Die Arbeit hat die Untersuchung zeitgenössischer
Formen der Autobiographie zum Ziel, die ausgehend von epistemologischen
und poetologischen Aspekten als postmoderne und postkoloniale Diskurse
beschrieben
werden. Im Anschluß an eine theoretischen Auseinandersetzung
mit dem Genre der Autobiographie sowie
dessen nachmetaphysischer Umformulierung widmet sie sich
in einem umfangreichen Analyseteil vier Autoren
der französischen und maghrebinischen Literatur,
deren jeweilige Konzepte auf unterschiedliche Weise die
fiktionale Konstitution des Ich thematisieren und in
diesem Zusammenhang die Frage von Autobiographie und Fiktion diskutieren.
Zunächst stehen mit Serge Doubrovskys ambivalentem Prinzip der 'autofiction'
entschei- dende Aspekte dieser Problematik wie die Relation von Referenzialität
und Fiktionalität und die Frage nach
dem zugrundeliegenden Literaturbegriff im Mittelpunkt.
Mit der 'nouvelle autobiographie' Alain Robbe-Grillets rückt
eine weitere Form der Autobiographie in den Blick, die nicht nur mit den
Konventionen, sondern in Fortführung der Positionen des Nouveau Roman
sogar programmatisch mit der Opposition von Wirklichkeit
und Text mithin einem traditionellen Literaturverständnis
bricht. Die algerische Autorin Assia Djebar (Friedens- preisträgerin
des Deutschen Buchhandels 2000) entfaltet in ihrer 'double autobiographie'
als Zeichen einer unauflösbaren Verquickung von individueller und
kollektiver Geschichte ein ähnlich autofiktionales Prinzip, wenngleich
ihrem Schreiben mit dem Bezug auf koloniale Diskurse eine andere Motivation
zugrunde liegt. Ihre Autobiographie entsteht weniger in Absetzung zu einem
klassischen Genre als vielmehr durch die Auseinander- setzung mit einer
hybriden Form von Subjektivität und durch die Fort- bzw. Umschreibung
diverser kultureller Diskurse. Auch der Tunesier Abdelwahab Meddeb entwirft
ein kulturell mehrdeutiges Ich, dies jedoch im
Rahmen eines 'aventure du texte', in dessen Verlauf
die sprachlichen Zeichen das Subjekt nicht abbilden,
sondern seinen Konstitutionsprozeß erfahrbar machen.
Diesen unterschiedlichen Autobiographie-Konzepten
liegt eine epistemologische Basis zugrunde, die Wirklichkeit
und Text bzw. Leben und Schreiben als überlappen-
de Größen eines umfassenden Raumes vorstellt,
der dem Autor keine Textenthobenheit mehr zubilligt. Die Texte entwerfen
jeweils ein Subjekt, daß sich im Schreibakt selbst konstituiert und
nirgendwo außerhalb seiner textuellen Manifestation greifbar ist.
Ausgehend von einem kulturübergreifenden Korpus sowie einem interdisziplinären
Untersuchungsansatz ist die Arbeit ein Beitrag zur aktuellen Frage des
Wandels der Autobiographie.