Patrick Franke: „Wissenschaft, eingebettet in die Schwarmintelligenz: das Modell der Bamberger Islam-Enzyklopädie“
Obwohl Wikipedia heute weltweit eines der wichtigsten Projekte gemeinsamer Wissensproduktion darstellt und zum Teil bessere Informationen liefert als anerkannte Fachenzyklopädien, ist die Beteiligung von hauptamtlichen WissenschaftlerInnen an diesem Medium immer noch äußerst gering. Gründe für dieses Desinteresse sind schon öfter genannt worden: Zeitmangel, der rauhe Umgangston, Furcht vor Veränderung der eigenen Beiträge durch Dritte, Beschränkung auf durch Sekundärquellen belegbare Informationen usw. Patrick Franke, der seit 2013 in der deutschsprachigen Wikipedia aktiv ist und dort das Islam-Portal betreut, zeigt in seinem Vortrag, dass viele Vorurteile von WissenschafterInnen gegenüber Wikipedia unbegründet sind. Wer sich an bestimmte Regeln hält, kann wissenschaftlich von der Kollaboration mit Laien profitieren und auf bestimmten Feldern in der Wikipedia sogar originäre Forschungsbeiträge leisten. Hauptgrund für die mangelnde Beteiligung von WissenschaftlerInnen an der Wikipedia ist allerdings die fehlende Distinktion: da jeder mitschreiben kann, zahlt es sich karrieretechnisch nicht aus, es zu tun. Die Bamberger Islam- Enzyklopädie (BIE), die einen abgegrenzten Bereich innerhalb der Wikipedia darstellt, unter wissenschaftlicher Herausgeberschaft steht und Autorschaft kennzeichnet, bietet für dieses Problem ein neues Lösungsmodell an, das in dem Vortrag vorgestellt wird.
Patrick Franke ist Inhaber des Lehrstuhls für Islamwissenschaft und Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Interreligiöse Studien an der Universität Bamberg. Er hat über 230 Artikel in der deutschsprachigen Wikipedia zu islambezogenen Themen veröffentlicht, siehe seine Benutzerseite. Vier davon, Muhtasib, al-Chidr, Karrāmīya und Fiqh al-aqallīyāt, wurden von der Gemeinschaft der Wikipedianer als exzellent ausgezeichnet.
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Henriette Rösch ist Mitarbeiterin im Open Science Office an der Universitätsbibliothek Leipzig, das forschungsunterstützende Dienstleistungen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Leipzig bietet. Es arbeitet dabei eng mit anderen Einrichtungen der Universität zusammen, insbesondere mit dem Dezernat für Forschungs- und Transferservice. Schwerpunkte sind die Themen Open Access und Forschungsdaten.
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Verena Klemm (Universität Leipzig) ist Professorin für Arabistik und Ansprechperson des Forschungsprofilbereichs „Sprache und Kultur im digitalen Zeitalter“ in der Fakultät für Geschichte, Kultur- und Orientwissenschaften.
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Martin Roth (Universität Leipzig) ist Juniorprofessor für Japanologie. Er forscht zu Videospielen, Videospielkultur, digitalen Regionen und digitalen Methoden.
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Die AG #digitalegegenwart ist eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe an der Universität Leipzig. Seit 2015 setzt sich die AG in regelmäßigen Workshops mit Fragen zu Digitalität, Wissen, Räumlichkeit und Leben und deren interdependenten Zusammenhängen und Bedingtheiten auseinander. Der Salon Digital ist eine Veranstaltungsreihe der AG mit dem Ziel, diese Themen öffentlich zu diskutieren.
Die Veranstaltung wird unterstützt vom Orientalischen Institut der Universität Leipzig und vom DFG- geförderten Kooperationsprojekt diggr.link zwischen der Universitätsbibliothek und der Japanologie der Universität Leipzig. Organisiert wird sie von Verena Klemm, Veronika Darian, Anja Neubert, Robert Aust, Maximilian Görmar und Martin Roth.
