Fokussiertes Interview

Eine Variante des narrativen Interviews ist das fokussierte Interview. Hier bildet ein fester Gesprächsgegenstand oder ein Input den Stimulus für das Interview. Das kann zum Beispiel ein Film sein, den die Befragten kurz zuvor gesehen haben, oder eine Situation, die sie kurz zuvor erlebt haben. Anhand konkreter Fragen am Anfang des Interviews werden die Reaktionen und Interpretationen thematisiert. Diese Fragen beziehen sich jedoch nur auf den ersten Teil des Gesprächs. Sie erleichtern den Einstieg. Anschließend soll sich der oder die Befragte möglichst frei äußern und Assoziationen einfließen lassen, auch wenn der Interviewer oder die Interviewerin diese Aspekte nicht erwartet und eingeplant hat. Die Einstiegsfragen sind demnach nicht gleichzusetzen mit dem leitfadengestützten Interview.

Diese Interviewform eignet sich gut zur Hypothesengenerierung, aber auch zur Hypothesenprüfung, weil die aufgestellten Hypothesen mit der sozialen Welt der Befragten abgeglichen werden. Dafür ist eine offene (non-direktive) Herangehensweise wichtig, um den Befragten die Möglichkeit zu geben, assoziativ zu antworten und Themen zu setzen. Das fokussierte Interview kann auch als eine reduzierte Variante des ethnografischen Interviews verstanden werden. In den Medienwissenschaften und in der Marktforschung findet das fokussierte Interview häufig als Gruppendiskussion Verwendung.

 


Literatur
  • Merton, Robert K. & Kendall, Patricia L. (1979): Das fokussierte Interview. In C. Hopf & E. Weingarten (Hrsg.): Qualitative Sozialforschung. Stuttgart: Klett-Cotta, S. 171–204
  • Lamnek, Siegfried & Krell, Claudia (2016): Qualitative Sozialforschung. Weinheim/Basel: Beltz, S. 349–350
  • Przyborski, Aglaja & Monika Wohlrab-Sahr (2014): Qualitative Sozialforschung: ein Arbeitsbuch. 4. erweiterte Auflage. München: Oldenburg, S.132-142