I LOVE YOU PHILLIP MORRIS
12. April 2010 von Frank
Film bewerten: | |
Kinostart: 29. April 2010
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Filme über Homosexuelle haben ja gern was Betroffenes, sie thematisieren die unsicheren Identitäten in Auseinandersetzung mit einer meist feindlich eingestellten Umwelt – groß(artig) zuletzt in Gus van Sants Oscargewinner MILK mit einem brillanten Sean Penn. Doch abseits aller political correctness muss es doch auch „normale“ Schwule geben, die vielleicht sogar Verbrecher sind. Eben einen solchen verkörpert Jim Carrey, nach der unerträglichen Kinderkomödie DER JA-SAGER endlich wieder in einer anspruchsvollen Rolle, die er großartig ausfüllt, ebenso wie in DER MONDMANN oder THE MAJESTIC. Hier ist er Jim Russel, ein biederer, gottesfürchtiger Polizist, Kirchenchororganist und Ehemann. Doch irgendwie läuft es nicht im Bett mit seiner Frau Debbie (Leslie Mann, LAST MAN STANDING), und nach einem Autounfall realisiert Jim auch wieso: er ist schwul. Er trennt sich von Heim und Familie, kauft sich enge weiße Jeans und kotzbunte Hemden, flaniert mit Hündchen und Boyfriend durch Florida – was man eben so macht in den 1980er Jahren, dem Jahrzehnt des schlechten Geschmacks. Aber: „Schwulsein ist richtig teuer“, wie er schnell feststellt und darum zu kleinen aber feinen Tricks und Betrügereien greift um seinen Kontostand auszugleichen. Das geht eine Weile gut, aber dann fliegt er natürlich auf und hinter Gitter. Hier ist Schwulsein auch gefährlich, aber zum Glück lässt sich für Geld, das sich Jim hier beschaffen kann, alles kaufen, auch Ruhe und Sicherheit. In der Bibliothek lernt er den schüchtern-jungenhaften Phillip kennen, den Ewan McGregor (TRAINSPOTTING, MÄNNER DIE AUF ZIEGEN STARREN) wunderbar verletzlich, sanft, aber nicht vertuckt-piepsig mimt. Fortan führen die beide eine große Knast-Romanze, die auch draußen weitergeht, wo Jim aber Gefahr läuft, wegen weiterer Gaunereien gleich wieder in den Bau zu wandern, will er doch seinem Liebsten ein luxuriöses Leben bieten, bringt ihn aber als schwarzkontenführender, hochstapelnder Finanzchef eines Großkonzerns selbst wieder auf die Fahndungsliste. Um immer bei ihm zu sein, zieht Jim schließlich einen finalen, ultramorbiden Coup durch, der ihn für immer vor schwedischen Gardinen bewahren soll. Vielmehr kann und soll nicht verraten werden, ist diese Kreuzung aus Queer- und Betrügerfilm doch nur amüsant und überraschend, wenn die Kniffe nicht bekannt sind. Man bekommt aber keinen CATCH ME IF YOU CAN-Aufguss mit tuntiger Note, sondern eine sehr warme, überzeugend gespielte und witzige Liebeskomödie vor die Nase gesetzt. Dass sich hier zwei Männer finden, ist reine Nebensache und sollte nur Betonköppe stören, aber auch in den USA hatte das Script, das in Zusammenarbeit mit dem echten Phillip Morris entstand, große Finanzierungsschwierigkeiten, bis ein Europäer, Blockbusterproduzent Luc Besson (DAS FÜNFTE ELEMENT) einstieg und die Realisierung ermöglichte – Jim Carrey ist schließlich nicht billig. Auch wenn Dramaturgie und Logik manchmal Pause machen, ist ein rundum beglückender Film entstanden, der – je nach Standpunkt leider – die Diskriminierungsproblematik beinahe verschwinden lässt. Nicht mal Jims streng protestantische Ehefrau stört sich an seinem neuen Leben, ist, was verständlich wäre, nicht mal verletzt oder packt gar die bible-belt gestählte Hasskeule aus – und das in Texas – aber dies ist vielleicht auch aus Rücksicht auf die real existierenden Personen geschehen und/oder es war eben wirklich so. Menschen verlieben sich, in wen, wann und wo sollte Nebensache sein. Das demonstriert uns „I LOVE YOU PHILLIP MORRIS“ auf die schönste Weise, am eindrucksvollsten als sich der „Knast-DJ“, ein leibesfülliger Afro-Amerikaner, lieber von den Wachposten verdreschen lässt, als die von Jim bezahlte Schmusenummer in seinem Ghettoblaster auszustellen, er habe schließlich sein Wort gegeben.
4/5
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2 Reaktionen zu “I LOVE YOU PHILLIP MORRIS”
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Jim Carrey outet sich nach Autounfall als schwul…
Manch einer wird jetzt vielleicht große Augen machen, wenn er noch nichts davon gehört hat. Doch es ist tatsächlich so: Jim Carrey outete sich nach einem Autounfall als schwul.
Na schön, es war nicht Jim Carrey, sondern St…
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