Otto Stolz antwortete
elpenor@wiesbaden.netsurf.de (heinz siry):
> WIR SOLLTEN UNS NICHT BEVORMUNDEN LASSSEN !

Recht so -- aber was hat das mit der Rechtschreibreform zu tun?? Niemand verlangt von Euch (Pluralis Majestatis, oder was?), irgendwelche Orthographieregeln einzuhalten. Also schreibt, wie Ihr wollt, und laßt Euch nicht bevormunden.

> Warum kommt unser Protest erst jetzt?

Die Frage müßte besser so lauten: wogegen protestiert Ihr eigentlich??

Die Kultusminister haben lediglich den Bereich geregelt, für den sie zuständig sind, nämlich, welche Orthographie in der Schule gelehrt wird. Dabei hat sich einiges wesentlich gebessert:

Bisher hatte ein einzelner privater Verlag den amtlichen Segen, für die Rechtschreibung, die an deutschen Schulen gelehrt wird, alle Zweifelsfragen zu klären. Warum hat eigentlich noch nie eine Initiativgruppe gegen die Bevormundung durch diesen Verlag protestiert? (Etwa gegen die Regel R66, nach der das Wort "einiges" im vorigen Absatz -- entgegen der allgemeinen Regel -- klein zu schreiben ist, was sich nur durch Nachsehen im Wörterverzeichnis klären läßt.)

Nun haben wir stattdessen eine international besetzte, öffentlich kontrollierte Kommission (beim IDS in Mannheim).

Dieser Verlag hat seinen Freibrief dazu genutzt, nach und nach ein kompliziertes Regelwerk mit zahlreichen Ausnahmen und kaum verständlichen Sonderfallregelungen zu schaffen. Warum hat eigentlich noch nie eine Initiativgruppe Unterschriften gegen so unsinnige Dudenregeln gesammelt, wie beispielsweise die, nach der man "Auto und radfahren" (19. Auflage, Seite 139) schreiben soll?

Die Rechtschreibreform reduziert über 212 Regeln (nur für Zeichen- setzung, Groß- und Kleinschreibung, Zusammen- und Getrennt- schreibung und Silbentrennung) auf nunmehr 112 Regeln (in den Bereichen Laut-Buchstaben-Zuordnungen, Getrennt- und Zusammenschreibung, Schreibung mit Bindestrich, Groß- und Kleinschreibung, Zeichensetzung und Worttrennung am Zeilenende).

> Warum kommt unser Protest erst jetzt?

Ja, warum erst jetzt,

> Die meisten haben es nicht glauben koennen, dass so entschieden wird.

Falsch! Die meisten haben sich einfach nicht darum gekümmert!

> Kaum jemand ist gefragt worden.
> Oder sind sie jemals gefragt worden, ob Sie die Rechtschreibreform
> gut finden?

Sind Sie jemals gefragt worden, ob Sie die Duden-Regelungen gut finden? Warum hat sich denn darüber niemand aufgeregt? Tatsache ist doch, daß den meisten deutsch Sprechenden die genauen Rechtschreib- regeln ziemlich gleichgültig waren. Da sich keine Zeitschrift und keine Fernsehsendung daran gestoßen hat, ist den meisten gar nicht aufgefallen, wie diese Regeln Jahr für Jahr ergänzt (und damit immer komplizierter) wurden.

Nun, wo diese Regeln endlich wieder vereinfacht werden sollen, schreien irgendwelche Medien auf -- aus dem einfachen Grund, weil nun offen gesagt wird, daß die Rechtschreibregeln geändert werden sollen.

> Die Kinder in der Schule werden verwirrt:
> Sie muessen die alte und
> die neue Rechtschreibung lernen.

Erstkläßler müssen nur die neuen Regeln lernen.

Ältere Kinder müssen tatsächlich an einigen Stellen umlernen. Zu Beispiel müssen sie vergessen, daß sie "wäßrig" mit Eszet zu schreiben haben, obwohl sie "wässerig" mit Doppel-S schreiben müssen. Das ist nun einmal der Preis für eine Reform. Aber durch diese Reform vereinfacht sich vieles.

Die Zeit zum Umlernen ist sehr großzügig bemessen: bis 31. Juli 2005 gilt die jetzige Schreibweise nicht als falsch; die Schüler werden lediglich darauf aufmerksam gemacht, daß sie die alte Schreibweise verwenden. Wer bis zum Schuljahr 2004/2005 seinen Schulabschluß hat, braucht also die neuen Rechtschreibregeln nicht zu lernen, wenn er nicht will.

Also: die armen Kinder müssen offenbar nur als vorgeschobenes Argument herhalten.

> Die Rechtschreibreform wird in den kommenden
> Jahren noch Milliarden kosten.

Das ist ein häufig kolportiertes Märchen. Schulbücher werden sowieso alle paar Jahre von den Verlagen überarbeitet und von den Schulträgern neu beschafft. Rechtschreibwörterbücher wurden von Profis auch bisher in jeder Neuauflage gekauft.

> Aber eine Unterschrift kostet nichts.

O doch! Eine Unterschrift unter solch einem unausgegorenen Aufruf zeigt, daß man sich mit der Materie nicht genügend befaßt hat. Sie kostet also etwas von der eigenen Reputation. Die Aktion kostet auch die Arbeitszeit der Personen, an die die Unterschriftslisten gesandt werden sollen, und die dann darauf reagieren müssen. Nicht zuletzt schaden solche Unterschriftsaktionen dem Ansehen Deutschlands bei seinen Nachbarn, mit denen immerhin ein Vertrag besteht.

> NUR WENN JEDER, DER DIE REFORM ABLEHNT,
> AKTIV MITHILFT,
> WIRD DIE INITIATIVE ERFOLGREICH SEIN.

Der "Erfolg" wird hoffentlich nur ein Sturm im Wasserglas sein.

> Die Briefe werden nachrichtlich an die Tageszeitungen Bild,
> Frankfurter Allgemeine Zeitung, Handelsblatt sowie an die
> Zeitschriften Focus und Spiegel gesandt.

Bild ist allerdings der richtige Partner, um die deutsche Kultur zu retten! :-)

Auch die übrigen genannten Blätter haben in dieser Angelegenheit eher Polemik und Stimmungsmache betrieben als sachliche Aufklärung zu leisten. Wie wär's mit einem Brief an die Zeit? Oder an den Sprach- report? Wahrscheinlich würde die Initiative dort nur Hohn und Spott ernten.

> Wenn Sie sich an der Initiative beteiligen wollen, ...

Wenn Sie erst einmal wissen wollen, was tatsächlich beschlossen wurde, so lesen Sie:

Viel Erfolg (beim Lesen, nicht beim Unterschriftensammeln :-) wünscht

Otto Stolz