Unterscheidet das Gehirn richtige und falsche Erinnerungen?

Axel Mecklinger, Doreen Nessler & Trevor Penney

Max-Planck-Institut für neuropsychologische Forschung
Postfach 500355, D-04303 Leipzig
E-Mail: meckling@cns.mpg.de

Fehlerhafte Erinnerungen und die Bedingungen unter denen sie auftreten, sind seit geraumer Zeit Gegenstand der experimentalpsychologischen Gedächtnisforschung. In Rekognitionsparadigmen lassen sich hohe Anteile falscher Erinnerungen für Ereignisse beobachten, die nie stattgefunden haben, aber mit den gelernten Ereignissen semantisch relatiert sind. Zwar zeigen psychologische Studien, daß sich richtige und falsche Erinnerungen qualitativ nicht unterscheiden, welche Gehirnmechanismen beim Zustandekommen beider Gedächtnisarten beteiligt sind, ist jedoch noch weitgehend ungeklärt.
Mit Hilfe hochkanaliger EEG-Registrierungen untersuchten wir alt/neu Effekte des ereigniskorrelierten Potentials (EKP) beim richtigen und fehlerhaften Erinnern semantisch relatierter Wörter. Die Probanden hörten in der Einprägephase semantisch geordnete Nomen unterschiedlicher Kategorien. In der Testphase wurden gelernte Wörter, zusammen mit nicht gelernten, semantisch relatierten und unrelatierten Wörtern präsentiert. Erwartungsgemäß zeigten sich für richtig erinnerte Wörter an frontalen und parietalen Ableiteorten frühe (400-700 ms) alt/neu Effekte, die in Übereinstimmung mit früheren EKP Studien als Korrelat des bewußten Erinnerns betrachtet werden können. Ferner zeigten sich an rechts frontalen Ableiteorten späte (800-1600 ms) positive alt/neu Effekte, die mit dem Gedächtnisabruf nachgeordneten evaluativen Prozessen (post retrieval monitoring) in Verbindung stehen. Für falsch erinnerte semantisch relatierte Wörter blieben die frühen alt/neu Differenzen aus, späte Effekte traten ähnlich wie für richtig erinnerte alte Wörter in Erscheinung. Richtig als neu klassifizierte semantisch-relatierte Wörter zeigen zudem gegenüber unrelatierten neuen Wörtern tendenziell eine phasische frontale Negativierung bei ca. 500 ms. Diese Ergebnisse sprechen dafür, daß unterschiedliche Gehirnmechanismen beim Zustandekommen richtiger und falscher Erinnerungen beteiligt sind: Es finden sich keine EKP-Hinweise für bewußtes Erinnern falsch wiedererkannter Wörter, während späte evaluative Prozesse für beide Gedächtnisformen auftreten.

Poster in der Gruppe Gedächtnis, Mittwoch, 31. März 1999, 17:00-19:00, Foyer 2. Stock

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