“Ich bin mehr so der ästhetisch-kulinarische Typ“ – Denkstile bei der Rezeption von Bildern und Gedichten

Dorothée Halcour & Christina Bartl

Lehrstuhl Psychologie II, Universität Bamberg
Markusplatz 3, 96047 Bamberg
E-Mail: dorothee.halcour@ppp.uni-bamberg.de, christina.bartl@ppp.uni-bamberg.de

"Das interessiert mich einfach nicht, was das bedeuten könnte“, „Ich reagiere auf Farbqualitäten“, „Ich reagiere auf Bilder wie auf eine Blume", "Ich bin gewohnt, das wie ein wissenschaftliches Objekt zu sehen". Diese Aussagen von Versuchspersonen verdeutlichen, daß Menschen unterschiedliche Zugänge zu Kunstwerken haben. Personen haben also unterschiedliche Stile, an Kunst heranzugehen. Ein individueller Stil zeichnet sich durch die Gewichtung aus, die auf gestalterische Merkmale, vermittelte Stimmung, persönlichen Bezug oder intellektuelle Bedeutung gelegt wird. In dieser Untersuchung gehen wir zwei Fragen nach: 1. Welche unterschiedlichen Stile gibt es? und 2. Erweisen sich diese individuellen Vorgehensstile über verschiedene Kunstformen und –stile hinweg als stabil?
Hierfür wählten wir jeweils sechs Bilder und Gedichte so aus, daß sich jeweils ein Bild und ein Gedicht bzgl. ihrer Anforderungen an den Rezipienten ähneln. Wir legten 20 Versuchspersonen die Bilder und Gedichte nacheinander vor und baten sie, „laut zu denken“.
Für Protokolle der verbalen Äußerungen wurde eine Kategoriensystem erstellt, das die verschiedenen Prozesse der Auseinandersetzung erfaßt. Die Prozesse wurden zu Clustern zusammengefaßt, so daß sich sechs Stile ergaben, die sich bzgl. der dominierenden kognitiven Prozesse unterscheiden.
Die gefundenen Denkstile der Versuchspersonen finden sich sowohl in den Gedicht- als auch in den Bildinterpretationen wieder. Es kann zudem gezeigt werden, daß sich der individuelle Stil einer Versuchsperson relativ stabil über unterschiedliche Bilder und Gedichte hinweg zeigt. Der „persönliche Stil“, an Kunst heranzugehen, hat einen größeren Einfluß auf den Rezeptionsprozeß als Merkmale des Reizmaterials.

Poster in der Gruppe Denken und Problemlösen, Montag, 29. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

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