Der Stoff- und Energieaustausch zwischen Ozean und
Atmosphäre spielt eine entscheidende Rolle für die physikalische,
chemische und biologische Entwicklung unseres Klimasystems Erde.
Die von den beteiligten Forschungseinrichtungen entwickelten und
eingesetzten Technologien zur in-situ Messung im Ozean und zur
aktiven/passiven Fernerkundung der Atmosphäre, ermöglichen erstmalig durch
eine Kombination dieser Daten eine kontinuierliche Erfassung relevanter
Parameter. Mit dem OCEANET-Projekt wurde eine erste schiffsgebundene Station entwickelt,
welche kontinuierlich den Transfer von Energie und Stoffen zwischen der Atmosphäre und dem
Ozean mithilfe verschiedenster Messsysteme untersucht. Der hochsee-taugliche Container basiert
auf der Expertise des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR), des TROPOS,
des Helmholtz-Zentrums Geesthacht und des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) Bremerhaven.
Kontinuierliche Beobachtungen von Aerosol-, Wolken-, Temperatur- und Feuchtigkeitsprofilen,
Flüssigwassergehalt, solarer und thermischer Strahlung, sensibler und latente Wärme werden
durchgeführt um den Einfluss der hoch variablen Atmosphäre auf die Energiebilanz zwischen
Ozean und Atmosphäre zu erforschen. Zusätzliche werden Beobachtungen des Satelliten Meteosat
Second Generation (MSG) genutzt, um die Strahlungsbilanz am Oberrand der Atmosphäre abschätzen zu können.
OCEANET-Atmosphere
Die OCEANET-Atmosphere Anlage wurde für die atmosphärischen Beobachtungen an Bord der Polarstern
aufgebaut (Abb. 1). Alle Geräte sind auf einem 20-Fuß- Container (Abb. 2) montiert. Einfallende
solare und thermische Strahlung werden mit einem Pyranometer bzw. einem Pyrgeometer von Kipp & Zonen
gemessen. Sie sind Teil der SCalable Automatic Wetterstation (SCAWS), welche in Zusammenarbeit
mit dem deutschen Wetterdienst (DWD) entwickelt wurde. Durch die zusätzliche Aufzeichnung von Temperatur,
relativer Feuchte und Wind wurde OCEANET-Atmosphere zur DWD Wetterstation. Spektrale solare Strahlungsmessungen
für Irradianz und Radianz mit dem COmpact RAdiation measurement System (CORAS) ermöglichen die Untersuchung
der räumlichen Verteilung Radianz sowie der Ableitung von optischen und mikrophysikalischen Wolkeneigenschaften.
Geräte für die Messungen von Turbulenzen und CO2-Flüssen ermöglichen die Erforschung von sensiblen und
latenten Wärmeflüssen ermöglicht. Alle 15 Sekunden zeichnet ein Skyimager den Himmel über der Plattform
auf um Bedeckungsgrad und Wolkentyp ableiten zu können. Der Flüssigwassergehalt aus den Messungen des
Humidity And Temperature PROfiler (HATPRO) berechnet. Vertikale Aerosol- und Wolkenprofile werden vom
Mehrwellenraman und Polarisationslidar PollyXT erfasst. OCEANET-Atmosphere wurde auf dem Oberdeck,
steuerbord, der Polarstern in 22m Höhe über dem Meeresspiegel aufgestellt (Abb. 2).
Zur Erprobung und Anwendung der Messplattform im
Rahmen dieses Projektes eignen sich die zweimal jährlich stattfindenden
Atlantiktransfers des FS Polarstern.

Abb. 1: FS Polarstern (Foto: Marlen Brückner)
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Abb. 2: OCEANET-Container (rechts) und Aerosolcontainer (links) des TROPOS
auf dem Peildeck von FS Polarstern während ANT-XXVII/4 (Foto: Marlen Brückner). Das vergrößerte Bild zeigt
die beiden Messköpfe für spektrale Irradianz und Radianz am Container ca. 20 m über dem Meeresspiegel.
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Strahlungsmessungen auf FS Polarstern
Zum Verstehen des Klimasystems Ozean und Atmosphäre spielen Wolken und
Strahlung eine wichtige Rolle. Selbst mit beobachteten Wind-, Feuchte- und
Druckfeldern ist es schwierig, die korrekte räumliche und zeitliche
Klimatologie in Klimamodellen nachzuvollziehen. Da die Wolkenstrukturen
sehr inhomogen sind (Abb. 3, links) und damit für Strahlungsübertragungsprozesse
entscheidend sind, müssen diese Prozesse in Strahlungsparametrisierungen
berücksichtigt werden.
Eine Kombination der Beobachtung von physikalischen Eigenschaften und
Strahlungseigenschaften von Wolken sind eine gute Möglichkeit solche
Parametrisierungen anzugleichen oder zu validieren. Mithilfe der
Erweiterung der breitbandigen Strahlungsflussdichtemessungen auf spektrale
Strahldichte- und Strahlungsflussdichtemessungen können unterschiedliche
Wolkentypen zugeordnet werden. Beobachtete Atmosphärenzustände werden
in ein Strahlungstransportmodell eingegeben,
sodass die Ergebnisse mit den gemessenen Parametern verglichen
werden können.

Abb. 3: Links: Bilder der Wolkenkamera zeigen typische Wolkensituationen: (a) wolkenfrei,
(b) Cumuluswolken in den Passatwindzonen, (c) durchbrochene Bewölkung, (d) Stratocumulus Wolkendecke,
(3) Cirrusbewölkung mit Halo, und (f)Saharastaubereignis nahe der Kapverdischen Inseln. Rechts: Kursplots von ANT-XXVII/4
Kapstadt-Bremerhaven April/Mai 2011 (grün),
ANT-XXVIII/5 Punta Arenas-Bremerhaven April/Mai 2012 (blau) und
ANT-XXIX/1 Bremerhaven-Kapstadt Okt./Nov. 2012 (rot).
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Im Rahmen dieses Projekts wurden bereits 3 Forschungsfahrten (Abbildung 3, rechts) auf FS Polarstern 2011 und 2012 mit dem vom LIM
zur Verfügung gestellten Bodenspektrometer CORAS durchgeführt. Es
wurden erfolgreich Daten gesammelt und wissenschaftlich bearbeitet um
die Strahlungseigenschaften über dem Atlantik unter verschiedenen atmosphärischen
Bedingungen zu erforschen (Abbildung 3, links). Von besonderem Interesse ist hierbei die spektrale Transmissivität
von Wolken, die verwendet werden kann um Wolkeneigenschaften wie optische Dicke und effektiven
Radius abzuleiten.
ähnliche Messungen werden auch im Rahmen von (AC)³
während der PASCAL Kampagne 2017 im Arktischen Ozean und Meereis durchgeführt.
Hierbei werden vorallem die besonderen Bedingungen der arktischen Grenzschicht und typische Mischphasenwolken näher untersucht und mit
Fernerkundungsdaten von den Polarflugzeugen und Satelliten verglichen.
Veröffentlichungen
Brückner et al., A new multispectral cloud retrieval method for ship-based solar transmissivity measurements, J. Geophys. Res. Atmos., 119 (2014), 11,338-11,354, doi:10.1002/2014JD021775.
Letzte Aktualisierung am 24. 7. 2018 von
Marlen Brückner