Willkürlich oder Unwillkürlich? Eine EKP-Studie zu auditiver und visueller räumlicher Aufmerksamkeit

Andreas Widmann & Erich Schröger

Biologische Psychologie, Institut für Allgemeine Psychologie, Universität Leipzig
Seeburgstr. 14-20, 04103 Leipzig
E-Mail: widmann@rz.uni-leipzig.de

Es existieren widersprüchliche Befunde zu intermodaler unwillkürlicher räumlicher Aufmerksamkeit mit peripheren Hinweisreizen. Spence & Driver (1997) konnten auf Verhaltensebene einen Einfluß auditiver Hinweisreize auf die Verarbeitung visueller Zielreize, d.h. kürzere Reaktionszeiten auf Zielreize, die Hinweisreizen am selben Ort folgten (valide), gegenüber längeren für Hinweis- und Zielreize an verschiedenen Orten (invalide), aber keinen Einfluß visueller Hinweisreize auf die Verarbeitung auditiver Zielreize nachweisen. Widmann, Schröger & Eimer (1998) konnten hingegen in beiden Richtungen sowohl Reaktionszeitvorteile, als auch eine Negativierung des ereigniskorrelierten Gehirnpotentials (Nd) im Zeitfenster 150 bis 300 msec nach Target-Onset für Zielreize mit validen gegenüber invaliden Hinweisreizen finden. Eine Hypothese zur Klärung dieses Widerspruchs war, daß hierbei auch willkürliche Aufmerksamkeit eine Rolle gespielt haben könnte.
Um diese Hypothese zu testen wurden die vorhergehenden Experimente in drei Bedingungen repliziert: In der ersten Bedingung waren 75% der Zielreize ipsilateral zum Hinweisreiz, in der zweiten Bedingung 75% contralateral. In der dritten Bedingung war der Cue uninformativ.
In den EKPs zeigten sich in allen Bedingungen signifikante Nds. Die Reaktionszeitendifferenzen zwischen validen und invaliden Durchgängen zeigen große Effekte in der ersten Bedingung, mittlere Effekte in der dritten Bedingung und Nulleffekte in der zweiten Bedingung.
Die Ergebnisse demonstrieren, daß Prozesse unwillkürlicher Aufmerksamkeit sowohl bei auditiven Hinweis- und visuellen Zielreizen als auch bei visuellen Hinweis- und auditiven Zielreizen eine Rolle spielen müssen: Daß die Reaktionszeiteffekte in allen Modalitätskombinationen zwischen Bedingung 2 und 3 größer werden zeigt, daß zwischen Hinweis- und Zielzeiz willkürliche Orientierung möglich war; wären aber keine unwillkürlichen Prozesse involviert, hätten damit in Bedingung 2 nicht Nulleffekte, sondern positive Reaktionszeiteffekte auftreten müssen. Auch die in Bedingung 2 und 3 gefundenen EKP-Effekte weisen klar auf diesen Zusammenhang hin.

Referat in der Gruppe Räumliche Aufmerksamkeit, Mittwoch, 31. März 1999, 08:30, HS 22

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