Kognitive Beeinträchtigungen bei früh beginnender familiärer zerebellärer Ataxie

R. Mielke, J. Kessler, E. Kalbe, R. Hilker & W. D. Heiss

Max-Planck-Institut für neurologische Forschung und Neurologische Universitätsklinik Köln
50924 Köln
E-Mail: Ruediger.Mielke@pet.mpin-koeln.mpg.de

Zu den autosomal rezessiven Ataxien gehört die früh beginnende zerebelläre Ataxie (EOCA) mit erhaltenen Muskeleigenreflexen. Während bei Patienten mit EOCA die gestörten motorischen Bewegungsabläufe hinreichend beschrieben sind, ist über den kognitiven Status und dessen Verlauf wenig bekannt.
Patienten und Methoden: Bei zwei Geschwistern, bei denen im Alter von 15 (w) resp. 21 (m) Jahren eine beginnende Ataxie diagnostiziert wurde, wurde mit 20, 22 und 24 Jahren resp. mit 23, 25 und 27 Jahren eine neuropsychologische Testbatterie, ein 18FDG-PET und ein 11C-Flumazenil-PET durchgeführt. Beide Patienten zeigten initial reduzierte Wortraten in einer Wortflüssigkeitsaufgabe, leichte Denkverlangsamung und unterdurchschnittliche figurale, aber keine unterdurchschnittlichen verbalen Gedächtnisleistungen. Der männliche Patient zeigte zudem eine ausgeprägte visuo-konstruktive Apraxie. Zwei Jahre später zeigten beide Patienten eine Intelligenzminderung und eine weitere Verschlechterung ihres figuralen Langzeitgedächtnisses. Nach weiteren zwei Jahren stellten sich die neuropsychologischen Befunde als weitgehend unverändert und das verbale Kurz- und Langzeitgedächtnis als nach wie vor nicht beeinträchtigt dar. Eine ergänzend durchgeführte Rechentestbatterie (EC 301 R) zeigte bei beiden Patienten eine Störung der Zahlenverarbeitung und des Rechnens. Mit dem Flumazenil-PET ließ sich ein erheblicher zerebellärer Neuronenverlust nachweisen, und im FDG-PET war eine Abnahme des Globalstoffwechsels zu den drei Meßzeitpunkten bei ausgeprägtem thalamischen zerebellären Hypometabolismus zu verzeichnen.
Es wird vermutet, daß eine progrediente Störung zerebellär-thalamischer Netzwerke eine retrograde Inhibitionierung von heteromodalen Assoziationskortizes bewirkt, deren Funktionsbeeinträchtigung für die neuropsychologischen Defizite verantwortlich ist.

Beitrag zum Symposium Klinische Neuropsychologie, Donnerstag, 1. April 1999, 08:30-12:00, HS 15

Zur Programmübersicht

Zur Liste der Postergruppen, Referategruppen und Symposien

Zurück zur Teap '99-Homepage