In der italienischen Renaissance entwickeln sich die Elemente einer stadtbürgerlich-kapitalistischen Erwerbsgesellschaft. Da die Herrscher der einzelnen Staaten im Cinquecento zudem einen Schwerpunkt ihrer Aktivitäten in der Förderung der Künste und Wissenschaften sahen, entstehen kulturelle Zentren, so z.B. an den Höfen von Mantua, Urbino, Ferrara und in der Toskana. Des Weiteren werden Akademien gegründet. Diese waren in vielen Städten wichtige Zentren der Verbreitung der Literatur in der Volkssprache und damit auch der Volkssprache selbst. Es handelt sich dabei um eine Art von Salons, zu denen die Gebildeten der Stadt Zugang hatten. Sie diskutierten dort nach mehr oder minder strengen Regeln.
Die Ursprünge der europäischen Akademiebewegung der Neuzeit liegen in der "Wiederbelebung der klassischen Studien durch den italienischen Renaissance-Humanismus" und dem Versuch, sich nach dem Vorbild der antiken Platonischen Akademie institutionell zu organisieren.
Platon hatte 385 v. Chr. in einem Tempelbezirk am Stadtrand von Athen, der über dem Grab eines sagenumwobenen attischen Helden namens Akademos errichtet worden war, eine Schule gegründet, der der Name dieses kultischen Bezirks übertragen wurde. Sie diente als Begegnungsstätte der freien Diskussion und Wissensvermittlung. Ein Grund für die Entstehung der ersten Akademien in Italien war sicher, dass die traditionellen Universitäten die neuen wissenschaftlichen Bedürfnisse nicht ausreichend erfüllen konnten.
Die Akademiebewegung in der italienischen Renaissance läßt sich in drei Entwicklungsphasen unterteilen, in denen sich jeweils ein anderer institutioneller Typus herausbildete.
Die erste Phase dauerte von der Mitte der fünfziger Jahre des 15. Jahrhunderts bis in die zwanziger Jahre des 16. Jahrhunderts. In den oberitalienischen Stadtrepubliken scharten wohlhabende Patrizier, z.B. die Medici in Florenz, Künstler und Gelehrte um sich. Das Hauptziel dieser frühen humanistischen Akademien waren die klassischen Studien. Außerhalb der traditionellen Bildungseinrichtungen der Universitäten gruppierten sich so um einige herausragende gelehrte Humanisten, die keine Kleriker, sondern Laien waren, zunächst informelle Zirkel von gleichgesinnten Freunden und Schülern, um gemeinsam die Texte antiker Autoren zu lesen und zu interpretieren. Als entscheidende Anreger wirkten einige griechische und byzantinische Gelehrte, die nach Italien kamen, so etwa der Grieche Gemisthos Plethon (um 1360-1452), der mit Cosimo de' Medici (1389-1464) in Florenz auf dem Unionskonzil von 1439 in Kontakt getreten war, oder der Byzantiner Giovanni Argyropulos (1415-1487), der ab 1457 an der Florentiner Universität Vorlesungen über antike griechische Philosophie hielt.
Unter dem Protektorat von Lorenzo de' Medici wurde von dem Philosophen Marsilio Ficino (1433-1499) in Florenz die Accademia Platonica gegründet. Dabei handelte es sich um einen kleinen Freundeskreis, der sich unabhängig vom Hof der Mediceer und ohne Reglementierung zur Diskussion und zum Austausch von Erfahrungen und Kenntnissen in allen möglichen Wissensbereichen zusammenfand. Platons Werk stand dabei also nicht unbedingt im Mittelpunkt des Interesses. Ficino selbst hat aber Platons Gesamtwerk und den Kommentar zu Platons Werken ins Lateinische übersetzt. Von dieser Übersetzung gingen wichtige Impulse aus. Die Accademia Platonica erlosch mit Ficinos Tod.
Die führenden Philosophen und Literaten gehörten dagegen dem Kreis um Angelo Poliziano (1454-1494) und der von Lorenzo de' Medici protegierten Universität an, die das intellektuelle Zentrum der achtziger und neunziger Jahre des 15. Jahrhunderts bildete.
Seit 1464 gab es in Rom zudem einen Gesprächskreis um den Humanisten Pomponio Leto (1428-1497), genannt Accademia Romana bzw. Pomponiana, zu deren Mitgliedern Pietro Bembo (1470-1547) und Baldassarre Castiglione (1478-1529) zählten. Diese wurde zunächst von seiten des Papstes bekämpft, konnte dann aber ihre Studien unbehelligt weiterverfolgen. Die Accademia Romana wurde 1527 infolge des Sacco di Roma aufgelöst.
In Neapel konstituierte sich 1471 die Accademia Pontaniana. Ihr Initiator war der Dichter und Humanist Giovanni Pontano (1426-1503), daher auch der Name. Ziel dieses Kreises war die Lektüre der Werke von Vergil. Die Accademia Pontaniana wurde 1523 aufgelöst.
Die zweite Phase ist die der Sprachgesellschaften des 16. Jahrhunderts. Zwar integrierten die Universitäten die humanistischen Inhalte in ihren Lehrbetrieb, sie ließen aber die Volkssprache und die in ihr verfasste Literatur unberücksichtigt. Als sich das humanistische Interesse zum Vulgärhumanismus ausweitete, traten die Volkssprachen gleichberechtigt neben die klassischen Sprachen, wobei das Schwergewicht auf der florentinischen Sprache und Literatur und insbesondere auf Dante, Petrarca und Boccaccio lag. Auf diesen von den Universitäten vernachlässigten Bereich spezialisierten sich die Akademien, deren Mitglieder nicht mehr vorwiegend professionelle Intellektuelle, sondern adlige Amateure waren, da das wohlhabende Bürgertum als kulturtragende Schicht von der höfischen Gesellschaft mit dem Fürsten an der Spitze abgelöst worden war.
Florenz stand auch in dieser Phase wieder im Mittelpunkt. Die 1540 gegründete Accademia degli Umidi war zunächst eine freie Vereinigung von Dichtern, die dann im folgenden Jahr von Cosimo II. de' Medici zur Accademia Fiorentina mit Statuten umgewandelt und organisatorisch mit der Universität verbunden wurde. Mit Erlass vom 23. Februar 1541-42 verleiht er nämlich der Accademia fiorentina Anerkennung, Privilegien, Grade, Gehälter und Nebeneinkünfte. In dieser Akademie verbindet sich Macht- und Sprachpolitik. Cosimo II. betreibt schließlich eine Art von politica della lingua, zu deren Durchsetzung er sich eben einer Akademie zu bedienen gedenkt. Er wollte, dass diese Akademie schriftlich Sprachregeln festlegen sollte.
Diesem Anspruch wird allerdings erst die 1582 in Florenz gegründete Accademia della Crusca gerecht, die zuerst neben der Accademia fiorentina bestand, dann aber ihre Nachfolgerin hinsichtlich der philologischen und kulturellen Arbeit wurde. Sie wurde zum Vorbild für alle weiteren europäischen Sprachgesellschaften und -akademien. Das seit 1591 in Arbeit befindliche normative Wörterbuch, das 1612 in Venedig als Vocabolario degli Accademici della Crusca erschien, war schließlich eine herausragende lexikographische Leistung und konnte so auch für andere Nationalsprachen zum Vorbild werden.
Die dritte Phase beginnt dann Ende des 16. Jahrhunderts mit der Gründung von naturwissenschaftlichen Akademien, die meist aus privaten Zusammenkünften hervorgegangen sind.
Giovanni Battista della Porta (1538-1615) gründete 1560 in Neapel die Academia Secretorum Naturae, deren Mitglieder gemeinsam naturwissenschaftliche Experimente durchführten. Sie bestand bis 1568.
In Rom rief Fürst Federico Cesi (1582-1630) die Accademia dei Lincei ins Leben, zu deren Mitgliedern auch della Porta und Galileo Galilei zählten. Die Scharfsinnigkeit des Luchses (lince) sollte die Akribie symbolisieren, mit der die wissenschaftlichen Forschungen dieser Akademie betrieben wurden. Die Akademie stellte 1630 mit dem Tod von Cesi ihre Arbeit ein. Diese Akademie wurde mehrmals wiederbelebt und bestand von 1745-1752, 1801-1840, 1847-1939 und sie besteht wieder seit 1944.
Eine der bedeutendsten naturwissenschaftlichen Akademien war die Accademia del Cimento in Florenz. Cimento bedeutet Experiment und weist auf das naturwissenschaftliche, besonders physikalische Experimentieren hin. Sie bestand nur von 1657-1667 und stand unter dem Patronat ihres Gründers Leopold di Toscana. Ihr gehörte der Dichter und Gelehrte Alfonso Borelli (1608-1679) und Galileis Schüler Vincenzio Viviani (1622-1703) an.
Die Accademia della Crusca wurde, wie schon gesagt, 1582 in Florenz gegründet. Ursprünglich handelt es sich dabei um einen privaten Zirkel, dessen Mitglieder sich als Crusconi bezeichneten. Diesen Crusconi schloß sich im Jahre 1583 Lionardo Salviati an. Er gab diesem Kreis dann den Namen Accademia della Crusca. Unter Salviatis Führung wurde auch die Struktur der Accademia festgelegt.
Im Rahmen der Arbeit der Accademia wurden nicht allein die herausragenden Autoren kanonisiert, sondern das gesamte Schrifttum des Trecento. Betrachten wir kurz die einzelnen Stationen, die zu dieser Haltung führten.
Bembo (1470-1547) hatte seine These, dass dem ästhetischen Ideal die Literatursprache des 14. Jahrhunderts entspräche, mit der Modellhaftigkeit der Trecentisti gerechtfertigt, die seiner Meinung nach eine Tradition begründet hatten, der die späteren Werke niemals das Wasser reichen konnten.
Radikalisiert und systematisiert wurde Bembos Position zunächst durch Vincenzo Borghini (1515-1580). Borghini schreibt nämlich in Per le regole della lingua toscana von 1571:
Però io ho creduto che il suo perfetto grado sia stato dal 1348 al 1420 o quelle intorno ... Onde io dico che la lingua nostra è ... viva, viva dico nei libri non solo del Boccaccio, che non disse ogni cosa, ma nei libri domestici, come gli chiama Cicerone, nelle lettere familiari di quel buon tempo, nei libri dei conti, giornali e ricordanze, e di più nella lingua de' nostri buoni e puri cittadini che l'hanno di tempo in tempo cavata dai lor padri e madri e mantenuta pura e hanno il riscontro (zitiert nach Vitale 1978: 100).
Die lebende Sprache wird also mit der Schriftlichkeit gleichgesetzt. Zudem zeigt sich hier ein romantischer Grundzug des rückwärtsgewandten, ästhetisierenden Purismus (cf. Krefeld 1988).
Leonardo Salviati (1539-1589) radikalisierte und systematisierte diesen Ansatz dann noch weiter. Sein philologischer Lehrer war Vincenzo Borghini (1515-1580), also der Borghini, der auch die Manuskripte des 14. Jahrhunderts studierte. Salviati erwarb sich den Ruf eines Schriftstellers, Redners und Stilisten und er wurde sowohl von Borghini als auch von Guarini und Tasso um Rat gefragt. Von seinem Werk, den Avvertimenti sopra la lingua del Decamerone, das ab 1584 erschien, waren ursprünglich 3 bzw. 4 Bände geplant, es existieren jedoch nur zwei. Avvertimenti ist dabei im Sinne von Erörterung zu verstehen, etwa so wie später die Remarques von Vaugelas. Salviati will hier keine Grammatik schreiben, sondern verschiedene Themenbereiche aus der Sprache und Grammatik behandeln. Innerhalb seines Werkes gibt er ausserdem konkrete Hinweise, wie im Hinblick auf einen guten Sprachgebrauch zu verfahren ist, d.h. an welchen Kriterien man sich orientieren soll.

Salviati differenziert dabei zwischen lebenden und toten Sprachen. Die toten Sprachen sortiert er sofort aus. Bei den lebenden Sprachen differenziert er weiter zwischen solchen, die nicht oder nur unter Schwierigkeiten geschrieben werden können. Auch diese sortiert er aus. Er konzentriert sich dagegen auf die Sprachen, die gesprochen und geschrieben werden oder geschrieben werden können. Daneben unterscheidet er solche Sprachen, für die die Regeln erst erstellt werden müssen, was ein Einzelner nicht schaffen kann, und solchen, die schon Regeln haben, die nur noch gesammelt werden müssen.
Das korrekte Schreiben soll nach Salviati der Aussprache folgen: "la scrittura seguiti la pronunzia". Dabei beruft er sich auf Quintilian: "E benchè dica Quintiliano, scriuasi, come si parla". Das bezieht sich natürlich vor allem auf die Orthographie.
Eine perfekte Sprache ist nach Salviati charakterisiert durch treffenden Ausdruck, Leichtigkeit des Ausdrucks und Kürze und durch die Klarheit der Aussage. Seiner Meinung nach zeichnen sich gerade die Autoren zwischen 1300 und 1400 durch einen solchen treffenden, leichten und klaren Ausdruck aus. Deshalb sind sie auch die Repräsentanten einer guten und perfekten Sprache.
le regole del uolgar nostro douersi prendere da'nostri uecchi Autori, cioè da quelli, che scrissero dell'anno mille trecento, fino al mille quattrocento: perciocchè innanzi non era ancor uenuto al colmo del suo piu bel fiore il linguaggio: e dopo, senza alcun dubbio, subitamente diede principio a sfiorire. (Salviati 1584-1586: 74).
Bei seiner Argumentation für die Sprache der Autoren des 14. Jahrhunderts geht Salviati wie folgt vor: Zunächst stellt er fest, dass sich in der von den genannten Autoren verwendeten Sprache natürlich auch scorrezioni di favella, d.h. abusi der gesprochenen Sprache befinden, denn die Sprache der Autoren geht ja auch auf gesprochene Sprache zurück. Deshalb gilt es nach Salviati zwischen zwei Arten von uso zu unterscheiden:
[...] anzi sia l'uso in tutti i tempi, non gli scrittori, l'arbitro del fauellare: e bene in cio, e sauiamente disse il Latino poeta: ma dello scriuere, non l'uso assolutamente, ma l'uso buono, e approuato dal consenso de'saui, n'aurà lo'mperio, e'l dominio. (Salviati 1584-1586: 73) (cf. Quintilian)
Die zeitgenössische Sprache von Florenz kann schon deshalb nicht das Modell sein, da es keinen Konsens gibt, dass sie besser ist als die, die Boccaccio und die anderen Trecentisti geschrieben haben. Die aktuelle Sprache von Florenz weist auch zu viele Unzulänglichkeiten auf und die gute Sprache findet sich gegenwärtig ausschließlich bei den Autoren mit höchstem Ansehen. Im 14. Jahrhundert dagegen war die gute Sprache nach Salviati durchaus weit verbreitet.
Hinzu kommt, so sagt Salviati, dass die abusi in der gesprochenen Sprache heute viel größer sind als sie es im 14. Jahrhundert waren. Zudem manifestieren sie sich heute auch in der geschriebenen Sprache häufiger als im Trecento. Deshalb ist selbst die Sprache der piu lodati nicht so gut, wie die Sprache im Trecento. Von den Autoren des Trecento soll deshalb das Lexikon, die Redeweise und die Grammatik übernommen werden. Diese sollen so lange gültig sein, bis ein besserer Sprachgebrauch entstanden sein wird oder von Autoren höchsten Ansehens andere Richtlinien erarbeitet werden, die auf einem allgemeinen Konsens der saui, also der Gebildeten oder Weisen beruhen.
Salviati sieht damit zwar den Sprachgebrauch als ausschlaggebend an, aber keineswegs den aktuellen Sprachgebrauch. Dieser entspricht nämlich gerade nicht dem buon uso. Der gute Sprachgebrauch wird stattdessen nur durch die Autoren des Trecento repräsentiert (cf. Bagola). Salviati entwickelt also insgesamt eine Theorie vom historischen Niedergang einer ehemals reinen und natürlichen Sprache. Er stellt auch bereits das gesamte Programm zur puristischen Wiederannäherung an die alte Idealsprache auf. Danach gilt es nicht nur Latinismen, nicht florentinische Neologismen, Fremdwörter incl. der Dialektismen und Fachwörter, sondern auch die affettazione stilistica zu vermeiden (cf. Vitale 1978: 104).
Salviati benennt zudem mit Schlagwörtern die ästhetischen Qualitäten des Florentinischen (vgl. Orazione in lode della fiorentina lingua, 1564): das 'fiorentino puro' besitzt eine 'dolcezza in comparabile', so dass es ganz Italien zur 'dilettazione' gereicht (cf. Migliorini 1949: 39).
Leonardo Salviati (1539-1589) regte selbst die Schaffung eines normativen Wörterbuchs an. Dabei sollte zwischen dem Guten und Schlechten unterschieden werden, wie Salviati sagt: "procedere a una scelta fra il buono e il cattivo."
Am 20. Januar 1612 kam das Vocabolario degli Accademici della Crusca bei Giovanni Alberti in Venedig heraus. Es war das erste große Wörterbuch einer modernen Sprache. Die Selektionskriterien für dieses erste große Wörterbuch der Italoromania hatte das puristische Programm von Salviati und seinen Vorgängern geliefert. So heißt es im Vorwort [A' lettori]:
Nel compilare il presente Vocabolario (col parere dell'Illustrissimo Cardinal Bembo, de' Deputati alla correzione del Boccaccio dell'anno 1573. e ultimamente del Caualier Lionardo Salviati) abbiamo stimato necessario di ricorrere all'autorità di quegli scrittori, che vissero, quando questo idioma principalmente fiorì, che fù da' tempi di Dante, o uer poco prima, sino ad alcuni anni, dopo la morte del Boccaccio. Il qual tempo, raccolto in una somma di tutto un secolo, potremo dir, che sia dall'anno del Signore 1300. al 1400. poco più, o poco meno: perchè, secondo che ottimamente discorre il Saluati, gli scrittori, dal 1300 indietro, si possono stimare, in molte parti della lor lingua, souerchio antichi, e quiei dal 1400 auanti, corruppero non piccola parte della purità del fauvellare di quel buon secolo
Den Grundstock des Wörterbuchs bildeten sämtliche aus dem 14. Jahrhundert überlieferten Quellen; spätere Epochen oder gar der zeitgenössische Sprachgebrauch wurden nur gelegentlich berücksichtigt:
"delle scritture cinquecentesche accoglieva solo quelle che al Trecento fiorentino si erano rifatte (Bembo, Ariosto, Della Casa e pochi altri); all'uso vivo ricorreva solo in via subordinata e occasionalmente a completamento della lingua trecentesca; codificava la lingua letteraria e si poneva come severa e intransigente salvaguardia del patrimonio linguistico della tradizione toscana (Vitale 1978: 105).
Aufgenommen worden waren also lediglich Wörter toskanischer, vor allem antiker Autoren, deren Sprache als besonders rein galt, während die der übrigen Autoren als unrein abgelehnt wurde. Die Sprache der Trecentisten, allen voran Boccaccio, wird idealisiert. Integriert werden so zwar auch die niedrigen und volkstümlichen Ausdrucksweisen, die in den Texten aus dem 14. Jahrhundert erscheinen, aber kein Fachvokabular.
Die 1612 erfolgte Veröffentlichung der ersten Ausgabe des Vocabolario della Crusca in Venedig bei Alberti ist ein entscheidender Augenblick für die weitere Geschichte der Lexikographie und bedeutet in gewisser Weise nicht nur einen Bruch mit der bisherigen Lexikographie, sondern auch einen Rückschritt. Wir hatten ja gesehen, dass gerade in die meisten didaktisch ausgerichteten Werken Wörter aus den unterschiedlichsten Fachgebieten aufgenommen wurden.
Einen Einschnitt bedeutet das Erscheinen des Wörterbuchs auch für die ganze Debatte um die Questione della lingua. Die Bedeutung des Akademiewörterbuchs liegt nach Valeria della Valle gerade darin, dass hier die praktische Ausführung des Wörterbuchs mit der dem Wörterbuch zugrundeliegenden Theorie konform geht. Im Unterschied dazu finden sich in den bisher behandelten Wörterbüchern aus dem 16. und den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts Schwankungen in der Methode, verschiedenartige Inkohärenzen, Brüche zwischen den theoretischen Prinzipien und der Ausführung etc. (cf. Della Valle 1993: 46). Auch im Bereich der Orthographie wendet sich das Blatt mit der ersten Ausgabe des Vocabolario degli accademici della Crusca (1612). Ein alphabetisches Wörterbuch ist ja schon an für sich ein leicht zu benutzendes Werkzeug für diejenigen, die Zweifel hinsichtlich des korrekten Schreibens haben. Im Falle der Crusca handelte es sich dazu noch um ein wissenschaftlich gut aufgebautes und lexikalisch reiches Wörterbuch, das zudem eine große Autorität besaß.
Dem Wörterbuch zugrunde lagen die von Salviati in den Avvertimenti sopra la lingua del Decamerone aufgestellten Regeln. Sie werden fast vollständig von den Accademici übernommen und dann über das Wörterbuch verbreitet:
Nell'ortografia abbiam seguitato quasi del tutto quella del sopraddetto Salviati parendoci di presente non ci avere, chi n'abbia piú fontamento discorso.
Die heutige Graphie des Italienischen geht also im Großen und Ganzen auf das 16. Jahrhundert und die damals von Grammatikern, Lexikographen, Druckern und den Literaten insgesamt getroffenen Entscheidungen zurück. Diese Entscheidungen wurden mit dem Erscheinen des Vocabolario degli Accademici della Crusca 1612 kodifiziert und stellten durch die Jahrhunderte hindurch einen stabilen und dauerhaften Bezugspunkt für alle gebildeten Schreibenden und vor allem für die Drucker in allen Teilen Italiens dar. Dank des Vocabolario und seiner Neuauflagen konnte sich zudem der Purismus in Italien auf historisch dauerhafte Art institutionalisieren. Die Einstellung zur unverändert beibehaltenen Konzeption des Wörterbuchs sollte auch in den folgenden Jahrhunderten Prüfstein exklusiver Sprachbewertung und Kristallisationspunkt puristisch-archaisierender Bewegungen bleiben. Zum Abschluß kommt dieser Prozeß erst gegen die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. (cf. Krefeld 1988: 314-315).
Die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts wird vom Streit um dieses Wörterbuch bestimmt (cf. Krefeld 1988). Gegen die Verabsolutierung des Toskanischen durch die exklusive Schule Bembos bzw. der Crusca wie auch durch die Propagandisten der zeitgenössischen fiorentinità in der Nachfolge Machiavellis und dem gleichzeitigen Anspruch auf eine gültige Norm treten vor allem auch nicht toskanische Autoren auf:
- Paolo Beni (1552-1525) Candia: Anticrusca
- Giorgio Ottonelli (1550-1620) Fanano bei Modena
- Alessandro Tassoni (1565-1635) Modena (verläßt die Crusca)
- Scipio Errico (1592-1670) Messina
- Diodato Franzoni (1. Hälfte 17. Jh.) Bologna
Franzoni verfasste ein gegen die Crusca gerichtetes Oracolo della lingua d'Italia (1641). Er beruft sich auf die anerkannten Autoren, die nicht aus der Toskana bzw. aus Florenz stammen:
Concludo adunque, che la miglior lingua d'Italia sia quella, che da diverse città, e diverse Provincie di essa, et anche straniere, riceve il meglio (zit. nach Vitale 1978: 172).
Auch in der Toskana selbst, v.a. in Siena, war das Prestige des Florentinischen nicht unangefochten. Girolamo Gigli (1660-1722) setzte dem puristischen Wörterbuch der Crusca ein umfangreiches satirisches Vocabolario Cateriniano entgegen. Die Heilige Catarina da Siena stammte zwar aus einer wohlhabenden Familie in Siena, d.h. aus der Toskana, und war eine Trecentista (geboren wurde sie 1347), sie gehörte aber nicht zu den kanonisierten Autoren der Crusca (cf. Vitale 1978: 192-195).
Der Grund für diese Opposition gegen das Wörterbuch lag in der Konzeption des Vocabolario begründet, nämlich in seiner Ausrichtung am archaischen Sprachgebrauch des Trecento. Die Orientierung an einem älteren Sprachgebrauch und seine Erhebung zur exemplarischen Norm engte den Raum für die Sprachentwicklung erheblich ein. Die Gegner des Vocabolario betrachteten die Sprache nämlich als gegenwartsbezogen, als eine dynamische Kraft, d.h. sie berücksichtigten auch die Sprachveränderung und -entwicklung. Zudem sahen sie die größte Perfektion der Sprache nicht im Trecento. Mit der Zeit wandten sich auch Akademiemitglieder gegen das Wörterbuch, vor allem als 1623 bei der 2. Auflage, die bei Jacopo Sarzina in Venedig erscheint, an der Grundkonzeption keine wesentlichen Änderungen vorgenommen wurden.
Insgesamt ergibt sich bei dem Streit um das Wörterbuch in etwa die folgende Aufteilung der Parteien:
1. Cruscaner |
a) archaisch orientiert |
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b) modern ausgerichtet |
2. Anticruscaner |
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Dabei dürfen wir aber nicht vergessen, dass es sich bei der Sprache, um die es hier dauernd geht, um das Ausdrucksmittel einer sozialen Oberschicht oder kulturellen Führungsschicht handelt.
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