Wissenskommunikation und "Denkstile"
DFG-Projekt (01.10.2010 - 30.09.2013):
"Denkstile"
als kommunikative Paradigmen
Am Beispiel der
Wirtschaftsberichterstattung in der DDR vor der "Wende"
(zusammen
mit Herrn Prof. Dr. Prof. h.c. Gerd Antos; Mitarbeiterin: Dr.
Bettina Radeiski)
Die
wahrnehmungsorientierende und wirklichkeitskonstituierende Funktion
von Sprache erfährt als „rethinking linguistic relativity"
gerade neue Aufmerksamkeit. Weitgehend unbeachtet geblieben ist aber
die faktizitätserzeugende Denkstil-Konzeption nach Ludwik Fleck.
Während Stilen weithin nur ein konnotativer und damit
begrifflich-peripherer Charakter zugeschrieben wird, versteht Fleck
„Denkstile" als gruppen- und mentalitätsspezifische "Paradigmen" bei der Erzeugung, Kommunikation und Tradierung
von (beschreibbarem) Wissen - und zwar von und in sog. "Denkkollektiven". Daraus resultiert unsere These: Denkstile
sind kommunikative Paradigmen von Kollektiven und damit eine zentrale
sozio-kognitive Fundierungskategorie für eine identitätssensitive
Konstitution und Kommunikation von Wissen.
Anhand einer Fallstudie
zur Wirtschaftsberichterstattung der ausgehenden DDR (Computer- und
Konsumgüterindustrie) soll kontextsensitiv expliziert werden, wie
der SED-Denkstil Diskurse in der und über die DDR-Wirtschaft als
kommunikatives Paradigma bestimmt hat. Darüber hinaus soll u.a.
erklärt werden, warum Akteure, die in Kollektiven einsozialisiert
sind, selbst zum „Opfer ihrer eigenen Propaganda" werden
können bzw. warum Denkstile auch dann (weiter) wirken können, wenn
sie sich als offenkundig wirklichkeitsdiskrepant herausstellen.
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