Bedeutung von Läsionen der Basalganglien für das verbale Arbeitsgedächtnis

A. I.T. Thöne, P. Bublak, D.Y. von Cramon

Universität Leipzig, Tagesklinik für kognitive Neurologie
Liebigstr. 22a, 04103 Leipzig
E-Mail: thoene@cns.mpg.de

Am Modell der Parkinson-Erkrankung wird zunehmend die Rolle der Basalganglien für Arbeitsgedächtnis-Leistungen diskutiert (z.B. Cooper et al, 1991), wobei dem Caudatumkopf eine besondere Bedeutung zugemessen wird. Einbußen exekutiver Leistungen des Arbeitsgedächtnisses werden auf eine funktionelle Deafferentierung kortiko-striato-thalamischer Funktionskreise zurückgeführt. Wir untersuchten einen 55jährigen Patienten, welcher einen linksseitigen Infarkt erlitten hatte, der den vorderen Schenkel der Capsula Interna sowie den Globus Pallidus betraf. Die Frage war, ob auch eine solche Läsion exekutive Defizite verursacht. Klinisch-neuropsychologische Standardverfahren ergaben mit Ausnahme einer erhöhten Interferenzanfälligkeit beim verbalen Lerntest (CVLT) keine exekutiven Defizite. Sensiblere experimentalpsychologische Verfahren (Zahlensortiertest, Cooper et al., 1991; Gedächtnis-Koordinationsaufgabe, Bublak & Schubert, 1997), die die Manipulation verbaler Information erfordern, sollten daher unterschiedlich hohe koordinative Anforderungen an das Arbeitsgedächtnis testen. Aufgrund der Hypothese, daß die Manipulation auf einem motorischen Programm basiert (Bublak & Schubert, 1998), wurde auch die Prozeduralisierung des Manipulationsprozesses untersucht. Die Wiederholung der Koordinationsaufgabe enthüllte differentielle Übungseffekte in Abhängigkeit von der Aufgabenschwierigkeit. Die experimentellen Verfahren zeigen, daß der Patient – bei altersentsprechender verbaler Merkspanne – Einbußen bei hohen Anforderungen an die Manipulation verbaler Informationen aufwies. Bei mehrfacher Wiederholung der Aufgabe in einer Bedingung, welche die bloße serielle Wiedergabe der Information verlangte, konnte er den dazu benötigten Zeitaufwand auf das Niveau einer gesunden Kontrollperson reduzieren. Dagegen gelang ihm dies in einer Bedingung mit komplexer Manipulationsanforderung nicht. Die Ergebnisse belegen, daß eine fokale ischämische Läsion, die den Globus pallidus und den vorderen Schenkel der inneren Kapsel betrifft, funktionelle Einbußen in exekutiven Steuerungsfunktionen hervorrufen kann, welche vermutlich mit Funktionen des dorsolateralen präfrontalen Cortex assoziiert sind.

Referat in der Gruppe Arbeitsgedächtnis, Mittwoch, 31. März 1999, 15:00, HS 17

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