Trennung von Aufwand und Modalität bei einfachen mathematischen Denkprozessen

Gundula Seidel

LS Allgemeine Psychologie, FSU Jena
Von-Hase-Weg 1, 07745 Jena
E-Mail: sas@rz.uni-jena.de

Aufwand und Modalität sind seit langem Themenschwerpunkte in der kognitiven Psychologie. Vor allem der Modalitätsansatz ist jedoch in der Denkpsychologie weit weniger untersucht als in der Gedächtnispsychologie. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, während eines Denkprozesses den Lösungsaufwand bei einfachen mathematischen Problemen in eine Koordinations- und eine Ausführungskomponente zu zerlegen. Die Ausführungskomponente sollte eine Modalitätsspezifik aufweisen, die Aufwandskomponente hingegen nicht.
Die Probanden mußten einstellige Summanden addieren. Es wird angenommen, daß die Lösung dieser Aufgaben eine begrifflich-logische Repräsentation voraussetzt. Weiterhin mußte ein Punkt in einem räumlichen Objekt bewegt werden. Für diese Anforderung sollte eine bildhaft-anschauliche Repräsentation genutzt werden. Variiert wurde die Anzahl der Operationen sowie die Darbietungszeit pro Operator. Die Zunahme der Operationsanzahl sollte den Ausführungsaufwand erhöhen, die Verkürzung der Darbietungszeit den Koordinationsaufwand. Gemessen wurden Antwortzeiten und Fehler. Außerdem wurde ein EEG abgeleitet und mit einem adaptiven Kohärenzanalyseverfahren ausgewertet.
Erwartungsgemäß gehen eine Erhöhung der Operationsanzahl und die Verkürzung der Darbietungszeit mit längeren Antwortzeiten einher. Diesem Verlauf folgen auch die absoluten Kohärenzdauern an speziellen, für den Prozeß offenbar sensiblen Elektrodenpaaren. Im Vergleich von Additions- und Bewegungsaufgaben finden sich topologische Unterschiede im parieto-temporalen Bereich, nicht aber im frontal-zentralen Bereich. Diese Ergebnisse und Berechnungen mit relativen Kohärenzdauern stützen zum einen die Annahme einer topologischen Trennbarkeit verschiedener Aufwandskomponenten, zum anderen lassen sie eine Modalitätsspezifik im Sinne zweier funktional getrennter Netzwerke bei einfachen mathematischen Denkprozessen vermuten.

Poster in der Gruppe Denken und Problemlösen, Montag, 29. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

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