Strategische Aufmerksamkeitsallokation vermittelt den Konsistenzanteilseffekt beim affektiven Priming

Jan Mierke, Jochen Musch & Karl Christoph Klauer

Psychologisches Institut, Universität Bonn
Römerstr. 164, 53117 Bonn
E-Mail: Jan.Mierke@uni-bonn.de

Affektives Priming bezeichnet einen systematischen Effekt der affektiven Konnotation eines nicht zu beachtenden Primestimulus auf die nachfolgende oder gleichzeitige Verarbeitung eines Targetstimulus. Häufig wird angenommen, daß die Prozesse, die diesen Einfluß vermitteln, automatisch, schnell und unbedingt ablaufen. Es werden drei Experimente berichtet, bei denen bereits mit einer kurzen SOA von 72ms ein signifikanter Effekt des Anteils gleichvalenter Wortpaare (Konsistenzanteil) auf das Ausmaß des affektiven Primings bei der evaluativen Entscheidungsaufgabe auftritt. Experiment 1 zeigt, daß die Stärke des affektiven Primingeffekts mit dem Anteil valenzkongruenter Wortpaare in der Stimulusliste ansteigt. In Experiment 2 tritt dieser Effekt nach der Bearbeitung von Aufgabenblöcken mit systematisch erhöhtem Konsistenzanteil auch dann noch auf, wenn die Valenzpaarung wieder zufällig erfolgt. Diese Trägheit der Adaption an veränderte situative Bedingungen deutet darauf hin, daß die zugrundeliegenden strategischen Prozesse die Wirkung automatischer Prozesse zwar überlagern können, jedoch voraussetzen, daß bestimmte globale Eigenschaften der Stimuluskonfiguration erfaßt werden. Experiment 3 zeigt ein Ausbleiben des Konsistenzanteilseffekts bei gleichzeitigem Fortbestehen des Primingeffekts unter der Bedingung stark reduzierter Sichtbarkeit der Primewörter. Dieses Ergebnis bestätigt die Vermutung, daß die zugrundeliegenden strategischen Mechanismen die Bewußtheit der beeinflussenden Stimuli voraussetzen. Die Befunde lassen sich mit einer in Abhängigkeit von der globalen Stimuluskonfiguration erfolgenden Aufmerksamkeitsallokation erklären. Identische Ergebnismuster traten auch bei einer parallel gestalteten Geschlechtsentscheidungsaufgabe mit Vornamen auf. Der angenommene Mechanismus scheint demzufolge auch auf nicht affektives Material verallgemeinerbar zu sein.

Referat in der Gruppe Emotion, Dienstag, 30. März 1999, 09:30, HS 22

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