Haben implizite Geschlechterstereotype einen Einfluß auf Berühmtheitsurteile?

Melanie C. Steffens, Silvia Mecklenbräuker, Axel Buchner, Petra Bachem, Claudia Decker, Astrid Kleis, Veronika Lux & Rosi Philippi

FB I-Psychologie, Universität Trier
Universitätsring 15, 54286 Trier
E-Mail: steffens@uni-trier.de

Stereotypisierungsprozesse können implizit erfolgen, ohne daß Personen sich dessen bewußt sind. In einem viel zitierten Artikel berichten Banaji und Greenwald (JPSP, 1995) eine Serie von Experimenten, in denen sich Geschlechterstereotype im Effekt falscher Berühmtheit zeigten: Vertraute (d.h. kürzlich gelesene) Männernamen werden eher für berühmt gehalten als vertraute Frauennamen. In den Experimenten von Banaji und Greenwald waren jedoch insgesamt die verwendeten Namen berühmter Männer den Versuchspersonen besser bekannt als die verwendeten Namen berühmter Frauen. Einerseits könnte daher der von ihnen gefundene Geschlechterunterschied experimentell induziert sein. Dann sollte er sich umkehren lassen, wenn die verwendeten Frauennamen berühmter sind als die Männernamen. Andererseits könnte das Geschlechterstereotyp, nach dem eine Assoziation zwischen “Mann" und “berühmt" besteht, durch die Zusammenstellung der Namenslisten bei Banaji und Greenwald erst aktiviert worden sein. Demnach sollten vertraute Männernamen und Frauennamen gleichermaßen für berühmt gehalten werden, wenn die verwendeten Namen berühmter Männer nicht bekannter sind als die berühmter Frauen.
Diese Hypothesen wurden in insgesamt vier eigenen Experimenten überprüft. Variiert wurde die Berühmtheit der Namen: Die Frauennamen waren deutlich oder wenig berühmter als die Männernamen. In einer konzeptuellen Replikation der Originalexperimente waren die Männernamen wenig berühmter als die Frauennamen.
Es wurde kein Geschlechterunterschied im Berühmtheitsurteil gefunden. Auch in dem Experiment, das maximal an die Bedingungen von Banaji und Greenwald angenähert war, ließ er sich nicht replizieren.
Einen Einfluß von Geschlechterstereotypen auf den Effekt falscher Berühmtheit scheint es somit nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen zu geben.

Referat in der Gruppe Soziale Kognition: Kategorisierung und Gruppenprozesse I, Montag, 29. März 1999, 11:30, HS 18

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