Bemerkungen zur neuen ß-Regelung

Jochen Messner

... Die Regel (alte Eszet-Regel) ist kompliziert und wurde mir z.B. nicht beigebracht, sodass ich oft nach kurzem Vokal "ss" schrieb, wenn ich die Schreibung des Wortes nicht in Erinnerung hatte. Die meisten Leute wissen doch nicht mal, was ein Glottisverschluss ist. Die neue Regel

"Nach kurzem Vokal 'ss'"

ist doch wesentlich kürzer. Man könnte sogar sagen, die Regel fällt ganz weg, denn die Schreibung hängt nur von der Schreibung des Wortstamms ab, und diese muss man kennen. Deine obige Regel ist ja schließlich auch nur geignet zwischen "ss"-Schreibung und "ß"-Schreibung zu unterscheiden, wenn der Stamm mit "ss" geschrieben wird. Sie ist unmotiviert und überfluessig. Gerade die Regelung der ss/ß- Schreibung und der Groß-Klein-Schreibung sprechen -- weil einfacher und konsistenter -- für die Rechtschreibreform.


Erik Schueler

Übrigens ist ja auch die neue ß-Regel regional anfällig: Spass oder Spaß ?

Olliver Gassner dazu

Wir schreiben "Hochdeutsch" bzw. Standarddeutsch. Dass man Spaß sagt, sieht man nach der RSR daran, dass man Spaß schreibt und nicht Spass. Spass ist eine dialektale Variante von Spaß. Dass Spaß hochsprachlich ist, ist eine Konvention. (Und kein "Gesetz".) So wie die RS eine Konvention ist - oder die Sprache selbst.

Martin Gerdes

Meine Freundin (aus West-Phalen) spricht das Wort "Ruß" mit Doppel-s am Ende, "rußig" dann natürlich auch.

Ulf Hinze antwortete U. Faigle (faigle@math.utwente.nl)

UF:... daß ich in gleichem Maße diejenigen Ansätze der Rechtschreibreform als unsinnig betrachte, die bisherige sinnvolle (weil strukturierende) Regeln aufgeben (Beispiel: die Verwischung des Bedeutungsunterschieds von das und daß, die damit gerechtfertigt werden soll, daß ein norddeutsches Ohr den diesbezüglichen Unterschied in der Aussprache nicht hört)

UH: In dem Punkt kann ich Dir nun gar nicht folgen. Der Bedeutungsunterschied bleibt voll gewahrt (das - dass), lediglich das ß löst sich zugunsten einer weiteren strukturierenden Regel (nach kurzem Vokal ss, nach langem ß) in Doppel-s auf.

Wobei mir selbst das "dass" noch akademisch erscheint: Die meisten Sprachen kommen an dieser Stelle ohne orthographische Unterscheidung aus. Und ich tippe: 3/4 der Deutschen würden es nicht bemerken, wenn das "daß" von heute auf morgen verschwinden würde - für das Verständis des Satzes ist die besondere Schreibweise jedenfalls nicht notwendig.

Und was das ganze mit Norddeutschland zu tun haben soll, ist mir völlig rätselhaft. Hochdeutsch bleibt hochdeutsch - in Österreich ebenso wie in Schleswig-Holstein.


Horst Rothe
rotheh@rz.uni-leipzig.de
letzte Änderung: 22.10.1997 seit 19.08.1996