Sprechsilbe
Wenn man sich auf das moderne Hochdeutsch beschränkt und ein paar
Spitzfindigkeiten außen vor lässt, kann man "Sprechsilben"
folgendermaßen definieren:
- Jede Silbe enthält im Kern einen Vokal oder Diphthong, der
natürlich zu dieser Silbe gehört; Beispiel: "Haus" hat 1
Silbe, "Papier" hat 2 und "beachten" hat 3.
- Wenn zwei dieser (vokalischen) Silbenkerne durch genau
einen Konsonanten getrennt sind, gehört dieser zur
nachfolgenden Silbe: "U-fer", "schau-feln", "pa-cken".
- Sind sie hingegen durch mehr als einen Konsonanten getrennt,
dann gehört der letzte davon zur nachfolgenden Silbe und
alle anderen zur vorhergehenden: "Ras-pel", "Sänf-te".
Vier Ergänzungen:
- Es geht hier um Sprechsilben, d. h. um gesprochene Sprache;
die Rechtschreibung spielt keine Rolle; "sch", "ng", "ch",
"ph" usw. gelten als ein Konsonant.
- Gleichwohl gilt die Fiktion der Doppelkonsonanten, d. h. bei
in der Schrift verdoppelten Konsonanten (wie "nn" in "rennen")
tut man so, als ob auch zwei Konsonanten gesprochen würden
(obwohl in Wirklichkeit nur einer gesprochen wird), und trennt
"ren-nen", "Was-ser" und "Schat-ten". Diese Fiktion gilt nach
der neuen Rechtschreibung nicht mehr für "ck" (also "E-cke"
und nicht mehr "Ek-ke").
- Die Trennung nach Kompositionsgliedern hat Vorrang vor der
Trennung nach Sprechsilben; deshalb "be-stat-ten" und nicht
"bes-tat-ten".
- Obiges ist eine pragmatische Definition von "Sprechsilbe"
für Zwecke der deutschen Silbentrennung, und als solche ist
sie gut; aber als sprachwissenschaftliche Definition ist sie
eine Katastrophe. Hier muß man vielmehr eine "Sonoritäts-Hierarchie" oder "Öffnungsgrad-Hierarchie" betrachten (etwa:
{/p/ /t/ /k/} < {/b/ /d/ /g/} < {/s/ /f/ /ch/} < {/m/ /n/
/ng/} < {/r/ /l/} < {/j/ /w/} < {/i/ /u/} < {/o/ /e/} < /a/)
und sich dann die einzelnen Phoneme eines Wortes anschauen:
jedes lokale Maximum definiert eine Silbe, und die lokalen
Minima dazwischen bilden die Grenzen zwischen den Silben
(wobei das lokale Minimum selbst immer zur Folgesilbe
gehört).
aus de.etc.sprache.deutsch
von Jens W. Heckmann am 17.7.96
Näheres finden Sie im

Lernprogramm besser DEUTSCH sprechen
und im Buch
"Deutsche Phonetik für Ausländer"
4. Auflage, Langenscheidt Berlin - Basel - New York 1992
von Ilka und Rudolf Rausch
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Horst Rothe
18. 7. 1996
seit 15.09.97