
Sudhoff im Lazarett,
1. Weltkrieg

Bibliophile Kostbarkeiten,
16. Jahrhundert

Alpenländische Votivkröte
aus Wachs,
20. Jahrhundert

Aus alten Büchern,
16.–18.
Jahrhundert

Antiker Zahnersatz,
5. Jahrhundert v. Chr.
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Mit Karl Sudhoff als seinerzeit
bedeutendstem Fachvertreter wurde die Medizingeschichte als
Disziplin erstmals institutionell an der Medizinischen Fakultät
verankert. Sudhoff war stets vom Nutzen der Historie für
den Arzt aus tiefem Herzen überzeugt
und warb dafür unter den Studierenden wie in der Öffentlichkeit mit
großem Engagement und beachtlichem Erfolg. Mit Sudhoff begann ein Professionalisierungsprozess,
in dessen Verlauf sich eine leistungsfähige Wissenschaft mit internationaler
Ausstrahlung entwickelte. Die Ausstellung zum 150. Geburtstag des Nestors der
Medizingeschichte vermittelt einen Eindruck von den Anfängen sowie der
Entwicklung des Faches. Gezeigt werden historische Fotos, Grafiken, wertvolle
Bücher und insbesondere zahlreiche Objekte aus den Beständen der
Institutssammlung.
Arzt und Philologe
Am 26. November 1853 als Sohn eines evangelisch-reformierten Pastors in Frankfurt
am Main geboren, entdeckte Karl Sudhoff früh seine naturwissenschaftlich-philologische
Doppelbegabung, die er für ein Medizinstudium einerseits und für
medizinhistorische Studien anderseits zu nutzen verstand. Trotz der Beanspruchung
in seiner ärztlichen Praxis, erst in Frankfurt und ab 1883 in Hochdahl
bei Düsseldorf, widmete er sich konsequent der Forschungsarbeit und war
damit so erfolgreich, dass er, als in Leipzig ein Professor für Medizingeschichte
gesucht wurde, der einzige ernst zu nehmende Kandidat im gesamten deutschen
Sprachraum war. In den über dreißig Leipziger Jahren entstanden
in unermüdlicher Arbeit hunderte von Publikationen, in denen Sudhoff Zeugnisse
früheren medizinischen Wissens zu sichern suchte.
Das erste Medizinhistorische Institut
der Welt
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Medizingeschichte nur durch einzelne Lehrbeauftragte
an den deutschen Universitäten vertreten. Die Gründung eines eigenen
medizinhistorischen Instituts gerade in Leipzig (1906) verdankt sich dem Vermächtnis
einer begüterten Witwe: Aus Dankbarkeit dafür, dass ihr Gatte sich
hier 1878 für Medizingeschichte hatte habilitieren dürfen, hinterließ Marie
Caroline Cäcilie Puschmann ihr beachtliches Vermögen zweckgebunden
der Universität. Aus den Zinsen wurden die Besoldung Sudhoffs, die Ausstattung
eines allmählich wachsenden Instituts sowie die Druckkosten einer eigenen
Schriftenreihe und einer eigenen Zeitschrift bestritten. Sudhoffs Nachfolger
Henry Ernest Sigerist war wissenschaftlich ebenso produktiv, verfolgte allerdings
einen anderen methodischen Ansatz: Er gilt als Begründer der Sozialgeschichte
der Medizin. Den Namen seines Gründers erhielt das Institut 1938.
Die Medizinhistorische Sammlung
Dass Sudhoff als Philologe auch Bibliophiler war,
dass er daher eine Reihe wertvoller Handschriften, Inkunabeln
und Frühdrucke erwarb und systematisch alle Neuerscheinungen
seines Faches kaufte, dürfte nicht überraschen.
Er legte jedoch nicht nur den Grundstock einer großen
Bibliothek, sondern beschaffte als Anschauungsmaterial für
eine lebendige Medizingeschichte auch Druckgrafik mit Medizinbezug
sowie zahlreiche historische Instrumente und Geräte.
Diese dienten nicht nur dem studentischen Unterricht im kleinen
Kreis: Öffentlichkeitswirksam präsentiert wurden
die Stücke beispielsweise anlässlich der Internationalen
Hygiene-Ausstellung in Dresden 1911, deren große historische
Abteilung Sudhoff verantwortete und zu der er einen zweibändigen
Katalog vorlegte.
Der Paracelsus-Forscher
Von Sudhoffs Oeuvre ist seine Ausgabe der medizinischen Paracelsus-Schriften
wohl die bedeutendste Leistung; niemand – schon gar keine Einzelperson – würde
sich heute an ein solches Projekt wagen. Die Beschäftigung mit diesem
umstrittenen Reformer, dem sich Sudhoff durch sein Bedürfnis nach Unabhängigkeit
und durch die Zweiteilung seiner Interessen wesensverwandt fühlte, hat
ihn sein ganzes wissenschaftliches Leben hindurch begleitet, so dass er zu
seiner Zeit als weltbester Paracelsus-Kenner galt. Eine eigene Abteilung in
der Ausstellung stellt diese Arbeiten vor.
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