Klassifizierung der romanischen Sprachen

Anhand von verschiedenen Kriterien wird versucht, die romanischen Sprachen einzuteilen:

1. Dante

In "De vulgari eloquentia" teilt Dante die romanischen Sprachen anhand ihres jeweiligen Ausdrucks für 'ja' in drei Gruppen ein (= eines der ältesten Kriterien):

·         lingua romana di si

·         lingua romana di oil

·         lingua romana di oc

Er nennt die romanische Sprachfamilie "Ydioma tripharium"

L'Europa linguistica secondo Dante

Die von Dante unterschiedenen drei Gruppen setzen jeweils verschiedene Arten der v.a. ab dem Mittelalter vorhandenen Möglichkeiten der affermativen Antwort auf eine Frage fort:

KL: Audasne venire? Audeo

ab dem frühen Mittelalter gibt es aber folgende Möglichkeiten:

·         Venis mecum? Sic (venio) > si

·         Hoc ille fecit? Hoc > oc

·         Hoc ille > oil >oui

In "De vulgari eloquentia" unterscheidet Dante übrigens auch 14 volgari auf italienischem Gebiet

2. Ost- und Westromania

a) Friedrich Diez (1794-1876)

der Begründer der romanischen Philologie als Wissenschaften, hat schon im 19. Jahrhundert die romanischen Sprachen aufgrund geographischer Kriterien in Ost- und Westromania eingeteilt.

b) Walter von Wartburg (1936)

In seinem Beitrag "Die Ausgliederung der romanischen Sprachen", in: Zeitschrift für romanische Philologie, 56, 1-48 stellt Walter von Wartburg die Einteilung in Ost- und Westromania aufgrund der lautlichen Entwicklung, d.h. aufgrund von phonischen Kriterien auf eine neue Basis:

·         Erhalt oder Nichterhalt des auslautenden [s] - damit ist auch die Pluralbildung verbunden

·         Erhalt oder Sonorisierung und weitere Abschwächung der Verschlußlaute [p], [t], [k] in intervokalischer Stellung

Es handelt sich hierbei um eine mittelalterliche Entwicklung, d.h. die Einteilung gibt den Zustand der romanischen Sprachen zu dieser Zeit wieder und entspricht nicht dem heutigen Sprachzustand.

Die Grenze zwischen Ost- und Westromania verläuft nach Wartburg entlang der La Spezia - Rimini (vgl. obige Karte)

Westromania

 

Ostromania

Gallien

 

romanischer Balkan
Alpenländer

 

Mittel- und Süditalien
Oberitalien

 

 

Iberien

 

 

 

Sardien - Sonderstellung

 


3. Gerhard Rohlfs: Verbreitung des romanischen Wortschatzes

 

innere Romania

Randromania

Gallien
Iberien
Italien
Dacien

4. Zentral- oder Italoromania

C. Tagliavini und A. Monteverdi nehmen wie F. Diez eine geographische Einteilung vor, erweitern diese aber um eine Zentral- oder Italoromania

A. Monteverdi (rein geographisch)
innerhalb des 'italoromanzo' werden aber sprach-strukturelle Kriterien angesetzt


C. Tagliavini (geographisch areal)
sprachliche Affinitäten werden aber berücksichtigt (Brücken)

Westromania

Italoromania

Ostromania

Gallien
Italien
settentrionale
centro-meridionale
toscano
sardo
Rätoromanisch bzw.
Ladino
(friulano = östl. der
3 Teile des Rätoromanischen
(Bündnerromanisch,
Zentralladinisch, Friaulisch)
romanischer Balkan
Iberien