Fachtagung „Donna e cinema“

„La donna è un filtro di percezione“ – „die Frau ist ein Wahrnehmungsfilter“, bemerkte einst Michelangelo Antonioni und bezog sich mit dieser Äußerung implizit auf die zentrale Rolle der Schauspielerin Monica Vitti, die sich als dominantes eigenständiges Blickdispositiv und subjektiver Wahrnehmungsfilter in seinen Filmen konstituiert.

Der Status dieses Blickdispositivs ist ambivalent. Verweist es doch einerseits auf eine leere Innenwelt im Zeichen der Krise und des Risses und andererseits auf jene, die sich aufmacht zu flanieren, auf der Suche nach neuen Räumen – und damit eben auf jene neue Figur der Flâneuse, die die alten Räume in Kartographien ihres Begehrens zu verwandeln weiß (L’eclisse, Il deserto rosso).

Diese Ambivalenz des weiblichen Blickdispositivs zeigt sich bereits im Kino von Roberto Rosselini. Man denke nur an die neapolitanischen Spaziergänge der Ingrid Bergmann in Viaggio in Italia oder ihre Fluchtbewegungen in Stromboli.

Im aktuellen italienischen Kino finden wir die Ambivalenz eines solchen weiblichen Blickdispositivs in den Filmen von Alice Rohrwacher und Laura Bispuri wieder, die sich in die Tradition des „Cinema dello sguardo“ einschreiben und darüber hinaus mit den neuen Strategien einer haptischen Visualität experimentieren.

Im internationalen Kino der Romania manifestieren sich genannte Strategien des weiblichen Blicks und der haptischen Visualität vor allem bei Chantal Akerman, Catherine Breillat, Agnès Varda, Lucrecia Martel, Claudia Llosa und Mar Coll wieder – wobei der Begriff des ‚weiblichen‘ Blicks nicht in einem essentialistischen Sinne verstanden werden soll, sondern als fluide Kategorie von Gender, die jede Form univoker Fixierung zur Auflösung bringt.

Von Ambivalenz ist auch das New Queer Cinema geprägt, das sich zwischen Subkultur und Mainstream bewegt. Zu fragen gilt es hier, inwiefern prominente Vertreter des zeitgenössischen Autorenkinos der Romania wie Pedro Almodóvar, François Ozon oder Xavier Dolan sich unter diesem Label verorten lassen oder sich ihm entziehen.

 Die Fachtagung „Donna e cinema“ möchte die vielfältigen Relationen zwischen „Donna“ und „Cinema“ aus drei verschiedenen Perspektiven diskutieren:

  1. das weibliche Blickdispositiv/die Frau als Wahrnehmungsfilter im klassischen Autorenkino (Antonioni, Fellini, Rosselini)
  2. der Blick der Stars all’italiana (Monica Vitti, Sophia Loren, Anna Magnani, Alba Rohrwacher)
  3. das neue Women’s und Queer Cinema, seine Genealogien und Diskontinuitäten aus italienischer und internationaler Perspektive.