeiten einer verhängnisvollen Labilität, Stilverwirrung, gewichen, der Zerfall äußerer Lebensformen und die Unmenschlichkeit der Ausdrucksformen sind sicherer Zeichen für diese verhängnisvolle innere Lage, in der sich eben nicht nur der Künstler befindet. "Der Verlust der Mitte" heißt das vielbeachtete Buch eines Kunsthistorikers, Sedlmayr, der in dieser künstlerischen Entwicklung und dem Stilverfall seit etwa 100 Jahren einen Spiegel der menschlichen Entwicklung in ihrer Krankheit zum Tode sieht. Es wird alles darauf ankommen, die Gebiete des menschlichen Lebens wieder auf diese Mitte zurückzuführen, menschliches Handeln und Denken gleichsam zu orientieren, d. h. auf jene Richtung hinzuweisen, von der allein das Heil kommt. Und so wird es uns darauf ankommen, der Kunst diese Mitte aufzuweisen, die allein wir Christen benennen können, da uns das Zeugnis dieser Mitte aufgetragen ist.

Wie sehr der heutige Künstler unter der Zersplitterung und Unsicherheit schöpferischen Tuns leidet, weiß jeder Einsichtige. Gerade denen, die ein waches Organ für diese ihre Situation haben, wird das Schaffen sehr viel schwerer sein als etwa denen, die aus einem kindlichen Glauben in dem besten Sinne naiver Sicherheit ihren Weg gehen. Die Reflexion und Problematik ist immer ein starkes Hemmnis für echte künstlerische Produktion und gläubige Hingabe noch immer ihre beste Voraussetzung.
Es kann aber der Kunst im Grunde niemand anders helfen als die Kirche, die allein noch von der Mitte alles Lebens weiß und die allein die Wege aufzeichnen kann, auf denen echte Sammlung, Hingabe und Freudigkeit möglich sind. Gehilfen der Freude sollen auch wir denen sein, die nach solchen Dingen Ausschau halten.

Zu dieser Führung und Hinweisung auf die Mitte des Lebens bedarf es aber zunächst der Liebe. Die Künstler brauchen unsere Liebe wie kaum ein anderer Stand. Und das heißt, Liebe zu ihrer Kunst, zu ihrer tastenden, suchenden Sprache der Hände, die doch, wenn sie echt ist und aus christlichem Geist erwachsen, das Kirchenvolk erreichen möchte. Die Künstler brauchen die Liebe gerade auch zu ihrer angefochtenen, zwiespältigen - wie könnte es anders sein in unserer Zeit - ja sogar fragwürdigen Kunst, zu dem Stammeln des trostbedürftigen Herzens, Liebe auch zu ihrer Dienstbereitschaft, die aufgenommen sein will von uns. Die Liebe, die wir zu geben vermögen, muss ihnen aber auch das Wort der Wahrheit sagen, auch das Wort kritischer Weisung und fester Führung. Man kann in dieser Arbeit stark unter der Frage stehen, ob es sich überhaupt lohne, für diese Sache einzutreten, die gerade heute von vielen Seiten her anfechtbar ist. Aber so, wie sich der mannigfaltige Dienst der Inneren Mission auch nicht dem Starken, sondern dem Schwachen zuwendet und in der Nachfolge des Herrn, der den Sündern und Zöllnern mehr zugetan war als den Pharisäern, da seine Kräfte verschwendet, so will auch die junge, tastende kirchliche Kunst unserer Tage von uns ergriffen sein, weil wir spüren, dass ihr Auftrag ein echter ist, weil wir spüren, wie viel echte Gottesbegegnung in ihr zum Lichte drängt.

In dieser Liebe wird es aber darauf ankommen, den Künstlern mit ganzem Ernst die Gründe ihrer geistigen Not aufzudecken und die verhängnisvolle Selbstsicherheit einer entwurzelten und sinnlos gewordenen Haltung zu zerstören. Es wird unsere Aufgabe sein müssen, den Menschen, denen Gott die Gabe der schaffenden Hände gegeben, wieder ihren Platz in der dienenden Gemeinde anzuweisen und ihnen jede geistliche und menschliche Arroganz zu verwehren.

3. Nur so ist auch schließlich der anderen, der seelischen Not zu begegnen, die in der Einsamkeit und Isolierung gerade des Kunstschaffenden liegt. In seinen Eingebungen und Empfindungen wird er immer stärker im Persönlichen verhaftet sein als der Durchschnittsmensch, da ja die persönliche Erfahrung der Quell seines Schaffens ist. Nun hat aber, wie wir schon gezeigt haben, die neuere Kunstentwicklung zu einer Überschätzung der personalen Äußerungen geführt, die ihr keineswegs zusteht, und die Größe dessen, was überpersönlich durch das Medium der Kunst hindurch sprechen will, verdunkelt. Nun sieht sich freilich der Künstler gegenüber der grausigen Uniformierung und Gleichschaltung aller menschlichen Lebensäußerung auf einem verlorenen Posten, einsam gegen die graue Welle, die sein Werk und ihn selbst hineinreißen will in das unterschiedslose Tun der Masse. Insofern ist die starre Selbstbehauptung der Haltung gerade der schöpferischen Menschen in gewisser Weise zu verstehen. Nun gehört aber zu einer echten Sinnerfüllung der Kunst und des Lebens, dass sie in einer gesunden Beziehung zum Nächsten steht. Das Werk, das geschaffen wird, muss ja auch abgenommen werden. Ein Werk, das von vornherein nur auf sich selbst gerichtet ist, ein Schaffender, der nur sich selber spiegelt, wie Narzis in der Quelle, trägt das Zeichen der Unfruchtbarkeit an sich, und sein Tun ist im Grunde sinnlos. Sinngebung kann es nur geben in Bezug auf Gott und in Bezug auf den Nächsten.

Die Bedrohung der künstlerischen Existenz durch die seelische Not, der Einsamkeit und Isolierung, kann nur überwunden werden im Hinblick auf den, der uns seine Gemeinschaft schenkt und unter dessen Kräften wir zu echter Gemeinschaft geführt werden.
So schwierig die Aufgabe auch sein wird, so ist sie doch die innerste dieser ganzen Arbeit: den Künstler zur kirchlichen Sitte und Ordnung zurückzuführen. Die Aufgabe der Kirche an den Ständen hat bereits Wichern gesehen. Sie ist es, die jeden Stand seinen gottergebenen Dienst anweist und die ihm in seiner dienenden Haltung gerade seine Ehre zurückgibt. Der falsche Ehrgeiz, der gerade häufig bei Künstlern und Halbkünstlern einer echten Einordnung widerstrebt, kann nur überwunden werden durch eine gemeinsame Neubesinnung unter dem Wort. Eine Besinnung um den Dienst alles menschlichen Tuns unter dem Kreuz: Je selbstloser und selbstvergessener er geschieht, umso segensreicher kann erwirken. Rudolf Koch. dem selbst der Begriff "Künstler" schon anrüchig war durch die Belastung seines Geltungsanspruches, hat einmal gesagt: "Wir sind nur Handwerker und haben dem Tage zu dienen" oder "Wir sind keine Einzelmenschen, sondern eine Gemeinschaft."

Es ist überraschend, dass bereits Wichern einer solchen echten Einordnung des Künstlertums in das Handwerkertum ganz im Sinne Rudolf Kochs das Wort geredet hat. In seiner Denkschrift an die deutsche Nation schreibt er: "Man gebe dem Handwerkerstand seine eigentümliche Ehre und bringe ihm diese zum Bewusstsein, nicht im Geiste des Übermutes, wie der Frevel es tut, sondern im Geist der christlichen Demut, wie die Wahrheit und Liebe es fordert, und der Handwerker wird nicht mehr Künstler heißen wollen, sondern dem Künstler seine Ehre lassen. Aber beide - Handwerk und Kunst - werden den zerrissenen Bund wieder erneuern können, durch den in den alten Tagen unseres Volkes das Handwerk so geehrt und die Kunst so mächtig und volkstümlich ward. In diesem Geiste, so hoffen wir, wird die Innere Mission sich einst noch die Aufgabe gefallen lassen, sich der handarbeitenden Klassen im weitesten Sinne anzunehmen" (Zitat: Die Innere Mission - Agentur Hamburg S. 140).

Dass die Künstler selber bereits diese Einordnung suchen, das zeigen deutlich die Gemeinschaftsbildungen ihrer Kreise in den Werkgemeinden, die aus dem echten Verlangen erwachsen sind, sich zusammenzuschließen und der Kirche anzuschließen.

II.

1. Es wird deutlich geworden sein, wie sehr dieser Dienst gegenüber der Kunst und den Künstlern vonnöten ist, und es ist daran zu erinnern, welche seine eigentümliche Aufgabe auch an der Kirche ist. Man kann die Aufgabe des Kunstdienstes an einem Bilde klarmachen. Es gibt vor allem in der alten Architektur einen Baukörper, der den Namen Dienst trägt. Es ist der Stein, der zwischen dem Säulenschaft und den aus ihm in die Wand schwingenden Bogen die lastenden und tragenden Kräfte auffängt und leitet. Solcherweise will der Kunstdienst einmal die Kräfte der Kunst dem Säulenschaft der Kirche zuleiten und die tragenden Kräfte der Kirche der Kunst vermitteln, ohne etwas anderes dabei im Sinne zu haben als eben diese dienende Funktion, und wir haben mit vollem Bedacht deshalb den Namen des Kunstdienstes für unsere Arbeit wieder aufgegriffen.

Kunst wird von der Kirche nicht getragen, weil sie etwa ein liebhaberisches Interesse für sie hätte oder ihre Leistung vielleicht als erzieherisch oder dekorativ anerkennt, sondern weil sie den Dienst der Kunst braucht: Sie braucht ihn zur Anbetung, zum Gottesdienst, zum Zeugnis und zur Verkündigung. Das haben die Männer der Inneren Mission von jeher erkannt, unter ihnen vor allem Wilhelm Löhe, der in besonderer Weise den Dienst der Paramentik in den Stätten der Inneren Mission beheimatet hat. Aber weit darüber hinaus haben er und andere bedacht, dass nicht nur der Kirchenraum, sondern im Grunde jedes Haus und jedes Heim einer verantwortungsbewussten Gestaltung bedarf gerade, weil die Innere Mission auch für das seelische Wohl und Wehe der Menschen sich verantwortlich weiß. Die Wirkungen, die ein Raum und seine Gestaltung auf Menschen auszuüben vermag, sind kaum zu überschätzen. Man kann einen Menschen mit einer Wohnung erschlagen wie mit einer Axt, und man kann ihm umgekehrt eine Hilfe zur Freude und neuer Lebenshoffnung dadurch bieten, ohne dass es ihm bewusst wird. Wie sehr braucht gerade die Innere-Missions-Arbeit, die häufig in einer erbärmlichen, trostlosen und hässlichen Umgebung verrichtet werden muss, diese Mittel, die häufig so einfach zu erreichen sind und so wenig erkannt werden. Ein heller Raum, ein freundliches Bild, eine schöne Anordnung der Gebrauchsgegenstände, das alles kann geradezu heilsam wirken und gehört für die Mitarbeiter und Pfleglinge der Inneren Mission zu den Dingen, die besonderer Beachtung wert sind. Aber noch wichtiger als dieses erheiternde Moment zur Freudigkeit erscheint die Möglichkeit durch die Handwerksgestaltung und die Kunst das Erhabene und Heilige in den grauen Alltag hineinklingen zu lassen, der Hinweis auf die österliche Gegenwart Christi. Der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein, und die Seele des Menschen ist gerade von der sichtbaren Umgebung und von den Bildern, die ihre Wirkung ausstrahlen, abhängig. Das sind keine Äußerlichkeiten, sondern Dinge, die zum Wohl und Wehe unseres Lebens beitragen können.

Der Dienst, den die Kunst und das Handwerk hier leisten kann, ist weithin noch ungenutzt gerade in der kirchlichen Umgebung. Hier heißt es, die Fenster weit öffnen und einer frischen, gesunden, lebensnahen, christlichen Haltung den Weg bahnen in einer Art christlichen Wohnkultur. Der kirchliche Muff, das Verstaubte und Unschöne kirchlicher Räume kann oft mehr zerstören und ersticken als das gut gemeinte Wort in solchen Räumen aufbaut.

2. Was wir aber erhoffen und wünschen für die Kirche in allen ihren Räumen ist nicht nur eine schlichte, sondern auch eine heile Kunst. In einer so heillosen Zeit wie der unseren steht das Verlangen nach Kräften der Heilung. Eine Kunst aber, die eine heilsame Wirkung ausstrahlen kann und nicht solche der Verwirrung und Beunruhigung, muss in sich heil sein. Wenn sie Kräfte des Heiles vermitteln soll, muss sie selbst aus solchen Kräften erwachsen. Ebenso wenig aber wie es ein heiles Werk des Menschen an sich gibt, ja nicht einmal ein heiles Werk der Kirche oder der Inneren Mission, sondern es immer nur aus der Quelle alles Heils begnadet und gesegnet sein kann, so gibt es auch keine heile christliche Kunst an sich: heile Kunst ist immer begnadete Kunst, und sie kann nur verstanden werden als das Mittel, dessen sich Gottes Barmherzigkeit im Geist bedient. So wenig man nun unter dem heilen Bild nur eines beruhigter und harmloser Sicherheit verstehen muss, so wie es bis auf Rudolf Schäfer die ganze christliche Kunst des 19. Jahrhunderts war, so sehr auch das aufrüttelnde und erschreckende Bild heilsam sein kann, weil es die Hintergründe unseres Lebens aufdeckt, oder weil es vielleicht die Kräfte unseres Herzens weckt -, so deutlich wird doch von daher eine Grenze gezogen gegen alle nur morbide und kranke Kunst, die im Untermenschlichen wurzelt. Die Bilder eines Muntschick, Barlach oder Wilhelm groß können sehr wohl mit großem Ernst etwas von der menschlichen Situation aussagen in ihrer Blöße und Verworfenheit, in ihrer einzigen Hoffnung auf Heilung, auch wenn sie zunächst manchen abstoßen mögen. Aber man muss bei dieser Art expressiver Ausdruckskraft spüren, dass sie selbst aus der Quelle alles Heiles, der Heiligung stammt. Der Kern christlicher Kunst liegt deshalb nicht im Werk an sich, sondern im Künstler, in seinem Auftrag von Gott her: Es gibt im Grunde keine christliche Kunst, sondern es gibt nur eine Kunst christlicher Künstler. Deshalb ist eine solche Kunst nicht nur diakonisch zu verstehen, wie wir aufgezeigt haben, oder liturgisch, wie wir aufzeigen werden, sondern kerygmatisch: Kunst ist Zeugnis eines von Gott angefassten und begnadeten Menschen. Christlicher Künstler sein heißt Zeuge Christi sein.

Dass gerade dieses Moment christlicher Kunst heute so eindrucksvoll in Erscheinung tritt, dass christliche Bilder nicht nur aus dem Illustrationsbedürfnis oder aus dem Gesichtspunkt christlicher Unterweisung her gesehen sein wollen, sondern als ein Zeugnis, das ist wohl eine der stärksten Hoffnungen, die sich uns mit dieser Kunst verbinden.

Es ist eine höchst bedeutsame Tatsache der Zeit, dass aus Kunst und Wissenschaft ein christliches Zeugnis aufkommt, das nicht von der Kirche her in die Welt hinein, sondern aus der Welt bis an die Tore der Kirche dringt, und ich meine recht zu sehen, wenn ich sage, dass auch von der Kunst her die Kirche gefragt ist und zu antworten hat, dass sie die eigenartige Weise dieses Zeugnisses zu prüfen hat und ihr eigenes Zeugnis daran zu messen. Nicht nur die Kirche hat eine missionarische Aufgabe an der Kunst, nein auch die Kunst hat eine Mission an die Kirche. Das ist die innere Mission mit umgekehrten Vorzeichen.

3. Gerade um den letzten und größten Dienst, den die Kunst der Kirche leisten kann, den liturgischen, haben sich die christlichen Künstler fast gründlicher und leidenschaftlicher bemüht als die Theologen. Dass christliche Kunst sich selbst als ein dienendes Glied gottesdienstlichen Geschehens betrachtet und keinen anderen Ehrgeiz hat, als in seiner Weise an diesem gottesdienstlichen Geschehen Anteil zu haben, dass alle kirchliche Kunst schließlich im Gottesdienst, in der Anbetung der Gemeinde ihren eigentlichen Ort findet, an dem sie allein wirkliches Daseinsrecht hat, diese wesentliche Erkenntnis ist im Großen und Ganzen aus der Kunst selber erwachsen, vor allem aus der schon erwähnten Rudolf Kochs.
Wer seine Hand an das Werk der kirchlichen Kunst legt, muss also wissen und weiß wohl auch, dass er genau so wie der Prediger unter der Verpflichtung der reinen Lehre und des reinen Gottesdienstes steht. Diese Verpflichtung schließt aber die höchste Freudigkeit zum Werk in sich. Das Kunstwerk darf selbst Anbetung, Lob und Dank werden. "Das ist der schönste Anlass für die Pflege der Kunst" bekennt Rudolf Koch, "wenn ein von Dankbarkeit überfließendes Herz den schönen Gottesdiensten des Herrn eine Zierde und einen Schmuck verleihen möchte. Da loben die Hände der Werkleute den Namen des Höchsten mit der reinsten Freude, und jeder, der das fertige Werk sieht, geht gesegnet davon, und sei es nach 1000 Jahren".
In dieser Weise ist kirchliche Kunst eine gebundenen Kunst, die in der Einfügung des Gottesdienstes seine höchste Ehre sieht. Gerade in dieser Bindung aber kann sie zur schönsten Freiheit erweckt werden. Sie gibt ihr den schönsten Adel, den eine Kunst tragen kann: dem Lobe Gottes zu dienen. Von da aus scheint freilich die dienstbereite Übung edlen Handwerkes heute oft mehr Berechtigung zu haben als die Werke der freien Kunst in ihrem Anspruch auf eigene Geltung, da sie sich widerstandsloser einfügen.

*
Noch ist unsere kirchliche Kunst in jeder Weise eine Kunst auf Hoffnung. Da, wo sie echt ist, wartet sie auf die Zeichen der Begnadigung und Erlösung, und wir leider noch unter der Armut der Verkündigungsvollmacht auch in dieser Hinsicht. Aber wir mögen den Dienst erkennen, den sie uns anbietet und den wir freudig annehmen. Sie dient der Freude, der überschwänglichen, einfältigen Freude derer, die sich in der Gemeinde Christi als die Kinder Gottes wissen. So sollten wir denn auch das Gottesgeschenk der Kunst mit einfältigem Herzen als einen Reichtum annehmen, dessen wir uns freuen dürfen, und ihr Raum geben in unseren Häusern, Stuben und Kirchen. größer als alle Kunst, die doch Menschenwerk bleibt, ist immer Gottes Wort, und so möge denn am Schluss das Wort Löhes stehen:

So hell und schön die Kirche immer sei, weit über ihr schwebt ja doch ihr festes prophetisches, ihr apostolisches Wort, ihr helles Licht, in welchem der Herr selber kommt, zu erleuchten alle, die in die Welt kommen.

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<2_10> Kirchliche Urkunden und Gedenkblätter

Vom 11. Dezember 1951 (ABl. 1951 A 99)

3322/87; 2451/63; 2417
Es gehört zu den Zeichen einer wiedergeweckten Verantwortung kirchlichen Bewusstseins, wenn die Gestaltung und Auswahl kirchlicher Blätter und Urkunden nicht allein dem persönlichen Geschmack oder dem Zufall anheim gestellt wird. Kirchliche Urkunden und Gedenkblätter erreichen fast alle Gemeindeglieder. Von allen kirchlichen Druckerzeugnissen haben sie den weitesten Wirkungsradius. Ihre Breitenwirkung ist daher kaum zu überschätzen. Vielfach bildet sich unbewusst an ihnen die Vorstellung kirchlicher Gestaltungsfähigkeit, Freude und Bereitschaft zu kirchlichen Handlungen. Kindergottesdienst- und Konfirmandentestate, Gedenkurkunden zur Konfirmation, zur Trauung oder den Traujubiläen sind bei geeigneter Ausstattung eine volksmissionarische Hilfe erster Ordnung. Häufig werden Urkunden als Hausschmuck verwendet und geben einem christlichen Heim das Gepräge. In den Scheinen und Urkunden kann sich das kirchliche Leben in seiner ganzen Vielfalt spiegeln: Kinder und Konfirmanden werden bei ihrer Bildfreudigkeit genommen und zum Besuch von Schulanfängergottesdienst, Kindergottesdienst, Christenlehre und Gemeindegottesdienst genötigt. Taufeltern und Paten werden an ihre Christenpflicht erinnert. Traupaare festigen in Bild und Wort die Erinnerung an ihre Einsegnung. Kranke und Trauernde erhalten ein Wort des Trostes, das - durchs Bild bereichert - den seelsorgerlichen Zuspruch unterstützt. Das Kirchenjahr in seinem reichen Sinngehalt wird Kleinen und Großen lebendig und anschaulich gemacht durch Jahreslosung, Spruchkarten, Bild und Symbolzeichnungen. Alles in allem steht den Pfarrämtern ein reicher Schatz der Verlebendigung und Einprägung kirchlichen Lebens zur Verfügung, der in seiner ganzen Fülle Beachtung verdient und genutzt werden sollte.
Es ist anzuerkennen, dass einige Verlage und Künstler diesen stillen und wichtigen Dienst für die Kirche versehen. Je verantwortungsvoller und gewissenhafter aber das geschieht, umso mehr wird ein solcher Dienst die fragwürdigen Zeugnisse kirchlichen Kitsches langsam verdrängen.
Der Kunstdienst der Landeskirche hat die Aufgabe, auch dieses kirchliche Kunstschaffen zu betreuen. Er ist im Besonderen beauftragt, alle Druckerzeugnisse, die der kirchlichen Arbeit dienen, zu begutachten (vgl. Verordnung vom 2. September 1950 - Amtsblatt 1951 Seite A 1 unter II Nr. 1 - Abs. 2 Nr. 1-2).
Dementsprechend werden die Pfarrämter und die anderen kirchlichen Dienststellen verpflichtet, vor der Deckung ihres Bedarfs an solchen kirchlichen Zeugnissen und Urkunden, an Gedenkblättern, künstlerisch gestalteten Grußblättern und Verteilblättern sowie an ähnlichen Druckerzeugnissen sich durch den Kunstdienst der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens in Radebeul 2, Rolf-Helm-Str. 1, beraten zu lassen.

Evangelisch-Lutherisches Landeskirchenamt Sachsens
D. Kotte


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