Experimentelle Untersuchungen zur strukturellen Merkmalserkennung

Ursula Schuster

Institut für Allgemeine Psychologie, Universität Leipzig
Seeburgstraße 14-20, 04103 Leipzig
E-Mail: schuster@psychologie.uni-leipzig.de

Psychophysische Strukturtheorien müssen sich auf verschiedene Abstraktionsebenen beziehen: vom Herauslösen relevanter Elementarmerkmale über deren Klassifikation bis hin zu Verkürzungs- und Verdichtungsoperationen, vom binding- und Segmentierungsproblem bis zur Regelanwendung in Problemlöseprozessen. Die Untersuchung widmet sich der Frage, ob eine einzige Strukturtheorie den Gesamtbereich abdecken kann und überprüft Möglichkeiten und Grenzen der Strukturellen Informationstheorie (SIT).
Die fünf Experimente enthalten unterschiedlich komplexes Material in verschiedenen Strukturerkennungsanforderungen. Zielstellung ist die Vorhersage und experimentelle Überprüfung struktureller Komplexität in den Anforderungen: Zeigeeffekte bei Dreiecken (Experiment 1), Prägnanzschätzung binärer Punktmuster (Experiment 2), Reihenfortsetzungsaufgaben mit Buchstaben und geometrischen Figuren sowie experimentelle Untersuchung 'Progressiver Matrizen' (Experimente 3-5). Es müssen strukturelle Regelhaftigkeiten erkannt und umgesetzt werden. Als Schwierigkeitsindikatoren werden Urteile (Richtung des Zeigeeindrucks, Prägnanzschätzung, Schwierigkeitsrating) bzw. Leistungsparameter (Reaktionszeit und Fehler) herangezogen. An den Experimenten nahmen je 20-100 Probanden unterschiedlichen Alters teil. Das Informationsmaß (i-load) der SIT wurde berechnet und zur Urteils- und Leistungsvorhersage verwendet.
Es zeigten sich lineare Beziehungen zwischen theoretischer und empirischer Schwierigkeit. Dabei wurden gute und sehr gute Anpassungen erreicht. Im Vergleich zu konkurrierenden Einzeltheorien schnitt die SIT genau so gut, mitunter sogar besser ab, als diese.
Die Resultate zeigen, daß das i-load ein geeignetes Instrument zur Schwierigkeitsvorhersage ist. In den universell einsetzbaren Operatoren zur Identifizierung von Identitäten, der Beachtung der prinzipiellen Mehrdeutigkeit struktureller Beschreibungen sowie im allgemeinen Lösungsprinzip (Minimumprinzip) liegen die Leistungspotenzen der Theorie. Obgleich für sequentielle Strukturen entwickelt, konnte die SIT ihre Anwendbarkeit auch für mehrdimensionale Strukturen zeigen. Die Funktion einzelner Operatoren für die Strukturbildung wird diskutiert.

Referat in der Gruppe Visuelle Such- und Erkennungsprozesse, Montag, 29. März 1999, 14:30, HS 21

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