Morphosyntaktische Merkmale: Frage 1: Inwiefern übergeneriert ein Ansatz mit drei privaten Personenmerkmalen [1], [2] und [3]? (Folie 47, Personenmerkmale und Merkmalstheorie)

Antwort: Man benötigt einen Mechanismus, um die Unterscheidung zwischen inklusiver und exklusiver Person zu modellieren. Mit den bereits drei vorhandenen privaten Merkmalen bietet es sich an, dies durch Kombination von [1] und [2] zu erreichen: Inklusiv := [1,2], Exklusiv := [1]. Dann stellt sich aber die Frage, welche Personenkonzepte durch andere Kombinationen (die ja zunächst einmal ebenfalls erlaubt wären) ausgedrückt werden: [1,3] := ???, [2,3] := ???, [1,2,3] := ???. In diesem Sinne übergeneriert der Ansatz.

Frage 2: Welches Merkmalssystem ist jeweils für Genus, Numerus und Kasus optimal?

Antwort: Für Numerus wird auf den Folien 18-21 das System mit zwei privativen Merkmalen [sg], [pl], die sich für den Dual kombinieren lassen, favorisiert. Genus und Kasus wurden nicht im Detail diskutiert. Bei Genus scheint es nahezuliegen, das Neutrum durch die Kombination von [mask] und [fem] zu modellieren (Sprachen mit nur zwei Genera hätten dann nur ein Merkmal, plus den Default). Beim Kasus gibt es wohl Sprachen, die morphologische Evidenz für die Komposition von manchen Kasus aus anderen liefern. Generell kommt man aber in der Syntax mit privativen Kasusmerkmalen [nom], [gen], [dat], etc. ganz gut aus.

Frage 3: Wann richten sich syntaktische Prozesse (Kongruenz, Bindung, etc.) an syntaktischen und wann an semantischen Merkmalen aus?

Antwort: Mir ist keine Arbeit bekannt, die entsprechende Kriterien angibt, nach denen man vorhersagen könnte, wann eine Operation wie Kongruenz, etc. auf syntaktische bzw. auf semantische Merkmale Bezug nimmt. Vermutlich gibt es keine solchen Kriterien.

Frage 4: Im letzten Semester haben wir gelernt, dass es bei Kasus keine Kongruenz, sondern Konkordanz gibt. Wie möchten Sie das in diesem Modul bezeichnet haben?

Antwort: Möglicherweise ist Kasuskonkordanz ein anderer Prozess als Kongruenz, dann wäre diese terminologische Unterscheidung gerechtfertigt. Für unsere Zwecke müssen wir die Unterscheidung aber nicht machen.

Frage 5: Gibt es einen Unterschied zwischen morpho-syntaktischen und syntaktischen Eigenschaften, oder ist das dasselbe?

Antwort: Morpho-syntaktisch = für Morphologie und Syntax gleichermaßen relevant; syntaktisch = nur für die Syntax relevant. Die Frage wäre also: Gibt es Merkmale, die nur für die Syntax, aber nicht für die Morphologie relevant sind? Möglicherweise ja. Das EPP-Merkmal (das wir noch kennenlernen) wäre ein Kandidat.

Konstituenz, Verkettung, und Projektion: Frage 1: Wir haben gelernt, dass Verkettung nur binär erfolgt und dass Wörter mit komplexen Konstituenten kombiniert werden können. In welcher Reihenfolge würde Verkettung erfolgen, wenn die NP der große Mann generiert werden soll? Verketten sich zunächst Mann und große und später der Artikel mit große Mann? Für mich würde es sich logisch erschließen, dass sich das Attribut erst im zweiten Schritt mit der Mann verkettet, da man ja diese NP auch perfekt ohne das Attribut verwenden kann. Aber das würde bedeuten, dass das Attribut dazwischen eingefügt werden würde.

Antwort: Der Artikel verkettet sich zuletzt. Eine Derivation bei der zuerst Artikel und Nomen miteinander verkettet werden und anschließend das Adjektiv, verletzt die Erweiterungsbedingung (das Prinzip des strikten Zyklus), welche besagt, dass Verkettung nur an der Wurzel des Baumes applizieren kann. Also:

(1) a. [A große ] + [N Mann ] → [N große [N Mann ]]
b. [N große [N Mann ]] + [D der ] → [N der [N große [N Mann ]]]

Phrasenstruktur I: Frage 1: Was genau bedeutet auf Folie 20 im 11. Schritt "burn projiziert auf die Konsitutionente"? Warum ist burn generell nicht mit beiden Selektionsmerkmalen dargestellt, die es für Subjekt und Objekt eigentlich haben müsste? Und wie kann burn mit der ersten NP (letters to Peter) schon eine maximale Projektion ergeben, wenn ja eigentlich noch eine Rolle (Subj) zu vergeben ist (oder ist das hier quasi eine der bar-level Projektionen V')?

Antwort: Ich hätte besser schreiben sollen: "burn projiziert seine Merkmale (insbesondere das Merkmal [V]) auf den Mutterknoten". Es ist richtig, dass burn noch ein zweites Selektionsmerkmal [uN] für das Subjekt hat. Dieses ist hier in "..." versteckt. Daraus folgt auch, dass der Mutterknoten des Baumes im 11. Schritt noch keine VP sein kann (denn es ist ja noch ein [uN] vorhanden). Also handelt es sich um eine Zwischenprojektion V'. Die Notation XP oder X' ist quasi eine Abkürzung für "X hat alle seine Selektionsmerkmale abgeglichen" bwz. "X hat noch nicht alle seine Selektionsmerkmale abgeglichen".

Frage 2: Aufgabenblatt 3: bis unter das Sofa. Hier habe ich leider in der Erklärung im Lösungsblatt noch nicht ganz verstanden, warum bis der Kopf ist. Wenn auch unter direktional interpretiert werden kann, sollte es doch auch eine bis-Komponente (die ja direktional ist) selegieren können, oder?

Antwort: Stimmt. Man kann auch argumentieren, dass ein lokal interpretiertes unter mit einem direktionalen bis inkompatibel ist, weil die Selektionseigenschaften von unter dadurch nicht erfüllt werden. Unter dieser Analyse wäre bis eine intransitive Präposition, die im Spezifikator einer unter-PP sitzt bzw. an die PP adjungiert ist. Insofern ist das Argument nicht wirklich überzeugend.

Frage 3: Aufgabenblatt 4: Bedeutet hier "gebunden" immer c-kommandiert und koreferent? Die Verschiebung von Objektsatz und Verb kann ich mir mithilfe der Finitumvoranstellung und Topikalisierung gut vorstellen, aber wie der syntaktische Baum für die erste von Ihnen beschriebene Option (Bewegung des Subjekts nach rechts) aussehen würde, leider nicht.

Antwort: "Gebunden" bedeutet hier: in der Paraphrase wird das Pronomen als abhängige Variable übersetzt. Eine solche Paraphrase ist nur möglich, wenn das Pronomen vom Quantor c-kommandiert wird. Wir müssen uns noch keine genauen Gedanken darüber machen, wie der Baum exakt aussieht, der durch die Verschiebungen entsteht. Es reicht, wenn man voraussetzt, dass eine Konstituente sich durch Verschiebung mit der Wurzel des Baumes verbindet.

Funktionale Kategorien I: Frage 1: Wenn wir annehmen, dass T keine Infl-Merkmale trägt, wenn ein Modalverb vorhanden ist, dann bleibt auf dem folgenden Verb/Auxiliar ein [uInfl]-Merkmal unvaluiert. Das wäre doch ein Problem für die vollständige Interpretation, oder nicht? Kann man, um dies zu lösen, annehmen, der modale T Kopf trüge gleichzeitig ein Merkmal [Infl:infin], welches das [uInfl:__]-Merkmal des nächst-tieferen Verbs/Auxiliars valuieren kann? Mit beiden Ansätzen sehe ich das Problem, abzuleiten wo die Modalverben ihre Form (will/would, can/could) erhalten.

Antwort: Gutes erstes Problem, und gute Lösung. Wenn ich es richtig verstehe, dann ist Ihr zweites Problem, dass auch Modale bzgl. Tempus unterschieden werden können. (Wenn ich mich recht erinnere, dann wird bei Adger dagegen argumentiert, aber nehmen wir an, dies sei so.) Dies wäre nicht möglich, wenn Modale T-Köpfe ohne Tempusmerkmal sind. Um dies zu lösen, könnte man annehmen, dass auch Modale eine eigene Projektion unterhalb von TP aufmachen: ModP. Die Struktur (bei vorhandenem Modal) ist damit:

(1) [TP Subj [T' T [ModP Modal [AuxP Aux [vP . . .

Modale sind also keine T-Elemente. Das [uInfl:__]-Merkmal auf dem Modal kann dann durch das Tempus-Merkmal auf T valuiert werden (Präsens: may; Präteritum: might), und valuiert seinerseits das [uInfl:__]-Merkmal auf Aux (oder v, falls kein Aux vorhanden) als [uInfl:infin]. Entsprechend bewegt sich das Modal immer nach T. ([uInfl:__] auf Mod ist stark, wenn von T valuiert.) Die Beobachtung, dass Modale und Tempus auf dem Auxiliar/Verb sich gegenseitig ausschließen (*John may eats the apple), folgt dann daraus, dass immer das Modal (falls vorhanden) durch Tempus valuiert werden muss. (Wir kommen darauf zurück, welches Prinzip hier verantwortlich ist.) Die Beobachtung, dass infinitivisches to (ein T-Element) und Modal nicht kompatibel miteinander sind, kann man über Selektion lösen: to kann zwar AuxP oder vP selegieren (und deren [uInfl:__]-Merkmale entsprechend als [uInfl:infin] valuieren), aber keine ModP. (Modale sind immer finit.)

Subjekte und Objekte: Frage 1: Auf Folie 10/11: wie können die Personen- und Numerus-Merkmale des Pronomens die Merkmale auf T valuieren? Ich dachte so etwas ist nur im Rahmen von Schwesternschaft bzw. C-Kommando möglich? Könnte man nicht annehmen, dass das Pronomen diese Merkmal auf dem Verb valuiert?

Antwort: Die Konfiguration für die Operation Abgleich/Valuierung (Foliensatz "Funktionale Kategorien I") besagt, dass zwischen den beiden am Abgleich beteiligten Merkmalen [uF:__] und [F:x] eine C-Kommando-Relation existieren muss. Wer wen c-kommandiert, ist nicht festgelegt. Im Baum (8) auf Folie 10 c-kommandieren die Merkmale auf T die Merkmale auf dem Pronomen. Und ja: Man könnte theoretisch das Pronomen auch die Merkmale auf v valuieren lassen. Wichtig ist für uns zunächst einmal, dass es auch Kongruenzmerkmale auf T geben muss (siehe z.B. do-Support). (Tatsächlich ist Adgers Annahme, dass die Kongruenz-Merkmale auf v durch Valuierung dorthing gelangen, nicht ganz unproblematisch. Denn man fragt sich: Wieso können diese Merkmale dann nicht auch durch das Objekt valuiert werden?)

Frage 2: Auf Folie 22: Wenn wir davon ausgehen, dass v nur den Akkusativ valuiert, wenn ein agentivisches Subjekt vorhanden ist, wie kann dann ein Satz mit einem unakkusativschen Verb als grammatisch abgeleitet werden? Da kein agentivisches Subjekt vorhanden ist, kann Akkusativ nicht valuiert werden. Würde das nicht zu einem ungelöschten uninterpretierbaren Merkmal [uKasus:akk] auf v führen?

Antwort: Die formal korrektere Formulierung findet sich auf Folie 23 (Burzios Generalisierung): Ein v, das kein externes Argument verkettet (also kein [uN] trägt), besitzt kein [uKasus:akk]-Merkmal. Die Antwort ist also, dass v im Kontext eines unakkusativischen Verbs kein Kasus-Merkmal valuieren muss, weil es keines besitzt.

Frage 3: Auf Folie 28: wie kann [uKasus:__] auf dem Objekt als Akkusativ valuiert werden, bevor ein agentivisches Subjekt vorhanden ist? Davor hatten wir ja gesagt, dass die Zuweisung des Akkusativ, vom Vorhandensein eines agentivischen Subjekts abhängt. Heißt das, der Akkusativ wird zuerst an das Objekt zugewiesen und wenn festgestellt wird, dass (bei unakkusativischen Verben) kein agentivisches Subjekt vorhanden ist, wird der Objektkasus vom Kasusmerkmal auf T überschrieben?

Antwort: Alles hängt an der Merkmalsausstattung von v. Wenn v ein [uN] trägt (was zur Verkettung eines externen Arguments/Subjekts führt), dann trägt v auch [uKasus:akk]. Besitzt v kein [uN], dann besitzt v auch kein [uKasus:akk]. Man könnte auch sagen: Es gibt v in (wenigstens) zwei Ausführungen im Lexikon: als v[uN, uKasus:akk, ...] und als v[...].

Verb-Zweit: Frage 1: Warum nehmen wir an, dass im Deutschen auf T kein starkes EPP-Merkmal vorhanden ist?

Antwort: Im Englischen können Sie sehen, dass sich das Subjekt nach SpecT bewegt. Bei unergativischen Verben, weil es links von Auxiliaren auftaucht (1-a,b); bei unakkusativischen Verben kann man die Bewegung sogar am Hauptverb festmachen, weil sich hier ein Thema (Komplement von V) nach SpecT bewegen muss (1-c,d).

(1) a. [TP John_1 has_2 [PerfP __2 [vP __1 worked ]]].
b. *[TP Has_2 [PerfP __2 [vP John_1 worked ]]].
c. [TP John_1 T [vP died __1 ]].
d. *[TP T [vP died John_1 ]].

Für das Deutsche sieht man dagegen nicht ohne weiteres, ob sich das Subjekt nach SpecT bewegt oder nicht, weil V/v und die Auxiliare Kopf-final sind:

(2) a. [CP weil [TP Hans_1 [PerfP [vP __1 gearbeitet ] hat ]]]
b. [CP weil [TP -- [PerfP [vP Hans_1 gearbeitet ] hat ]]]
c. [CP weil [TP Hans_1 [vP __1 starb ]]
d. [CP weil [TP -- [vP Hans_1 starb ]]